Das Landratsamt Zwickau und das seltsame Rechtsverständnis der Landrats Dr. Scheurer.


Das bundesdeutsche Rechtssystem hat ja nun mal - bekannter Maßen - seine Lücken, Untiefen und Tücken. Da kann so mancher Unkundige, juristische Laie oder Billig - und Gerechtdenkende, sich an die platte Stirn fassen und fragen: " Wo ist hier die Gerechtigkeit? "

Was muss sich nicht alles ein Durchschnittsbürger von den drei Säulen des demokratischen Staates gefallen lassen, wenn er in deren Verwaltungsmühlen gerät? Viel! Oft zu viel! Meistens mehr als zu viel!

Die Erfahrung mit den Behörden, die häufig ihre eigenen Vorschriften nicht kennen ( oder warum ist jeder dritte Renten - und jeder zweite Steuerbescheid sachlich unrichtig ? ) sowie deren - mehr als arrogant - auftretenden Mitarbeitern, dürften Regalwände an Büchern füllen. Häufig sind es jedoch Romane, Sci-Fi - Geschichten und Märchen aus Tausend und einer Nacht, die den Stoff, aus dem die Albträume sind, hergeben.




Einen solchen Albtraum erlebte eine Mitbürgerin im sächsischen Städtchen Kirchberg, die dort eine kleine Buchhandlung betreibt. Die Geschäftsinhaberin Evelyn N. erhielt im Juli 2012 - wohl kurz vor den Sommerferien - von dem Schulleiter des Kirchberger Gymnasiums den schriftlichen Auftrag, ca. 5.000 Arbeitshefte für die dortigen Schüler und Schülerinnen bei den Fachverlagen zu ordern. Zunächst sah es so aus, als sein dieses ein reiner, ja so gar üblicher Routineauftrag, denn Evelyn N. beliefert seit Jahren jenes örtliche Gymnasium mit Materialien.
Was sie nicht ahnte und auch nicht unbedingt wissen konnte, war, dass sich die Rechtslage hinsichtlich der Bezahlung dieses Arbeitshefte mittlerweile entscheidend geändert hat.

Waren es zuvor die Eltern bzw. die Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler, die für die Kosten der Hefte aufzukommen hatten, so galt diese Regelung für das neue Schuljahr nicht mehr. So ließen die Schulen über die jeweiligen Klassenlehrer die Geldbeträge für die Arbeitsmaterialien einsammeln. Hiernach wurde die von Frau N. in Rechnung gestellten Hefte bezahlt.
Dieses Prozedere ist seit dem Grundsatzurteil ( 2 A 520 /11 ) vom 14.04. 2012  Oberverwaltungsgerichts Bautzen nun obsolet geworden, denn ab 2012 - so das OVG - ist im Freistaat Sachsen - zumindest partiell - von der in dem Sächsischen Schulgesetz auf Grundlage des Artikel 102 Absatz 4 Satz 1 der Sächsischen Verfassung von einer Lernmittelfreiheit auszugehen.

Das Sächsische OVG führt hierzu in dem o.a. Urteil aus:

§ 38 SchulG knüpft an den in Art. 102 Abs. 4 Satz 1 SächsVerf festgelegten Grundsatz
an, dass Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft
unentgeltlich sind. Die Bestimmung vermittelt ein subjektiv-öffentliches Recht, das
heißt einen Rechtsanspruch des einzelnen Schülers gegen den Staat, das ist gemäß §
21  Abs. 1, § 22 SchulG der Schulträger, auf die kostenfreie Bereitstellung von
Unterricht und Lernmitteln (vgl. Baumann-Hasske, in: Baumann-Hasske/Kunzmann,
Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 3. Aufl., Art. 102 Rn. 12). Daraus folgt, dass
der Schulträger gegenüber den Eltern oder Schülern die ihm für die Anschaffung und
Überlassung von Lernmitteln entstehende Kosten nicht geltend machen kann.
Zu den Lernmitteln gehören nach dem Wortlaut des §  38 Abs. 2 Satz 1 SchulG in
erster Linie die notwendigen Schulbücher. Was Schulbücher in diesem Sinne sind,
ergibt sich aus § 38 Abs. 2 SchulG allerdings nicht; von der der Staatsregierung in §
38 Abs. 2 Satz 2 SchulG eingeräumten Ermächtigung,  die Einzelheiten durch eine
Rechtsverordnung zu regeln, hat diese keinen Gebrauch gemacht.
Der Begriff des Schulbuchs wird jedoch in § 2 der auf Grundlage von § 60 Abs. 1
SchulG, wonach das Staatsministerium für Kultus die im Freistaat Sachsen
verwendeten Lehr- und Lernmittel von einer Zulassung abhängig machen und das
Zulassungsverfahren regeln kann, ergangenen Verordnung über die Zulassung von
Schulbüchern (Schulbuchzulassungsverordnung - SchulbuchzulassungsVO) vom 7.Oktober 1997 (SächsGVBl. S. 595) definiert: Schulbücher sind danach Druckwerke
für die Hand des Schülers, die dazu dienen, den Lehrplan eines Faches
schulartbezogen in Zielen und Inhalten zu erfüllen; Schulbücher müssen in der Regel gebunden sein (Abs. 1). Den Schulbüchern gleichgestellt sind folgende Druckwerke:
Atlanten; Arbeitshefte für die Hand des Schülers, die Schulbücher begleiten, ergänzen
oder ersetzen; Ganzschriften und für den Schulgebrauch aufbereitete
Textsammlungen; Wörterbücher, fremdsprachliche Grammatiken und Nachlagewerke
sowie Aufgaben-, Gesetzes-, Formularsammlungen und Tafelwerke.

