Entschleunigung


So mancher Begriff, so manche Worthülse und so manche Plattitüde werden in unserer schnelllebigen Zeit häufig benutzt, ohne dass der Sinn jener Wortkonstruktion ernsthaft hinterfragt wird. Oft fragt sich der eher Ahnungslose, was das für ein Kauderwelsch ist, dass dann in den vielen Medien innerhalb einer Meldung vorkommt. Dass dabei viele Politiker, Juristen oder auch Verwaltungskräfte ihren Senf dazu tun, dürfte allseits bekannt sein.

Da hörte ich heute Morgen einen Beitrag, der sich mit einer Aktion der fränkische Landkreis seit September 2016 mit einer Kampagne zur Anwerbung von Fachkräften öffentlich aufwartet. Hierin werden die vermeintlichen Vorzüge eines Landlebens benannt. Und, tatsächlich, es gibt hin und wieder einen Umzugswilligen, der das Stadtleben einfach satt hat. Staat stinkender Dauerstaus, langer Menschenschlangen vor irgendwelchen Einrichtungen und Geschäften und der hektischen Betriebsamkeit während der Werktage, weist Bad Kissingen auf eine bessere, weil ruhiger und beschauliche Lebensweise hin.

In diesem Zusammenhang formulierte die von München nach Bad Kissingen Umgezogene einen Satz mit " Entschleunigung ". Häh, bitte, was?

Nun las ich hierzu: "

Mit Entschleunigung wird umgangssprachlich ein Verhalten beschrieben, aktiv der beruflichen und privaten Beschleunigung des Lebens entgegenzusteuern, d. h. wieder langsamer zu werden oder sogar zur Langsamkeit zurückzukehren. "

Zitatende aus:
https://de.wikipedia.org/wiki/Entschleunigung

Na, dass dürfte doch eigentlich eine prima Sache sein. Wer möchte schon jeden Tag Hektik, Stress und Lärm?
Tja, die Rückkehr zu einem einfacheren Leben durch Verzicht, ist ja eigentlich eine gute Sache. Doch, wie soll dieses den Konsum geilen Nachwuchs, deren Eltern und der werbenden Industrie vermittelt werden?

Und, diese propagierten Möglichkeiten hat es doch bereits vor fast 50 Jahren gegeben.  Eine so genannte alternative Bewegung entwickelte sich langsam im Dunstkreis der einstigen 68er, die ihr Heil auf dem Landes suchte und dort den gesellschaftlichen Zwängen abschwor. Doch jene kurze Zeit der ländlichen Besinnung auf das Wesentliche des Lebens war nur allzu kurz. Nach einigen Jahren gingen viele Experimente des freien Zusammenlebens in irgendeiner Landkommune krachend auseinander. Was blieb war dann eher Frust und die Erkenntnis, dass zwar die Mettwurst zwei Enden hat, diese aber gekauft, bezahlt und vorher verdient werden muss. Zudem sollte es eine Herstellungsvariante der Wurst geben.

Was zu Beginn der 1970er seinen Anfang nahm, war bereits nach zirka 10 Jahren beendet.
Ob jene Bewegung je wiederkehren wird, muss stark bezweifelt werden. " Landleben " und " Entschleunigung " hin oder beschleunigtes Wachstum durch noch mehr Konsumdreck her. Fakt ist: Der Mensch ist eine Herden - und Gewohnheitstier und wenn alle der " Entschleunigung " durch Landflucht folgen würden, gäbe es dieses Leben dort schon bald nicht mehr.

Inga und " Going Up The Country " - 1972:






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