Mittelalterliche Minne mit modernen Methoden.



                                                                                    (c)Sigismund von Dobschütz - WIKIPEDIA


Die drei Hauptabschnitte im Leben eines Menschen lassen sich in etwa so skizzieren:

- Kindheit und Jugend

- Heranwachsen und Erwachsensein

- Alter und Tod

In dem ersten Segment finden sich auch eine Phase wieder, die sich Pubertät nennt. Eine schwierige Zeit für den sich im Alter ab 12 bis 14 Jahren befindlichen Jugendlichen. Weder Fisch noch Fleisch, weder Mädchen noch Frau, weder Kind noch Erwachsener. Dass dabei auch das Interesse an dem anderen Geschlecht geweckt wird, kommt noch verschärfend hinzu. In dieser Zeit kann es dann häufiger vorkommen, dass so mancher Pubertierende ein über sämtliche Normen hinweg gehendes Verhalten an den Tag legt. Wenn die Hormone Rock ´n ´Roll tanzen, bleibt oft kein Auge trocken. Zu wahren Kapriolen lassen sich aber auch die heranwachsenen Mädchen hinreißen. Da wird herum gezickt, was das Zeug hergibt. Es wird opponiert, bis die Schwarte kracht.

Zu den weiteren Besonderheiten in dieser von Hormonen und Testestoron geprägten Zeit zählt zweifelsohne die erste Liebe, der erste Liebeskummer und eben auch die so genannte Liebeskrankheit. Gäbe es sie allesamt nicht, würde dem Heranwachsenen mit Sicherheit ein Stück der eigenen Identität fehlen und die Erfahrungen auf diesem Gebiet wären später eben nicht vorhanden. Dennoch gilt auch hier: " Jugend schützt nicht vor Torheit und Alter nicht vor Dummheit. " Das gilt auch uneingeschränkt für das Liebesleben.

" Der Topos der `Liebeskrankheit' mit ihren klassischen Symptomen des Erbleichens und Errötens, Zitterns, der Sprachlähmung und dem Bluten aus Mund und Nase ist im ganzen lateinischen Schriftum des Mittelalters verbreitet; er findet sich in poetischen, medizinischen, theologischen und philosophischen Texten. Im vorliegenden Aufsatz wird untersucht, in welcher Weise die volkssprachige höfische Dichtung das literarische Muster von Liebe als Krankheit für ihre Konzeption der höfischen `minne' aufgreift. Schließlich wird eine Antwort auf die Frage skizziert, weshalb der Liebe (bzw. der minne) im 12./13. Jahrhundert die Gestalt des Pathologischen verliehen wird. "

- Zitatende - aus: http://www.springerlink.com/content/t757368530125g72/

Tja, und was vor einigen hundert Jahren bereits Usus war, das übersteigerte Werben des Mannes um das Weib, dass dann als " Minne " im weitestens Sinne angesehen wurde und sich teilweise in schaurig - schönem Gesang, den so genannten " Minnesang " widerspiegelte, hat auch im 3. Jahrtausend weiterhin seine Existenzberechtigung.

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http://de.wikipedia.org/wiki/Minne

Was vormals durch Leier, Laute oder Keltischer Harfe der Angebeteten lauthals vorgesungen wurde, erledigt der heutige Liebestolle über facebook, iphone oder smartphone. Da wird gecirct, gesülzt und gesponnen, wie nichts Gutes. Und wen es dann im Liebesrausch so richtig erwischt hat, der leidet oft unter Schlafstörungen, Trübung des Bewusstseins oder Appetitlosigkeit. Wenn die Auserkorene jedoch die wilde Balzerei nicht zur Kenntnis nimmt und alles Liebeswerben für die Katz ist, hilft nur noch der Suff. Dahin führt es denn auch so manchen jungen Troubadour. Schmerzhaft sind die Einschnitte im Gefühlsleben schon; vor allem dann, wenn es mit dem Ersten Mal so gar nicht klappt. Selbstzweifel werden den jungen Casanova schon plagen, weil die anderen Mitkonkurrenten längst mit ihren angeblichen Erfahrungen im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht kokettieren. Doch alles Betteln, Beten und Lügen, Aufschneiden,Ignorieren und Männchenmachen hilft nichts, wenn die Auserwählte die Kalte Schulter zeigt.

Mit zunehmenden Frust kommen auch die Selbstzweifel. Ist man / frau für diese auf Jugendwahn, makellosem Körperbau und Konsum aufgebauten Welt doch nicht gut genug?
Dann hilft nur noch eins: In das eigene Zimmer einschließen und das Kopfkissen über das Haupt legen und dabei Trübsal blasen. Das kann so lange andauern, bis die Erwachsenenwelt mit dem ihren gnadenlosen Ellenbogenmentalität an die Zimmertür klopft. dann heißt es Aufwachen aus dem Wunschtraum und die Liebeskrankheit schnellstens auskurieren, sonst droht HARTZ IV und der Absturz ins gesellschaftliche Nichts. Der Paarungmarkt wird dadurch noch kleiner und so mancher Gescheiterte bleibt für viele Jahre ganz alleine. Dann kann der moderne Minnesang endgültig beendet werden.



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