So weit, so gut! Während die betroffenen Städte, Kommunen und Landkreise nun noch darüber grübeln, wie sie die damit verbundenen Mehrkosten stemmen sollen, kam der Landrat des Landkreises Zwickau auf eine eigene, sehr eigenwillige, jedoch rechtswidrige Lösung.
Er ließ die von Frau N. inzwischen gefertigte und an die Schule versandte Rechnung über 35.500 € etwa zwei Monate ( ! ) nach Erhalt mit der Begründung zurück senden, der Landkreis habe für das gelieferte Material lediglich Kosten in Höhe von 16.500 € eingeplant und dieser Betrag sei zur Begleichung der erhaltenen Rechnung an Frau N. zu überweisen.
Mit dem Differenzbetrag von 19.000 € könne Frau N. nicht rechnen.

Es kam dann, wie es in derartigen Fällen kommen musste, die Lieferanten mahnten Frau N. und beharrten - völlig zu Recht - auf das Begleichen der Forderungen. Inzwischen argumentierte das Landratsamt nun damit, dass die Schulleitung des örtlichen Gymnasiums gar nicht befugt gewesen sei, die verbindliche Bestellung bei Frau N. aufzugeben.

Die verzweifelte Kleinunternehmerin wandte sich an die Redaktion des MDR - Verbrauchermagazins " Escher ", die sich des Falls nun annahm. In der Sendung vom 14. Februar 2013 berichtete nun der Journalist Peter Escher über dieses Stück aus dem Tollhaus. Nur durch das Drängen des MDR - Fernsehens lenkte der Landrat bzw. das Landratsamt des LK Zwickau endlich ein.

Und während diese - nahezu unglaubliche Geschichte - über den TV - Schirm flimmerte, stellte sich bei mir die Frage, ob der verantwortliche Landrat, der da heißt:





LandratDr. Christoph Scheurer
Telefon0375 4402-21001
Fax0375 4402-21009
E-Maillandrat (at) landkreis-zwickau.de
Internethttp://www.landkreis-zwickau.de




das seit mehr als zwei Jahrzehnten von Niebüll bis Rosenheim, von Jüchen bis Prenzlau und von Stralsund bis Koblenz mehr oder weniger funktionierende Rechtssystem immer noch nicht in seiner mathematischen Gleichung zum Verhältnis Staat zum Bürger eingebaut hat. Was hier von dem werten Dr.Christoph Scheurer unter dem Deckmantel schwarzer  CDU - Kommunalpolitik gehalten werden sollte,  war klar: Die sächsischen Kommunen sind pleite, der Landkreis Zwickau dürfte auch klamm sein und der Freistaat Sachsen springt auch nicht ein, also wird die Forderung einfach auf den Lieferanten abgewälzt. Soll der bzw. die sich doch mit der Rechtssache auseinander setzen. 
Das hat Frau N. denn auch. Sie holte sich Rechtsrat und erhob gegen den zahlungsresistenten Landkreis in persona von Dr. Scheurer Klage. Als dann noch das Fernsehen eingeschaltet wurde, bekam der werte Herr Scheurer doch arge Bedenken, ob denn sein Verhalten, das kapitalistische Fressen und Gefressen werden - Prinzip in dem Fall von Frau N. voll umfänglich anzuwenden, um selbst Moneten zu sparen, mit seinen ansonsten hoch gehaltenen katholischen Glaubensdogmen in Einklang zu bringen ist. Er ging auf Druck des Team von Peter Escher, nach einer  kurzen Andacht in sich, erhielt wohl auch den guten und richtigen Rat seines Rechtsamtes, den Zaster zu zahlen und gab - Feigling, geh´weg, lass´mich hinter´n Baum - über seine Mitarbeiterin im weihevollen Ton bekannt, dass der LK Zwickau nun doch die Rechnung begleiche ( wohl auch die erheblichen Kosten der Rechtsverfolgung, Zinsen etc. ), wenn Frau N. bereit sei, den Anspruch an den LK Zwickau abzutreten.
Na, also, geht doch, Scheurer. 
Wie heißt es so schön bei uns Lateinern?

Cogito, ergo sum
Joh, aber dat Denken nicht den Pferden überlassen, nur weil die größe Köpfe haben als wir!

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