Moscow von " Wonderland " - (k)ein verbotenes Lied in der DDR?



Als die Beat - Welle ihren populistischen Höhepunkt erreichte, als in England, vor allem in London, die Musik - und Modeszene beinahe jeden Tag eine Novität kredenzte und dafür natürlich jede Menge Protagonisten benötigte, da entschwand aus dem westdeutschen Beat - Musik - Umfeld, ein gewisser Achim Reichel. Seines Zeichens noch Sänger, Gitarrist und Mitbegründer der Hamburger Band " The Rattles ", die neben Gruppen, wie den " Lords " aus Berlin oder den " Petards " aus Schrecksbach ( Schwalmstadt ) bei Kassel und vielleicht noch den " Rainbows ", ebenfalls aus West - Berlin, zunächst zarte Versuche unternahmen, auch in der BRD ein derartiges Genre aufzubauen.

Doch Berlin, Hamburg oder Kassel waren nicht London und Westdeutschland längst noch reif für musikalische Experimente. Das Spießertum, genährt durch die NS - Zeit und in anderer Weise fort geführt über die klerikal - restaurative Adenauer - Ära, lehnte die " Totten - Totten - Musik " schlichtweg ab.
Unterstützt wurde die kleinbürgerliche Einstellung zudem noch von dem Medien - Zaren und strengen Anti - Kommunisten Axel Cäsar Springer, der mit seinen Hetz - und Lügenpostillen auf alles, was längere Haare, andere Bekleidung trug  sowie einen abwegigen Lebensstil zelebrierte, mit brachialer Macht eindrosch.

Als Achim Reichel dann 1967 zur Bundeswehr eingezogen wurde, um dort seinen Kriegsdienst anzutreten und abzuleisten, war es mit der Musik und den " Rattles " zunächst vorbei. Die Band suchte sich einen personellen Ersatz, um weiter auf der Beatwelle mit schwimmen zu dürfen.

Achim Reichel stand Anfang 1968, also unmittelbar nach dem Ende des Dienstes, vor der Frage, in welche Richtung er nun musikalisch weiter gehen soll. Aus diesem Umstand heraus gründete er mit:




https://de.wikipedia.org/wiki/Wonderland_(Band)


die Formation " Wonderland ". Professionelle Unterstützung und Beratung erhielt das Quintett von keinem Geringeren, als den Band - Leader und Komponisten James Last, der sie dann wohl auch an eine der namhaften Plattenfirmen, nämlich " Polydor " vermittelte.

Achim Reichel und seine Mitstreiter legten ordentlich los und warfen noch im selben Jahr die Single " Moscow " heraus, deren B - Seite " Poochy " hieß und - erstaunlicher Weise - ein großer Erfolg wurde.

Wenn das bassig - brummige " Rommmmm!" auf den Feten, in den Diskotheken und sonstwie erklang, rannten viele Beat - Fans zum " Abhotten " auf die Flächen.
" Moscow", der Feten - Knaller!



http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.gerds-musicpage.de/bilder-gerdhp/wonderland_moscowsinglecovorginal.jpg&imgrefurl=http://www.gerds-musicpage.de/juwelen/wonderland.html&h=291&w=300&tbnid=mPsKrj4r3TFwTM:&tbnh=90&tbnw=93&docid=NCHU530VKa21fM&usg=__8mbhD3Nplgs3LIslrF0MAOtEQpE=&sa=X&ved=0ahUKEwis_7bSp-HMAhWCMBoKHdoJDTkQ9QEIIDAA

Just zu dieser Zeit, hatte ich meinen ersten Plattenhobel von meinem sauer verdienten Geld erworben. Ein " Quelle Universum " - Gerät mit integriertem 2 x 7,5 Watt - Sinus Stereo - Verstärker und zwei Nußbaum - Boxen, die mittels Befestungshaken auf das Chassis aufgelegt werden konnten. Mein ganzer Stolz, eben. Zudem gehörte aber auch meine - eher noch bescheidende - Single - Sammlung. Diese ergänzte ich dann - je nach Bedarf und Anlass - um diverse Leihgaben aus dem großen Freundeskreis, der - selbstverständlich - zum überwiegenden Teil auch meine Musikrichtung unterstützte.

Eines Tages, es muss wohl so in der ersten Augustwoche gewesen sein, sah ich denn eher zufällig in Bückeburg auf die Auslagen des Musikfachgeschäfts " Pelzig " in der " Lange Straße 1 " und schaute schon bald auf die in das große Schaufenster eingeklebte " Hitparade ", wo unter den 20 und mehr Platzierten, sich auch der " Wonderland " - Titel " Moscow " befand. Einige Tage später, die Ferien waren noch in vollem Gange, brachte mir ein Freund aus der Nachbarschaft die Single zum Anhören mit.

