Renault R 4 - Mein treues Gefährt über viele Jahre.



Istrien im Mai 2009. Die Fahrt am 28. jenes Monats steckt mir immer noch in den Knochen. Nervige Autobahnkilometer von Dresden über Chemnitz nach Hof; über die Regensburger Autobahn, die A 93 durch den Bayrischen Wald, wilde Gegend, bajuwarische Tristesse - Pampa eben.das Wetter war überwiegend trocken. Dann folgt ein Stück auf der A 9, der chaotischen Strecke von Berlin über Nürnberg nach München. Anschließend einige Kilometer auf der A 99, dem äußeren Ostring um die bayrische Landeshauptstadt. Vorbei an dem " Arroganzstadion ", auf die A 8 in Richtung Salzburg. Der Grenzübergang ist kaum noch als solcher zu erkennen. Vignettenkauf! Die Pflicht eines jeden Autobahnnutzer in Österreich. Die drakonischen Strafen bei Missachtung sind hinlänglich bekannt. Wenig später geht es auf der A 10 in Richtung Salzburg, dann weiter über den mautpflichtigen Tauern-Tunnel ( 9,50 Euro ) nach Villach in Kärnten, über den Knoten Villach in Richtung italienische Grenze - es lebe die EU! Keine nervigen Kontrollen mehr! In Italien führt der Weg weiter über die benfalls gebührenpflichtige Touristenautobahn Alpen-Adria nach Triest. Zuvor sind 8,40 Euro fällig geworden. Dann in Richtung slowenische Grenze.Bei Muggia an der Adria entlang in Richtung Koper, von dort zum Grenzübergang . Ausweiskontrollen. Kroatien ist noch kein EU-Mitgliedsland. Dann noch wenige Kilometer in Richtung Basanija/Savudrija. Endlich am Ziel - 1085 Kilometer gefahren, mir reichtś!

Der nächste Tag war warm, mediterran eben. Der übernächste genauso. Der Mai ist nicht nur der schönste Monat des Jahres, sondern er bietet eine üppig blühende und wachsende Flora und Fauna.Bei noch angenehmen Temperaturen eine günstige Gelegenheit, um einige Strandspaziergang zu machen.
Gesagt, getan!
Am Wasser entlang, an den noch nicht zu vollen Campingplätzen führt der Weg am äußersten Rand des Ortes von Savudrija nach Sv. Ivan, einem kleinen, verträumten Fischerörtchen an der Spitze Istriens. Auf einer Dorftsraße geht es in Richtung eines winzigen Hafens, der umringt von landestypischen Steinbauten, den Eindruck einer längst vergangenen Zeit werweckt. Hier ist das 3. Jahrtausend mit Sicherheit noch nicht angekommen. Alte Boote, die schon bessere Tage erlebt zu haben scheinen, liegen am ai. Ein kleiner, allerdings neu erbauter, Steinturm hebt sich hervor. Hier wird ein Leuchtfeuer oder besser ein Positionslicht den Fischern in der Nacht ihren Weg zurück nach Hause weisen. Wir gehen den schmalen Gang bis zur Spitze hinauf. Die Metalltür ist selbst verständlich verschlossen. Auch in dem verträumten Örtchen an der äußersten Spitze der Halbinsel gibt es eben genügend Gründe, um derartige Einrichtungen abzusperren.

Das Meer ist ruhig. Am Horizont, dort, wo Wasserfläche und Himmel ineinander übergehen, liegt ein Dunstfeld über dem Meer. Bei klarer Sicht kann ein Besucher die italienischen Alpen erkennen, mit ihren fast 3.000 Meter hohen Massiven. Herrlich! Wir setzen uns auf eine Steinmauer und beginnen über die Vergangenheit zu erzählen. Das Meer verbreitet eine beruhigende Stimmung, wodurch die Zeit fast stehen zu bleiben scheint. Ich berichte aus den 70er Jahren. Aus einer Zeit also, die für mich prägend war.

Nach der bestandenen Kaufmannsgehilfenprüfung an der Kreisberufsschule in Stadthagen/Bückeburg im März 1972 wartete auf mich die Bundeswehr. Ich hatte mich bereits im Herbst 1971 beim Kreiswehrersatzamt in Nienburg als Freiwilliger gemeldet. Ich wollte mich - zwischen all den Kriegsdienstverweigerern in meinem Jahrgang, den politisch ambitionierten Gymnasiasten - für 2 Jahre beim Bund verpflichten. Eine entsprechende Eignungsprüfung fand bereits im Spätherbst 1971 in Hannover-Bothfeld in einer riesigen Kaserne statt. Ich bestand jenen Eignungstest mit Bravour. Nun ging es ab dem 01. 04. 1972 zum Barras. Schon bald mussten meine langen Haare ab. Der Bundesverteidigungsminister war zunächst Helmut Schmidt, ab Herbst 1972 dann Georg Leber.

