Drohnen drohen Dresdens Demonstranten.

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Was war das einst für eine Aufregung. Nach dem 19. Februar 2011 in Dresden. Wegen einiger geistig verwirrter Neofaschisten drohte an jenem Tag der Ausnahmezustand. Nicht, weil es während der Demonstration gegen den Aufmarsch der selbst ernannten Retter des deutschen Volkes zu Ausschreitungen kam, sondern wohl eher, weil die aufmarschierende Polizei die Gegendemonstranten mit allen nur erdenklichen Mitteln der Überwachungskunst in die Ecke von potentiellen Straftätern stellte.
Da wurden im Umfeld der Demonstration von der sächsischen Polizei über eine Million Handyverkehrsdaten, 320.000 Rufnummern und die Bestandsdaten gespeichert, nämlich Name, Adresse und Geburtstag von 55.000 Demonstranten und von Personen, die sich zufällig in der Nähe des Geschehens aufgehalten haben. Diese Datenspeicherung auf Vorrat diente dann dazu, um jene Straftaten aufzuklären, die im Verlaufe der Demonstration registriert worden waren.

Zum Einsatz kam am 19. Februar 2011 auch ein technisches Wunder, dass im Polizei-Sprachgebrauch " Sensocopter " heisst und allgemein als Drohne bekannt ist. Dieses Aufklärungsgerät ist in mehreren Bundesländer zum Einsatz gekommen. Der Einsatz der Sensocopter ist rechtlich fragwürdig. Auch in Sachsen sollen sie ohne rechtliche Grundlage bei Demonstrationen und auch bei Fußballspielen eingesetzt worden sein. Der sich ausweitende Einsatz ruft die Datenschützer auf den Plan. Sie kritisieren die umfassende Videoüberwachung. Völlig zu recht, denn bereits 2009 hatte das Bundesverfassungsgericht  in einem Beschluss ausgeführt, dass die Anfertigung von Übersichtaufnahmen nach heutigem Stand der Technik für den Aufgezeichneten immer ein Grundrechtseingriff bedeutet. Denn auch bei Übersichtsaufnahmen könnten Einzelpersonen individualisierbar erfasst werden. Aufnahmen von Einzelpersonen sind grundsätzlich ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, der nur unter ganz bestimmten rechtlichen Bedingungen erlaubt ist. Diese umfassenden Überwachungsmassnahmen mittels Sensocopter, mobiler Aufzeichnungstechniken oder fest installierter Kameras ist demnach verfassungswidrig.

Wen schert´s? Nur den Betroffenen, der sich später mit den für ihn nachteiligen Auswirkungen jener Überwachungsmassnahmen auseinandersetzen muss. So, wie die Jurastudentin B. aus Leipzig, die an jenem 19. Februar 2011 an der Demonstration in der Nähe des Dresdner Hauptbahnhofs teilnahm.  Sie schildert ihre Eindrücke bei der Demonstration als bedrohlich:

"Ich hab mich natürlich total bedroht gefühlt, von vorne die Polizisten mit den Helmen und der ganzen Montur, von der Seite die Polizisten von oben auch noch die Drohne, von vorne auch noch die Handkameras der Polizisten, die uns auch gefilmt haben. Dann hab ich im Nachhinein erfahren, dass auch noch mein Handy registriert wurde und das hat mich natürlich auch total geschockt, weil ich hab mich in der Situation eher wie ein Verbrecher gefühlt oder vielleicht sogar eher, wie der Nazi dann sich eigentlich fühlen sollte."

- Zitatende - aus:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dlfmagazin/1897903/
Da wird das Demonstrationsrecht ausgehöhlt, weil jeder Bürger, der an einer genehmigten Versammlung teil nimmt auch gleichzeitig mit jenen Überwachungsmassnahmen rechnen muss, deren rechtliche Grundlage nicht erkennbar ist.

Nach den Angaben des sächsischen Innenministerium wird die Drohne zur Einsatzführung unter anderem bei Veranstaltungen genutzt. Sie soll dokumentieren, überwachen und bei der Aufklärung helfen. Umstritten ist der Einsatz der Drohne vor allem dann, wenn Menschenmengen ins Visier geraten.
Das sächsische Innenministerium beruft sich beim Einsatz von Videoüberwachungsgeräten ganz allgemein auf die Vorschriften der Strafprozessordnung, des sächsischen Polizeigesetzes, des sächsischen Datenschutzgesetzes und des Versammlungsgesetzes.
Für diese sogenannten "Übersichtsaufnahmen" bei Demonstrationen fehlt in Sachsen allerdings die nötige rechtliche Grundlage, da es heute durch die Zoomtechnik auch bei diesen Aufnahmen möglich ist, Personen einzeln zu erkennen.
Für die möglichen Anfertigung dieser Einzelaufnahmen gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage, denn eine präventive Demonstartionsüberwachung durch die eingesetzte Aufnahmetechnik verstößt gegen das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung. So zeigt sich das CDU / FDP regierte Bundesland erneut als Vorreiter im systematischen Abbau von Rechten des Einzelnen gegen den Orwell´schen Überwachungsstaat.
Denn eine Drohne wurde bisher - außer in Sachsen - nur bei Demonstrationen in Niedersachsen eingesetzt. In anderen Bundesländern, wie beispielsweise in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin, die ebenfalls über Sensocopter verfügen, schließen den Einsatz bei Menschenansammlungen, wie Demonstrationen und Fußballspielen kategorisch aus.

Die Frage stellt sich aber auch dort: " Wie lange noch? "


Kommentare

til_o. hat gesagt…
Wenn bei der nächsten Demo einer eine Nebelkerze nach der nächsten zündet, bin ich das. Oder fällt das unter das Vermummungsverbot? Letztens war meine Tochter auf einer Anti-Acta Demo. Um ihren Unwillen besonderen Ausdruck zu verleihen, erwägte sie, um es anderen gleich zu tun, sich so eine Anonymus-Maske aufzusetzen. Nach Rücksprache mit der Polizei nahm sie aber davon Abstand. Sie hätte, um einer Knüppelattacke und der Strafanzeige zu entgehen, ihre Personalien bei der Einsatzleitung hinterlegen müssen. Klingt wie ein Witz, ist aber wahr.
Mal sehen, wie lange es noch dauert, bis jeder, der von seinen Grundrechten Gebrauch macht, erkennungsdienstlich behandelt wird.

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