" Rommmmm "! So dröhnte es in unserem Zimmer  als die 45er Vinylscheibe von mir aufgelegt wurde. Dann folgte die verzerrte Orgel und das Schlagzeug setzte ein. Klasse, war mein Kommentar. Wenige Tage später zwackte ich 4,25 DM von meinem spärlichen Taschengeld ab und erwarb bei " Pelzig " die Scheibe. Einige Zeit danach legte ich " Moscow " auf den Plattenhobel, den ich zusammen mit anderen Freunden und Schulkollegen in das Jugendheim des CVJM Bad Eilsen transportiert hatte. " Rommmmm"! und schon war die Tanzfläche an jenem Spätsommertag knacke - voll.

Später dann, als wir in dem elterlichen Haus uns einen " Beat - Keller " einrichten durften, stand der Single - Kasten, in dem sich nun auch eine weitere " Wonderland " - Scheibe, nämlich " Boomerang " befand, immer noch unter der Anlage. Dann und wann gelangten die " Wonderland " auch wieder auf einen der Plattenteller. Und diese, obwohl die Band nur drei Jahre später wieder aufgelöst wurde, nachdem Achim Reichel das Interesse an ihr verloren hatte und der exzellente Musiker Les Humphries seine eigene Pop - Gruppe gegründet hatte, mit der er, und zwar über viele Jahre,  einen großen Erfolg hatte, denn seine Single stürmten die Charts und die Vinyl - Scheiben verkauften sich glänzend.

Die weiteren Mitglieder der Band gingen ebenfalls ihre eigenen Wege:

- Reinhard " Dickie " Tarrach stieg bei der Hamburger Band " Randie Pie " ein, etablierte sich danach als Studio - Musiker und reaktivierte " The Rattles " 1988 wieder, wo er 20 Jahre zuvor ausgestiegen war. Er ist noch in dem Musikbereich aktiv.


https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Tarrach


-  Frank Dostal begleitet Achim Reichel einige Jahre bei gemeinsamen Projekten, ehe er sich dann als Texter und Produzent einen Namen machte. Frank Dostal lebt heute noch in seiner Heimatstadt Flensburg und ist mit der ehemaligen Bassistin der englischen Gruppe " The Liverbirds " verheiratet.


https://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Dostal


- Helmuth Franke kam in den Folgejahren bei dem damaligen " Wonderland " - Produzenten James Last als Gitarrist in dessen Orchester unter.



http://www.rocktimes.de/gesamt/w/wonderland/best_of.html


Über Achim Reichel´s Werdegang muss nichts erklärt werden.


Als ich auf der Suche nach Informationen zu der ehemaligen Hamburger Band auch einige Hinweise erhielt, wonach das Stück " Moscow " in der DDR verboten gewesen sein sollte, recherchierte ich ein wenig intensiver. Und, tatsächlich, das Lied der " Wonderland " war in einer deutsch - sprachigen Fassung von den Zensoren des SED - Regimes verboten worden, denn einige Schlaumeier hatte zu dem englisch Text, eine deutsch - sprachige Persiflage in den Umlauf gebracht.



" der song an sich war nicht verboten, nur die deutsche version, die bei den panzertruppen der nva kursierte: zehntausend panzer stehn vor moskau,moskau und der kreml brennt.....usw. das konnte man natürlich nicht dulden, gesungen wurde es trotzdem. "

- Zitatende - aus:  http://www.gutefrage.net/frage/warum-war-der-song-moscow-moscow-von-wonderland-in-der-ddr-damals-verboten



Nun, ja, dieser Erklärungsansatz könnte realistisch sein. So mancher Ex - DDler versuchte sich mit anderem Mumpitz als Begründung für jenes - wohl eher fiktive - Verbot.

Fakt ist aber, dass es eine Quotierung von deutsch- sprachigen, also DDR - Produktionen zu ausländischen Liedern bei deren öffentlichen Abspielen von 60:40 gab, die auch überwacht und kontrolliert wurde.


Der verfilmte Roman von Thomas Brussig " Am Ende der Sonnenallee " gibt dieses und jene Zeit wieder:


 https://de.wikipedia.org/wiki/Am_k%C3%BCrzeren_Ende_der_Sonnenallee

Das sollte sich die Schwachköpfe der AfD und ihre dümmliche Anhängerschaft einmal zur Pflichtlektüre machen, ehe solche Forderungen nach einer vermehrten Aufführung von " deutscher " Musik wieder populär werden.

In diesem Sinne: " Moscow " von ´68 und " The Wonderland ":




Und dann noch ´68! Da werden den Flachpfeifen aus dem AfD - Umfeld und anderen national - deutsch Denkenden die Fußnägel hoch klappen.

Roooooooommmmmmmmmmmm!

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