Datenschutz



Vor einigen Tagen wütete, blies und windete, das Orkantief " Friederike " auch vor unserer Haustür herum. Es schichtete das alte Laub vom vergangenen Herbst vor dem Garagentor auf, brachte kleine Zweige von der Kiefer im Vorgarten ab und warf auf der Terrasse die Lampe, einige Blumentöpfe sowie  die Rankhilfe um. Es waren eigentlich nur Kollateralschäden, die wir verzeichneten. Bei dem vor uns liegenden Nachbarn fegte der Starkwind das Plastegewächshaus auseinander. Die Leichtbauweise hielt dem Druck nicht mehr stand und drohte dann, sich selbst wieder zu zerlegen. Andere Häuser und Grundstücke in unserer Stadt, im Freistaat Sachsen und in anderen Bundesländern traf es noch heftiger. Da zerstörte die wilde " Friederike " ganze Dächer, knickte große Bäume um und kippte LKWs auf die Seite.

Davor blieben unsere Nachbarn und wir dann doch verschont. Aber: Es gab so manche unliebsame Überraschung, denn der nicht mehr im Betrieb befindliche TV - Spiegel hatte sich weiter in Richtung Osten gedreht. Dorthin, wo die fremdländischen Satelliten eigenartige Programm abstrahlen, die für bundesdeutsche Durchschnitts - Glotzer eher sehr gewöhnungsbedürftig sein dürften und wegen der miserablen Bildqualität und dem Endlos - Kauderwelsch auf die Augen und Ohren gehen könnten.

In diesen Ländern halten es die Regierenden mit dem Datenschutz auch nicht so genau. Dieser dürfte dort eher als Farce zu bezeichnen sein. Wer hier beispielsweise in die Mühlen von Polizei und Justiz gerät, darf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor den Toren der Polizei abgeben. Was bei uns - zumindest auf dem Papier - als Grundrecht einklagbar ist, wird in anderen Staaten als lästige Fliege an der Wand einfach abgewehrt.

Allerdings ist es bei uns, in diesem, unserem, freiheitlich demokratischen Land, vielfach mit dem Datenschutz auch nicht so weit her. Vor allem dann nicht, wenn es um Terrorismusabwehr, die voll umfassende Überwachung von so genannten Gefährdern oder die Datensammelwut von diversen Nachrichtendiensten geht. Aber, auch in kleinerem Umfeld, darf der dazu kritisch Eingestellte, so manche böse Überraschung erleben. Er muss sich deshalb nicht erst in das außereuropäische Ausland begeben.

Tja, da brachte ich doch vor einigen Tagen den Abfall zu unserem Kompostierer und war erstaunt, dass die tobende " Friederike " nicht den Plastedeckel weg geweht hatte. Dafür lagen ringsherum jede Menge vertrocknete, verwelkte Blätter. Und inmitten dieser kleinen Häufchen erkannte ich Papierstückchen. Diese lugten unter dem Blättern hervor, als würden sie mir zurufen wollen: " Komm jetzt, hebe mich endlich auf!"

Da ich zudem sah, dass dieses weiße Papier beschriftet war, wurde ich ein wenig neugierig. Also bückte ich mich und nahm die Papierstückchen in die Hand. Ich las aus dem zerrissenen Blättern heraus, dass es vormals Abiturprüfungsaufgaben im Fach Biologie waren, die in kleineren Fetzen auf dem Herbstlaub des vergangenen Jahres lagen. Beim näheren Hinsehen bemerkte ich, dass nahezu an allen Ecken und Enden des Gartens diese Papierstückchen verteilt herum lagen. Fluchend sammelte ich die weißen Eindringlinge nach und nach auf. Mit ständigen Verwünschung auf den Lippen, zog ich grummelnd bis zum Brennholzstand, zum Bambus und unserem Kiesweg. Überall erkannte ich jene Papierfetzen.

Und was dort so alles aufgedruckt und handgeschrieben zu erkennen war! Eine schriftliche Entschuldigung, flüssig und ohne Orthographiefehler von einer Mutter aufs Papier gebracht, die damit ihre an einer Tuberkuloseuntersuchung teilnehmende Tochter für deren Fehlen am Biologieunterricht entschuldigte. Die gute " Ostsächsische Sparkasse " fand sich mit Auszügen zu einem dort geführten Girokonto auch bei uns ein. Dazu - immer wieder - Fragmente der einstigen Abiturprüfungsaufgaben.

Junge, junge, dachte ich so bei mir. Die Nachbarin, eine Gymnasiallehrerin ( u.a. für Biologie ) und selbst Mutter von vier Kindern, nimmt es mit dem Datenschutz überhaupt nicht genau. Weil sie persönliche Dokumente einfach ungeschreddert in die Blaue Tonne geworfen hatte, die dann vom Orkan umgeworfen worden war und deren Inhalt sich alsbald in den Nachbargärten verteilte, hat sie damit gegen den Datenschutz verstoßen? Das war jetzt die juristische Frage, die ich mir stellte. Ja, es sah eventuell so aus, als habe sie die Vorschriften das BDSG nicht eingehalten.
Doch ein Brief mit einem persönlichen Inhalt dürfte kein Medium sein, welches unter das BDSG fällt. Auch die deutlich lesbaren Sparkassen - Kontoauszüge fallen nicht hierunter; insbesondere schon deshalb nicht, weil es sich um ihre eigene Bankverbindung handelt.

Aber, das elterliche Entschuldigungsscbieben?
Hier könnte das Briefgeheimnis vielleicht verletzt worden sein . Auch dort greift das Bundesdatenschutzgesetz ( BDSG ) nicht. Wohl aber das im Grundgesetz verbriefte Post - und Briefgeheimnis und das damit intendierte Postulat der Vertraulichkeit des geschriebenen Wortes.
Dieses Recht wird jedoch nur bedingt strafrechtlich sanktioniert. Dann nämlich, wenn u.a. Briefe von Unbefugten, somit widerrechtlich geöffnet werden.

Also: Nichts mit Ordnungswidrigkeiten - und Strafrecht?

Wohl aber mit zivilrechtlichen Ansprüchen, die zum Beispiel die Mutter gegenüber der Lehrerin haben konnte, weil diese ein dienstlich adressiertes Schreiben nicht ordnungsgemäß vernichtet und entsorgt hatte.

Nun, gut, lassen wir die berühmte Kirche im Dorf. Dennoch erzeugte das Sammelsurium an persönlichen Unterlagen und Schriftverkehr, dass bei mir zusammen geknüllt in der rechten Hand lag und anschließend geschnipselt wurde, für heftiges Kopfschütteln. So eine Schluderigkeit! Mal ehrlich: In dieser unwägbaren Gesellschaft, in der jeder dem anderen misstrauen sollte, darf so etwas nicht passieren. Zumal die, in den Papieren erkennbaren, persönlichen Daten, von einem Unbefugten ganz locker und leicht missbräuchlich verwendet werden können.

Ob nun bei Tricksereien, Gaunereien und anderen, schlechten Absichten, die sich im unbegrenzten Internet begehen lassen oder bei der Fälschung von Dokumenten - nichts bleibt hier unmöglich.
Datenschutz hin, Einhaltung des selbigen, her!
Doch davon scheint die Dame aus der Nachbarschaft nie etwas gehört zu haben?


" The Hollies " - " Blowin´In The Wind " - 1968.







   
 





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