Mörder unter uns?


(c)User:Mattes - WIKIPEDIA

Da heben die Damen und Herren in ihren roten Roben - nicht nur diese sind darin farblich von dem sonstigen Schwarz oder Blau der Richter-Dienstkleidung  zu unterscheiden - dem Merkel-Kabinett einmal mehr die Leviten gelesen. Die heutige Entscheidung zu der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes über die Sicherungsverwahrung war so überraschend indes nicht. Schließlich gab es bereits durch den EGMR in Luxemburg eine Standpauke in Richtung BRD, was die noch geltenden Regeln zu jenem durchaus heiklen Komplex betrifft.

Die Sicherungsverwahrung ist nicht nur unter Juristen umstritten. Eine Hardliner-Fraktion hätte diese im Strafgesetzbuch ( §§ 66,66a,66b StGB ) und im Jugendgerichtsgesetz ( §§ 106, 7 JGG ) verankerte Bestrafungsmöglichkeit gerne auf einen weiter führenden Katalog von Delikten ausgeweitet. Hierfür gab es allerdings kein ausreichenden parlamentarischen Konsens und Rückhalt in der Gesellschaft.

Letztere ist unisono gespalten,was die Umsetzung eines dem Naturelle des Menschen immanenten Sicherheitsgedanken betrifft. Der Majorität folgend, würden Kapitalverbrechen, also Mord, Totschlag, Raub mit Todesfolge, nicht nur mit der Höchststrafe von lebenslanger Haft bestraft werden müssen, sondern mit dem "Wegsperren für immer ".

Jenseits der populistischen Sprüche, wie jenen von dem Ex-Bundeskanzler Schröder zu der Sanktionierung von Kinderschändern ( " Wegsperren für immer " ) oder der Forderung des vormaligen CSU-Abgeordneten Richard Jaeger zu Wiedereinführung der Todesstrafe für Mörder, Bankräuber ( "Kopf ab!" )im Jahre 1960,lassen sich auch in den letzten Jahren einige verblendete Damen und Herren aus rechtsradikalen - und rechts nationalen Kreisen gerne dazu herhalten, mit markigen Sprüchen zu Problemen auf jenem Gebiet der Rechtspflege öffentlich Stellung zu nehmen.

Der Drang des Michels nach einem Höchstmaß an eigener Sicherheit in dem individuellen oder gesamt-gesellschaftlichen Umfeld ist virulent. Er rührt daher, dass die extrem gestiegene Medienpräsenz bei spektakulären Taten, die umfassendere Berichterstattung zu Strafverfahren von überregionaler Bedeutung, aber auch der werktägliche TV-Schwachsinn mittels Gerichtsshows, Kriminal-Soaps und Krimis,zu einer stetigen Verunsicherung führt.

Der ewige Kampf zwischen der Rechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie um die Frage, was ist Recht, was gerecht und was Unrecht,hat sich in der BRD nach einer links-liberalen Reformphase ab Ende der 60er Jahre,nunmehr zu einer andauernden Manie in puncto allgemeiner Sicherheit verlagert. Ständige Veränderungen auf diesem Gebiet haben zu einer permanenten Verschärfung der Gesetze geführt. Die kriminalistischen Arbeits - und Aufklärungsmittel erfuhren im Gleichschritt mit den sich wandelnden Umständen bei der Straftatbegehung eine radikale Wandlung.
Die Ermittlungsmethoden haben sich längst den technischen Änderungen angepasst.

Dennoch ist die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland nach wie vor der Auffassung, dass das Leben in diesem, unserem Lande, nicht sicher genug ist.
Hieraus erwächst die Sehnsucht nach einer radikalen Verfahrensweise bei "Schwerverbrechern", um diese eben für immer aus dem Verkehr zu ziehen.

Als vor etwas mehr als 5 Jahren der Fall des Mario M. in Dresden bundesweite Aufmerksamkeit erhielt, nicht nur, weil er zu 15 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, er eine damals 13jährige über einige Wochen sexuelle missbraucht, gequält und gefangen gehalten hatte, sondern auch, weil M. es gelang kurzzeitig zu fliehen und sich auf dem Dach des Justizgebäudes als entlarvendes Beispiel einer unfähigen Verwaltung zeigend, die Dritte Gewalt partiell zum Gespött der rechten Medien und sonstiger Flachdenker werden ließ, entbrannte in einer Reihe von Internet-Foren ein wahrer Sturmlauf eines rechten Mobs, der ein Erschießen von M. forderte, für ein generelles Wegsperren dieser Art von Straftätern plädierte und erneut den Ruf nach der Todesstrafe für solche Verbrechen laut werden ließ.

Im Zuge dieser bereits in den Jahren zuvor bei ähnlichen Fällen  - vor allem von der "BLÖD"-Zeitung - los getretenen Hetz - und Lügenkampagne wurde dann auch die Legislative in Berlin hyper aktiv und stampfte eben jene Gesetzesnovelle aus dem Boden, dass weitesgehend den tobenden Mob befriedigen sollte.
Das unter Kanzler Schröder eingebrachte Gesetz zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung wurde am 19.Dezember 2009 als mit den Regeln der Menschenrechtskonvention  EMRK nicht in Einklang stehend erkannt; woraufhin die "Tigerenten"-Koalition eilig eine Neuregelung der Vorschriften zur Sicherungsverwahrung ab dem 1. Januar 2011 beschlossen.


Auch hiergegen haben einige Strafgefangene über beauftragte Rechtsanwälte beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einlegt. Mit vollem Erfolg!

Seit heute steht nämlich fest, dass sämtliche Vorschriften zur Regelung der Sicherungsverwahrung in dem obigen Gesetzen verfassungswidrig sind.
Der Legislative ist aufgegeben worden bis Juni 2013 eine Neufassung jener Vorschriften vorzunehmen; bis dahin gelten für so genannte Altfälle entsprechende Übergangsregelungen.

Schon pöbeln Rechte, Dummschwätzer und Ahnungslose im Gleichklang mit der nach Sensationen geifernden Medienmeute gegen eine sofortige Freilassung von Mördern, Kinderschändern und anderen Schwerverbrechern und sehen die öffentliche Sicherheit in Gefahr. Dabei ist eine Gefahrensituation durch die gekippten Gesetze gar nicht erkennbar. Wer auf den Unsinn, den große Teile der Medien hierzu jetzt verbreiten, herein fällt, hat das Prinzip des bundesdeutschen Strafrechts nicht verstanden. Hier spielt der Resozialisierungsgedanke eine tragende Rolle und nicht die voyeuristischen Rachegelüste irgendwelcher Hanseln in den Redaktionen des Boulevard. Allerdings ist dieses den Profitgeiern aus dem Hause Springer völlig egal. Ich garantiere dafür, dass die Ausgabe des Revolverblatts, der "BLÖD"-Zeitung  morgen titeln wird:
" Mörder unter uns!"

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?