Eine Führerschein auf Staatskosten blieb mir einst verwehrt, weil ich einen Sehfehler habe, der sich nicht durch Brillengläser regulieren lässt. Grün-Braun-Farbschwäche nannte es sich damals. Nun gut, ich begann ab Herbst 1972 in einer privaten Fahrschule in Munster/Öertze mit der Führerscheinausbildung und bestand die Prüfung im Januar 1973. Im April 1973 erwarb ich einen gebrauchten Renault R 4 mit 26 PS, einer 6 Volt-Lichtanlage und einer weinroten Farbe.
Mein erster " Gartenstuhl ". Mit diesem Vehikel fuhr ich einst zu meiner Bekannten nach Meßmersiel, von wo ich mit der Fähre auf Baltrum übersetzte. Es war bereits Oktober 1974. Das Wetter auf dem Festland zeigte sich von der regnerischen Seite. Als ich nach etwa 10 Tagen von der Insel zurück kam, war der R4, der so ziemlich allein auf dem großen Wiesenparkplatz stand bis zu den Knöcheln voller Wasser gelaufen.Einige Male sprang er nicht an, weil der Anlasser defekt war. Ich nahm einen Schraubenzieher und überbrückte die beiden Pole. Es funkte ordentlich, dann tuckerte der Wagen los. Auch ein Kabelbrand gehörte zu den eher unangenehmen Seiten des Franzosen. Er blieb mir bis zum März 1976 erhalten. Dann raffte ihn ein " Motorschaden " dahin. Ich hatte vergessen, genügend Frostschutzmittel in das Kühlwasser zu geben. Weil es Mitte März noch einige Frosttage gab, fror die Zuleitung zum Kühler ein und der PKW erhielt keine Kühlflüssigkeit mehr; der Motor lief heiß - das warś!

Nach einigen Monaten ohne PKW erwarb ich dann im Juli 1976 einen lindgrünen R4. Dieses Mal mit 34 PS, einer 12 Volt-Anlage, einer heizbaren Heckscheibe und den obligatorischen Liegesitzen sowie der umklappbaren Rückbank. Der grüne " Gartenstuhl " begleitete mich bis Sommer 1979. Dann verursachte ich einen Unfall auf einem Rastplatz an der A 2 und musste mit einem Blechhaufen bis nach Heeßen zurück fahren. Zuvor hatte mich der " Gartenstuhl " zusammen mit einem Studienkollegen bis zum Nordkap gebracht - wenn auch mit einigen Tücken. Ein defekter Stoßdämpfer hinten links waren die Blessuren aus dem Skandinavienabenteuer.

Im August 1979 erwarb ich dann einen gebrauchten, gelben R 4, der im Frühsommer 1982, ebenfalls mit über 80.000 Kilometern Fahrtleistung seinen berühmten Geist aufgab. Er war an vielen Stellen im Unterboden völlig durchgerostet. Im Anschluss daran erwarb ich einen metallic blauen R 4. Er hatte schon einige Ausstattungextras, wie verstellbare Kopfstützen, einen verbesserten Unterbodenschutz. Ich war Rechtspraktikant und erhielt etwas mehr als 1.000 DM monatlich an Bezügen. So konnte ich mir den PKW kaufen sowie auch für den Unterhalt sorgen.
Der blaue R 4 begleitete mich über den Rest der Studienzeit bis zum Dezember 1986. Nach dem Examen gab ich ihn im März/ April 1987 gegen einen Mazda 323 Hatchback mit 86 PS in Zahlung. Eine Rakete, für mich als R 4 - Fan.

Die R 4 - Ära ging nach über 15 Jahren zu Ende. Eine tolle, eine Ereignis reiche Zeit, die ich nie missen möchte.

Der Fahrzeugtyp erhielt dann 1988 wegen der nicht mehr einzuhaltenden Abgasnormen und Umweltauflagen den Gnadenstoß. Der Verkauf in der BRD wurde eingestellt. 1992 lief der letzte R 4 in Kolumbien vom Band. Zuvor wurde während des Balkan-Krieges in Jugoslawien die dortige Fabrik des französischen Herstellers komplett zerstört.

Ein Kult-Auto verschwand vom Markt.
Als ich an jenem Tag an der Hafenseite zwei Exemplare des einstigen Lieblings wieder sah, kam Wehmut in mir hoch Mensch, war das doch eine schöne Zeit damals!

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