Die Anwältin der Armen: Eine RTL-Doku-Soap-Farce zum Brüllen!



Dass der Sommer begonnen hat, dürfte jedem Mitteleuropäer spätestens mit dem 21. Juni 2011 klar geworden sein. Die Tage werden ab diesem Datum bekanntlich wieder kürzer, die Nächte dafür länger. Jahr für Jahr, der identische Rhythmus. Beinahe wie im unechten Film. Allerdings nur in jeden Programmen zu sehen, die dafür garantieren, dass der Einschlaffaktor mindestens ab 20.15 Uhr proportional zu verbleibenden Sendezeit steigt.
Zu jenen Tiefschlafgaranten zählen das Rentner-ZDF, die alte Tante ARD, neumodisch das "Erste" benannt und die öden Sonntags - bis Samstagsabendvariantionen der Privaten.

Eine besondere Spezies aus deren hauseigenen Billigproduktionen mit Ein-Weg-Wegwerf-Garantie sind die Doku-Soaps.Und was es da nicht so alles an Verdummungsformate gibt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Doku-Soap#Deutschland

Der Buntsender RTL hat nun eine alte Masche auf die späteren Sendezeiten verlegt, die bereits vor Jahren ein unerträglich inflationäres Ausmaß an Sinnlosigkeit verkörperte: Zuschauer und Recht.
Vormals waren es Gerichtsshows, von denen nur noch "Richterin Barbara Salesch" und ihre männliche Pendant " Richter Alexander Hold " übrigen geblieben sind. Die feuer-rot getönte "Mutti"-Frisur der in Echtleben einst beim Hamburger Landgericht Dienstzeit absitzenden Frau Salesch leuchtet wochentags den Pseudo-Deliquenten im gut aufgeräumten Sitzungssaal des Konkurrenten SAT1 heim, ehe ihr Mitstreiter, der Porsche fahrende Richter Hold im Business-Schritt sich bewegend folgt. Folge auf Folge nebst vormittäglicher Wiederholung, soll dem Vielglotzer das Innenleben der Dritten Gewalt in diesem, unserem Lande näher gebracht werden.

Dabei zeigt sich Justitia nicht einmal auf dem rechten Auge blind, sonder hell wach, so, es die Buchstaben des Gesetzes eigentlich vorsehen; die Realität allerdings in den wenigsten Fällen umsetzt.
Der eherne Grundsatz der rechtsprechenden Gewalt wird deshalb mit

Da mihi factum, dabo tibi ius 
( Gib mir den Tatbestand, geb ich dir das Recht. )

umschrieben.

Davon sind viele Bundesbürger jedoch nicht überzeugt. Ein - nicht immer grundloses - Misstrauen steht zum Verhältnis Mensch und Justiz im Vordergrund. Es wird von Justizskandalen und Fehlurteilen gesprochen, geschrieben und berichtet. Nicht von ungefähr bleiben dann jene Vorurteile im Raum, die sich nur schwerlich ausräumen lassen.Von dieser Warte aus muss denn auch das Programmangebot der Privaten gesehen werden, wenn diese ihre Gerichtsshows über die TV-Bühne ziehen. Dabei wird allerdings sehr viel Fantasie verwandt, um das Format am Laufen zu halten.
Was oft als Kriminalfall ausstaffiert wurde, entpuppt sich alsbald - innerhalb der Verhandlung - als großer Irrtum. Mord, Totschlag und andere Verbrechen werden innerhalb einer Nettospielzeit von 45 Minuten vollkommen aufgeklärt. Immerhin: Eine sensationelle Quote, wenn der Kenner der Materie dagegen die Wirklichkeit stellt.

Zu einem anderen Desinformationsgenre gehören eben die so genannten " Reality-Soaps ". Ein US - amerikanisches Produkt der TV-Welt, die bestimmt wird von Brüll-Werbeunterbrechungen und sinnfreien Inhalten, deren Hauptzielrichtung das Kredenzen von Protagonist/Innen mit wohl proportioniertem Äußeren im taffen Outfit mit einer Schminckeschicht ummantelt, ist.

Eine Mutation dieses Verarschungsformats steht seit 2009 in dem RTL-Abendprogramm zur Belustigung des kritischen Betrachters zum Abschuss frei: " Helene Fürst - " Die Anwältin der Armen ", so nennt sich der TV-Quatsch., der gestern Abend nach dem " Nachbarschaftsstreit " gegafft werden konnte.
Schon allein die Rahmenbedingungen waren zum Erbrechen.
Fürst, die vermeintlich Anwältin, unterhält ein piekfeines Büro mit Glasfront und Stadtrundblick.

http://grilleau.blog.de/2009/11/30/warnung-rtl-serie-helena-fuerst-anwaeltin-armen-7487471/

So, wie es in den austauschbaren Krimi-Serien auch gezeigt wird. Rechtsanwältinnen sind eben dort erfolgreich, nebenbei gut aussehend und dazu auch hoch intelligent. Diesen drei Attitüden muss den wohl auch RTL aufgesessen sein, als der Sender jene Sozial-Soap ins Leben rief.
Fürst gehörte noch vor einigen Jahren zu den Kohorten der Sozialschnüffler. Jener unbeliebten Garde, die - meist unangemeldet - in den Behausungen der HARTZ IV - Empfänger herum rennen, um dort Indizien zu finden, die auf "Beschiß" hindeuten könnten. Dagegen muss natürlich mit aller Härte des Gesetzes vorgegangen werden. Fürst war einst eine Art " Judge Dredd " - Fahnderin, Richterin sowie Vollstreckerin in einer Person. Ein Supergirl eben!

