Der Anti-Aging-Wahn




Der Anteil des größten deutschen Bundeslandes, des Freistaates Bayern mit seiner Millionen-Metropole München am gesamtdeutschen Kulturgut ist eher überschaubar. Der musikalische Part der Bayern lässt sich auf Wagner reduzieren,filmisch stechen allenfalls die Bavaria Filmstudios hervor und literarisch sind Achternbusch, Ganghofer und Enzensberger durchaus bekannt. Wären da nicht die neuzeitlichen Filmemacher, wie Franz Xaver Kroetz, die Qualität des bayrischen Films könnte als bescheiden bewertete werden.

Dieses Attribut trifft auch für den größten Teil der unter bayrischer Verantwortlichkeit produzierten " Tatort "-Folgen zu. Häufig scheitert das Verständnis eines durchaus interessierten Zuschauers an dem unerträglichen Kauderwelsch, sprich der bayrischen Sprache, die sich durch so manchen Film hindurch zieht. Wenn dann noch die subalternden Kommissare Leitmeier und Batic versuchen witzig zu sein, geht die gesamte Handlung im wahrsten Sinne des Wortes die Isar herunter.

Dieses galt allerdings nicht für die " Tatort "-Folge am 21. 11. 2010 um 20.15 Uhr in der ARD. Nein, das war ein wirklicher Hingucker, dieser Film. Wohl auch deshalb, weil er in einem Umfeld spielte, dass dem Durchschnittsmichel bis zum Lebensende im Verborgenen verbleibt. Die Handlung - es ging, wie immer, um Mord - ist eher simpel. Eine 20 Jahre jüngere Ehefrau eines sich als Werbe-Model versuchenden Endfünfziger wird tot vor ihrer mit Schokolade gefüllten Luxusbadewanne gefunden. Das Bad und die Leiche wird untersucht, doch es finden sich keine auffälligen Spuren. Irgendwann findet das dynamische Duo Batic/Leitmeier heraus, dass die Schöne unter diversen Allergien litt. So auch unter einer Erdnuss-Allergie. Im Zuge der eher zähen Ermittlungen mit wechselnden Verdächtigen und monotonen Dialogen, gelingt es den Münchener Kommissaren den Ehemann als Täter zu überführen. Sein Motiv: Eifersucht! Die Luxus-Frau hatte sich von ihm getrennt, weil sie einen wesentlich jüngeren Liebhaber bevorzugen wollte, nachdem sie in der Folgezeit bereits quer durch viele Betten etc. mit potenteren Kerlen gezogen war.

Das klassische, aber wenig einleuchtende, Motiv war jedoch nur ein Aspekt in dem Bayern-Krimi. Ein viel interessanterer waren die Protagonistinnen rund um die Ermittlungen. Aufgeblasene Nichtstuerinnen, deren Lebensinhalt darin bestand, zu versuchen, die Jugend zu erhalten. Ob mit dem Nervengift Botox,verschiedenen Kosmetika oder diversen Wellness-Anwendungen: die langsam faltig werdenden Körper wurden gequält, geliftet und durch gewalkt, bis der Schweiß aus allen Poren ran. Die Mehrzahl der Damen - Nur-Ehefrau und Konsumentinnen auf aller höchstem Niveau versteht sich - hatte bereits die 40 weit überschritten, versuchte sich aber dennoch auf Krampf in eine 34er Konfektionsgröße einzuwickeln. Neben sinnfreien Gesprächen in einer exemplarisch aufgezeigten Wellness-Farm, ergötzten sich die herunter gehungerten Frauen mit Schwärmereien für gut aussehende Hollywood-Stars, wie George Clooney. Das der allerdings in einer völlig anderen Liga spielt, war für sie indes unerheblich. Es gab zur Befriedigung des durchaus noch vorhandenen Libido auch jüngere Männer mit gut gebautem Körper und einer entsprechenden Potenz.

Weil diese Damen sich bereits vor Urzeiten und in Kenntnis ihrer eigenen Vergänglichkeit ein zumindest finanziell attraktives Wirtstier auserkoren hatten, verbrachten sie eben die zu viele freie Zeit mit Körperpflege. Tatsächlich aber lässt sich die Natur, die biologische Uhr und die ablaufende Zeit des körperlichen Verfalls nicht stoppen. Das war die eigentliche Message des Krimis. Eine weitere Aussage traf der Regisseur und Drehbuchautor mit dem nicht unbedingt überzeichneten Bild des Konsum-Schwachsinns in jedem idiotischen Genre. Da werden Anti-Aging-Pralinen vermarktet, verkauft und verzehrt, da gibt es für den ergrauten Mann das Anti-Aging-Bier und die verwelkede Dame die Anti-Aging-Maske. Denkbar wären auch Anti-Aging-Wurstsorten, Anti-Aging-Nudeln oder Anti-Aging-Mineralwasser gewesen.
Schwachsinn in höchster Potenz, der nur einem dient: den Vollpfosten aus der Münchner Schickeria die Moneten wieder aus der Tasche zu ziehen, die ihnen - völlig zu Unrecht - zuvor auf eines der vielen Konten überwiesen worden waren.

Während der Krimi die gesamte Handlungsandbreite dieser Idiotentruppe gegen das Altwerden süffisant aufzeigte, kam mir der Gedanke, dass es ja auch den " Bio "-Wahn gibt. Ein in gleicher Weise von der Lebensmittel-Mafia initiierte Lügengeschichte über den massenhaften Anbau, die Produktion und Sicherstellung über freiwillige Selbstkontrolle im Lebensmittelsektor.

Alle Anti oder was?

Als dritte Säule des BRD-Konsumterrorismus schlage ich die Anti-Intelligenzkurse vor. Hier werden - finanziell von der Bundesregierung, der " BLÖD "-Zeitung  oder anderer Märchen-Verbreitungsorganen bis hin zu Bertelsmann, RTL - RTL IX oder sonstigen Verdummungsmedien, tatkräftig mittels Millionenbeträgen von der Werbeindustrie, demnächst Menschen ausgebildet, deren einzige Funktion es sein wird, den anderen Mitmenschen noch mehr Dummheit zu vermitteln. Anti-Aging-Intelligence eben!

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Das tolle daran: man sieht umgehend, wer schummelt und wer nicht. Vieles wirkt unnatürlich und damit auch lächerlich.

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