HARTZ, aber herzlich oder HARTZ: Hart, härter, am härtesten?



Der Ableger des ab Mitte der 1980er Jahre auf Empfang gegangenen Privatsenders RTL (plus ), mit dem sinnigen Namen RTL, versucht sich ab 1993 auf dem heiß umkämpften bundesdeutschen Fernsehmarkt bei dem Erreichen einer ordentlichen, weil Umsatz - und Werbeeinnahmen bringenden Zuschauerakzeptanz, die im Fachchinesisch auch Quote bezeichnet wird.
Das gelingt seit Jahren immer öfter nicht.

Nun hat sich das bunte Krawallo - Kind eigentlich von seiner Mutti, dem Flaggschiff aus Köln, nie richtig abnabeln können. Dieses zeigt sich nicht nur in elenden Wiederholungen irgendwelcher Serien, die vor Jahren schon in Mamis guter Stube abgekupfert aus den USA, dem Glotzer gehörig auf die Nerven gingen, sondern vor allem durch hirnrissige Doko - oder Realitysoaps, wie " Berlin Tag & Nacht ", die " Geissens " und " Köln 50667 ". Hier präsentieren Unterschichtsmodelle nicht immer die neuste, aber dafür Mode, die Methodik, ohne Maloche den 24 - Stunden - Tag herum zu bekommen oder auch intellektuelle Tiefflüge vor der laufenden Kamera so in einen Werbeblock zu verpacken, dass selbst das letzte, zurück geblieben RTL II - Eichhörnchen nicht vom Ast kippt und das Blödsinnsprogramm wegzappt, sondern die Chipstüte weiter aufreißt. 
Zu dem Versuch, auch sozialkritische Elemente in den Tuschkasten der grellen Programmfarben einzupflegen, zählte gestern der als " aufwendig produzierte " Nonsens " Hartz, aber herzlich ", der an diesem Tag zu Gast in Duisburg war. Genauer gesagt, die RTLer kramten in einem Areal herum, dass vor Jahrzehnten noch zu Duisburgs Vorzeige - Stadtteilen zählte. Die Eisenbahnsiedlung beherbergt noch zirka 1.300 Bewohner. Davon ist die Mehrzahl nicht oder nicht mehr erwerbstätig. Demnach zehren viele Menschen von staatlichen Zuwendungen, als Sozialtransfers. Exakter formuliert: Es sind HARTZER.
Die Einkommen liegen somit weit unterhalb der statistischen Einkommensgrenze. Dieses wird sodann in den gezeigten Fällen überaus deutlich. Wer sich vor der RTL II - Kamera und dem abgestellten Team in dieser pseudo - sozialkritischen Dokumentation tummelt, zählt zu den Abgehängten in diesem, unserem, Lande.

Was allerdings nicht bedeutet, dass diese Ruhrpöttler nicht auch einen bestimmten Charme versprühen. Ob nun alt oder junge, dick oder übergewichtig, mit oder ohne Berufs - und Schulabschluss, sie alle zeichnen einen Querschnitt dieses Problemviertels. Einst glänzte es dort, denn die ehemaligen Eisenbahnler verdienten in den Fabriken und auf den Zechen sehr gut. Das ist indes sehr lange her. Was geblieben sein dürfte, nennt sich Vergangenheit und daraus eine permanente Verklärung der rosarot gezeichneten alten Zeiten.

Nun muss der Alltag ohne großen Inhalt bewältigt werden. Das fällt nur allzu oft schwer, denn ohne Geld, hat dieses Leben seine sehr engen Grenzen. Duisburg, Eisenbahnsiedlung im Jahr 2017: das ist Leben am Rande der Stadt, am Rande der Gesellschaft und am Rande eines menschenwürdigen Daseins - für immer?

Wenn RTL II sich einer solchen Thematik annimmt, dann nicht ohne eine feste Absicht. Diese nennt sich auch mit den Armen Geld verdienen. Über die Ursachen erfährt der Zuschauer selbstverständlich nichts oder nicht viel. Schließlich ist der Sender selbst ein funktionierendes Rädchen im perfiden kapitalistischen System, dass sich zwar Soziale Marktwirtschaft schimpft, jedoch längst zum Spielball der Globalisierung geworden ist. RTL II ist kein Fürsprecher der HARTZER. Ganz im Gegenteil: Er profitiert von ihnen.
HARTZ IV ist kein Almosen des Staates, sondern ein notwendiges Übel, dass in die Welt gesetzt wurde, um den immanenten Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit zu verkleistern.

Das Leben mit HARTZ IV - Leistungen ist hart, noch härter sind die damit verbundenen Ausgrenzungen und die Vernichtung des Selbstwertgefühls, am aller Härtesten ist jedoch die Verlogenheit der Politik, die dieses entwürdigende Dahinvegetieren von Menschen in unserem Staat nicht durch die Gewährung eines ausreichenden Grundeinkommens unterbindet.


" Rare Earth " - Live 1974 und " Thoughts ":









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