Mief


Beim Einkaufen kann der Kunde nicht nur seinen Wagen füllen, nein, er hat sogar die Möglichkeit, die dort anwesenden Mitstreiter eingehend zu betrachten oder vielleicht zu beobachten. Wer dieses - so wie ich - eher dezent und nur gelegentlich, so am Rande des eigentlichen Aufenthalts in einem Supermarkts versucht, könnte durchaus in der Lage sein, hierüber ein Buch zu veröffentlichen.

So mancher Einkauf kann jedoch zur Tortur werden. Dann nämlich, wenn der Kunde zusammen mit Hunderten, ja Tausenden, eine Fußgängerpassage betritt, ein Geschäft aufsuchen möchte, dass aber bereits brechend voll ist oder vergeblich nach einem Artikel sucht, den er partout nicht findet, weil es ihn in dem Geschäft nicht gibt und zudem weit und breit kein Mitarbeiter zu sehen ist.

Unangenehm kann auch ein Einkauf werden, wenn der Kunde auf Seinesgleichen trifft, jedoch bereits deren Aussehen einen gravierenden Unterschied erkennen lässt.

Also: Da stand ich doch heute Vormittag vor der Backwarenauslage, neudeutsch auch " Backshop " gekennzeichnet, und füllte jeweils eine dieser handelsüblichen Papiertüten mit Brötchen und Berlinern. Irgendwie dauerte dieses einem jüngeren Mitkämpfer wohl zu lange, denn der griffelte über meinen leicht geduckten Körper in die nächst höhere Etage und zog zwei Roggenbrötchen - natürlich ohne die Metallzange zu benutzen - aus dem Fach. Dieses Ferkel, dachte ich so und füllte weiter meine Tüte.

Sekunden danach blieb mir beinahe die Luft weg. Ich nahm plötzlich einen Geruch wahr, der eine undefinierbare Mixture aus Schweiß, Käse - Maucken, Urin und altem Bratfett zu sein schien. Ein ekeliger Mief, der mir die Kehle zu schnürte. Da ich beide Hände belegt hatte, konnte ich mir nicht die Nase zu halten. Ungehindert strömte der, fast einen Brechreiz hervor rufende Geruch in meine beiden Nasenflügel. Das arbeitende Gehirn produzierte Signale, die auf Abwehr und / oder Flucht hindeuteten. Nein, ich konnte den Gestank nicht sofort abwehren, denn der Kerl, von dem dieser kam, sah in seinen abgetragenen Klamotten und mit seinem rötlichen Gesicht, das ein Drei - Tage - Bart begrenzte, eben auch so aus, wie er roch: Herunter gekommen, eben. Ich stand noch vor den Backwaren, die Tüte nur halb gefüllt, aber der Stinker, der Mief, er kam auf mich zu.

Ich steppte mit dem Einkaufswagen zwei Schritte seitwärts und ließ den Kerl an mir vorbei. Er wollte eine " Doppelschrippe " holen und rupfte diese mit seinen Griffeln aus dem Fach heraus. Erst danach bückte er sich und schnappte sich eine Papiertüte, in der er das Doppel - Brötchen hinein bugsierte.
Dann verschwand er rechts in Richtung Kassenzone. Doch der ekelige Gestank blieb bei dem " Backshop " stehen.

Ich hielt es nicht mehr aus und schob den Einkaufswagen an ein anderes Regal heran.
Von dort ging ich ein paar Schritte zur Eingangstür, die mehre Male aufgeschoben wurde, so dass Frischluft herein wehte.

Nach der kurzen Erfrischungspause ging ich mit meiner besseren Hälfte weiter in Richtung der Kühlregal. Nebenbei erzählte ich ihr von dem miefenden Kunden. Erstaunt sah sie mich an und erklärte, sie habe nichts gerochen, denn ihre Nase sei wegen einer leichten Erkältung, inzwischen verstopft. Die Glückliche!

Ich hingegen hatte immer noch diesen penetranten, den ekligen Gestank, den Mief von diesem Knilch in der Nase. Mir kam es so vor, als sei dieser in dem gesamten Verkaufsraum des Supermarkts verteilt worden. An der Kasse stehend, stellte ich mir vor, was die armen, zudem unter bezahlten Mitarbeiterinnen am Tag, während ihrer Arbeitszeit, so alles an Gerüchen ertragen müssen. Oder die Schwestern und der Arzt beispielsweise, die sich mit ungepflegten, ungewaschenen Patienten abgegeben dürfen. Auch unsere oft gescholtene Polizei, wenn diese zu einem Einsatz gerufen werden und ihnen der Wohlstandsmüll und dessen Mief von den Verdammten dieser Erde entgegen kommt.

Mir reichte es für den Freitag. Genug geschnuppert! Darauf eben ein frisch gebrühter Pott Kaffee aus der " Jura ". Die riecht aber auch - nach Kaffee. Hmmmmmmmmmmmh!

Herbert Vollmeyer aus Bamberg und seine " Doofen " - Adaption von " Mief ":





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