Friedhofsgeschichten



Wenn im November eines jeden Jahres die drei bzw. fünf Trauertage anstehen, herrscht auf vielen Friedhöfen in der Stadt rege Betriebsamkeit. Dann werden auch diejenigen Christen munter, die ihr qua abendländischer Erziehung eingepflanztes schlechtes Gewissen dadurch erleichtern möchten, dass sie den Verblichenen kurz ein industriell gefertigtes Standard - Gesteck auf das Grab legen.

Doch diese Geschäftigkeit herrscht nicht überall und auch nicht immer das übrige Jahr über. Da bleibt doch so manche Grabstätte sich selbst oder einem Pflegebetrieb überlassen, der oft nur normierte Bepflanzungen aufbringt. Nun, ja, es muss nicht jeder ein Interesse für die Verstorbenen zeigen. Deshalb bringt die sächsische Landehauptstadt nicht nur eine Informationsbroschüre zu den städtischen und kommunalen Friedhöfen heraus, sondern startet zudem auch noch einen Fotowettbewerb.


https://www.dresden.de/de/stadtraum/umwelt/gruenes-dresden/fotowettbewerb-fuer-den-dresdner-friedhofswegweiser.php

Dazu informiert diese über die insgesamt 58 Kirch - und Friedhöfe in der Landeshauptstadt.

http://www.dresden.de/de/stadtraum/umwelt/gruenes-dresden/Friedhoefe.php

Das Geschäft mit dem Tod ist - trotz der ausländischen Billig - Konkurrenz und anderen Bestattungsmöglichkeiten nach wie vor sehr lukrativ.

Da hatte ich gestern Vormittag während einer Geburtstagsfeier mit Brunch in der Feldschlößchengaststätte doch zufällig eines dieser städtischen Druckwerke in den Händen und wunderte mich doch ein wenig, wie dort die Friedhöfe dargestellt wurden. Das nicht alles Gold ist, was dort heraus geputzt und optisch aufgepeppt glänzte, dürfte jedem Besucher eines dieser Friedhöfe klar werden. Doch unsere Landeshauptstadt lässt es sich etwas kosten, diese Anlagen in ein helles Licht zu bringen. Immerhin, gibt es in diesem, unserem, Lande wesentlich herunter gekommenere Anlagen.

Während des Durchblätterns erinnerte ich mich an einige Erlebnisse auf den Friedhöfen.

Als wir noch Schulkinder waren, trieb es uns immer in eine Kleingartenanlage. Sie lag visavis zu dem damals noch eher kleinen, überschaubaren evangelischen Friedhof von Bad Eilsen. Unmittelbar nach der Schule schlichen wir uns über einen befstigten Weg dort, direkt an der Kapelle vorbei, auf das Schrebergartengelände. Dort bauten einige Nachbar, die einen nur kleinen oder gar keinen Garten besaßen, Obst, Gemüse und Blumen an. Während des Sommers war die seitliche Tür einer dieser Holzhütten nicht abgeschlossen. Wir stiegen von dort über ein ebenfalls offenes Fenster in die Laube ein und stöberten herum. Dabei waren wir allerdings unvorsichtig. Beim Betrachten der Dinge, die dort herum lagen, legten wir diese nicht mehr auf ihren angestammten Platz. Die Pächter bemerkten dieses, passten uns beim nächsten Mal vor der Gartenlaube ab und hielten uns fest. Anschließend gingen sie mit allen Kindern zu deren Eltern und behaupteten, wir hätten dort randaliert und sie bestohlen. Was so nur zum Teil der Wahrheit entsprach.

Von den Erwachsenen wurden wir deshalb ausgemeckert. Das war´s aber auch schon. Dennoch bekamen wir einen richtigen Schreck, als das Pächter - Paar uns am Kragen hatte. Wir betraten das am Friedhof liegende Grundstück nie wieder. Einige Jahre später mussten die Holzhütten abgerissen werden. Der Pachtvertrag mit den Nachbarn lief aus und die Gemeinde kaufte die Flächen, um den Friedhof zu erweitern.

Den betrat ich Jahre danach erst wieder, als ich von den abendlichen Sportveranstaltungen des TSV Bad Eilsen auf meinem Heimweg dort einen Zwischenstopp einlegte, um vor einem Busch oder einer der riesigen Koniferen meine Sporttasche abstellte und dort eine kurze Pinkelpause einzulegen.

Es dauerte dann einige Jahrzehnte, ehe ich diesen Friedhof wieder betrat, um mit einem Nachbarn das Grab der Großeltern zu beräumen, denn eine Fachfirma aus Minden verlangte für diese Arbeiten satte 2.000 Euro, die meine Eltern nicht zahlen wollten. So zerschlug ich mit einem Vorschlaghammer den riesigen Grabstein, entfernte die Randeinfriedung und harkte anschließend die Grabstelle plan. Danach fuhr ich die Steinbrocken in einem Anhänger zu der in der Nähe liegenden Deponie. Hier war eine Abkippgebühr von 10 Euro fällig; 40 Euro bekam der Helfer und 1.950 verbuchten meine Eltern als Ersparnis. Das nennt sich dann Hauswirtschaften.

Einige Jahre später erhielt ich einen nahezu identischen Auftrag. Auf dem Neuen Annenfriedhof war die Grabstätte der Großmutter meiner besseren Hälfte abzuräumen. Die technischen Voraussetzungen waren mir ja inzwischen bekannt. Dieses Mal waren die Kosten noch geringer, denn ich lud die zertrümmerten Grabstein nebst der Randsteine in eine Schubkarre und bugsierte die Brocken zu dem Auto, um mit diesem die Fuhre zum dem Haus anzutreten, wo ich die Steine zunächst im Vorgarten zwischenlagerte, ehe sie in eine Absetzmulde geworfen wurden.

Nun, über Friedhöfe könnte ich noch andere Geschichten erzählen. Von den vielen Beerdigungen zum Beispiel, an denen ich bereits teilgenommen habe. Darüber könnte ich sogar ein Buch schreiben, dass in etwa so dick werden würde, wie die Informationsbroschüre über die Dresdner Friedhöfe, die ich an jenem Sonntag, den 26. November 2017, den Totensonntag, in den Händen hielt.

Leider vergaß ich, mir auch eines dieser Gratis - Druckwerke mitzunehmen. Naja, es muss auch nicht sein. Denn: Ich halte es da eher mit " Uns Udo ", der in einem Filmbeitrag anlässlich seines 70. Geburtstags es so formulierte:
" Kam der Sensemann vorbei. Sage ich: " Ey, Alter, verpiss dich! Komme in 10 Jahren mal wieder. Ich muss noch singen!"


" The Spaceious Mind " - " Drop City Ghost Rustle " - 2014:






Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Da ist was dran: Dresden hat gepflegte Friedhöfe, die auch von den Anlagen an sich was hermachen. Gesunde Artenvielfalt. Es gibt in der Republik tatsächlich unansehnliche Gottesäcker, als wir sie hier haben.
Unterm Strich isses aber so, dass je kirchlicher desto schöner der Friedhof. Bin gerade von einer Tour auf dem Kölner Melatenfriedhof wieder rein - so katholisch - so prächtig.
Und natürlich kostet die Erhaltung Geld, jedoch sollte dieses auch ausgeben werden, denn nebst der Küche eines Landes erzählen vor allem die Friedhöfe viel über die Kultur der Menschen, die da leben. Oder eben gestorben sind. ;o)

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