Da kam RTL, offerierte ihr ein lukrativeres Angebot als es der TVL 11 - Posten war und brachte sie sogar mit einer eigenen Sendung groß heraus. Fürst lebt seitdem fürstlich von der Gage und blähte sich nunmehr für die Armen in diesem, unserem Lande auf. Ihre Klientel vegetiert derweil von den Almosen des Staates und sieht ansonsten völlig perspektivlos in die Zukunft. Ob nun Ost - West - Süd - Nord - Angehängte, Madame Fürst sucht sie alle auf. Fährt mit dem RTL- Mietwagen in die Stadt, in die Provinz oder in die abgelegene Pampa. Die Fälle sind öde und schon x-mal gesehen. Ungelernte junge Menschen im Doppelpack oder auch solo, mit einem Nachkömmling oder mit mehreren Kindern oder- besonders Tränendrüsen drückend - frisch arbeitslos geworden, können ihre Ansprüch beim Amt, der ARGE nicht durch setzen. Sie fühlen sich verarscht, verschaukelt und verraten von diesem Staat, von dieser eiskalten Gesellschaft.

Dann naht die Rettung in persona von Frau Fürst. Zunächst werden die Fakten eruiert, dann die Lösungen geschildert und schließlich ordentlich Dampf auf dem Amt gemacht. Letzeres notfalls auch ohne Drehgenehmigung. Dabei hält sich RTL allerdings noch gerade an die Spielregeln und lässt die Kamera, das Mikrophon sowie die Crew draußen vor der Eingangstür, sofern ein genervter Amtsleiter es befiehlt. In dem Raum selbst geht es weniger hoch her. Die Sachbearbeiter(in) werden zwar häufig als inkompetente, unsozial denkende sowie am Gängelband der Amtsleitung hängende Trottel dargestellt, ganz so ist es in der Realität dann doch nicht. Oft ist Fürst's Sozialklientel zwar richtig informiert worden, es hat dann doch die falschen Rückschlüsse daraus gezogen. Das danach die Ämter ihr Spar - und Sanktionsregister ziehen muss, ergibt sich aus dem Gesetz.

Auch wenn Fürst mit ihrem blinden Aktionismus or der Kamera keinen Erfolg verbuchen kann, so wird eine Kehrtwende in dem Fall unter dem Gesichtspunkt der Sozialpsychologie versucht. Die Hartzer haben ja ein Vorleben, aus dem sich trefflich sendewirksame Sozialkitsch heraus filtern lässt. Ob nun die Schmalz triefende Geschichte von einer 16jährigen Mutter aus dem Drogenmilieu, aus dem Heim oder aus einem sozial verwahrlosten Elternhaus, diese Stories sind alle Male gut genug, um bei Fürst in ihrer Sozial-Doku-Soap so richtig breit gewalzt zu werden. Tiefenpsychologisch geschult nimmt sich Helferin Fürst eben jene Randgruppenexponentin vor, führt mit ihr ein längeres Gespräch und lässt sie dabei so richtig abkotzen.
Heissa, Frau Fürst, dass macht Spass, wenn die Tränen in wahren Bächen fliessen.

Bei allem Respekt, RTL- Verantwortliche, dass ist nicht nur niveaulos, dass muss unter Rubrik " Billig-Kitsch aus der Helferhelfers-Kiste" eingeordnet werden. Statt nach den wirklichen Gründen für die zunehmende Verarmung in einem der reichsten Länder der Erde zu suchen, nämlich den Auswüchsen des neoliberalen Raubtier-Kapitalismus mit Hungerlöhnen,Verschlechterung in den sozialen Besitzständen und Abbau von Sozialleistungen, spinnt RTL in dieser Sendung einen " BLÖD"-Zeitungsquatsch mit "Bunte"-Informationsfacetten und Voyeuristentum a'la "Super Illu " zusammen.
 Warum es eben jene Einkommensunterschiede gibt, diese von Jahr zu Jahr immer größer werden und Sozialbetrug härter sanktioniert wird als Delikte aus der Wirtschaftskriminalität, erfährt bei der blöd-bunt Sendung von RTL kein einziger Zuschauer. Das Motto lautet nämlich hier: " Fürst zeigt den nicht Hartzern wie Hartzer im Fernseh leben. Sauber, von der sozialen Hängematte abgefedert und ohne wahre Not. "
Dazu auch noch mit einem Anspruch auf Hilfe von einer Anwältin, die überhaupt keine ist - zum Brüllen!

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