Hahne versus Heinz Florian Oertel: " Ist es nun das Ende der Spaß - oder Schwatzgesellschaft?

Das Buch mit dem Titel " Schluss mit lustig! Ende der Spaßgesellschaft!" des Peter Hahne ist schon seit längerem auf dem Markt. Es hat inzwischen eine sechsstellige Auflage erreicht. Es stand wochenlang an der Spitze der " SPIEGEL "-Bestsellerliste. Nach seiner Veröffentlichung und späteren Markt- Einführung habe ich eine Rezension hierüber im SPIEGEL gelesen. Nun hielt sich der SPIEGEL mit einer vernichtenden Kritik sehr zurück. Es gab die üblichen Bedenken von Seiten des Rezensenten. Tatsächlich waren sie dermaßen moderat, dass ich mich inzwischen fragen muss, ob der Redakteur nicht sogar von dem Verlag für seine Rezension bezahlt worden ist.

Wie auch immer, ich habe das Buch ignoriert und schon bald war mir dessen Inhalt nicht mehr geläufig.



Bis auf einen Zeitabschnitt, innerhalb dessen ich mich wieder mit dem Inhalt befasst habe. Der Grund hierfür lag in der Veröffentlichung eines Buches von Heinz Florian Oertel mit dem Titel " Gott sei dank - Schluss mit der Schwatzgesellschaft ". Eine eher nichts sagende Buchbenennung für einen durchaus brisanten Inhalt. Oertel war über Jahrzehnte Sportkommentar im DDR - Fernsehen. Ein kompetenter Mann mit einem enormen Fachwissen, wenn auch nicht immer frei von vorgegebenen Vorurteilen gegenüber dem einstigen Klassenfeind und dessen Sportlern. Wie auch immer, er versank nach der Wende eher in der Versenkung - sowohl beruflich als auch privat - war von ihm kaum etwas zu lesen oder zu hören. Nun, da er mittlerweile 80 Jahre alt geworden ist, hat er in Entgegnung zu dem Hahne - Buch eine eigene Abhandlung der Dinge, die sich innerhalb und außerhalb der Gesellschaft abspielen, veröffentlicht. Und siehe da, er kommt zu einem völlig anderen Ergebnis als Hahne es tut.



Worum geht es also? Hahne, Jahrgang 1952, in einem Provinzkaff ( Minden in Westfalen ) aufgewachsen, machte über einige Umwege Karriere beim ZDF als Nachrichtenmoderator und Berichterstatter. Er ist nebenbei bekennender Christ und Amerika-Freund, sogar USA-Fan.

Er schwang sich auf, die Ereignisse um den 11. September 2001 auf eigenwillige Weise zu verarbeiten, die Gründe hierfür zu suchen, zu interpretieren und aus diesem Gebräu von heraus genommenen Fakten, eigene Forderungen an die Jetzt-Gesellschaft der BRD zu stellen. Hahne sieht in dem 11. 09. 2001 eine zwangsweise Notwendigkeit zur Umkehr von der bisherigen Lebensweise, ihrer Inhalte und Auswüchse, die ihren Höhepunkt in der, ab den 80er Jahren propagierten Spaßgesellschaft findet. Die Definition des Begriffes " Spaßgesellschaft " bleibt bei ihm jedoch schwammig. Somit kann er weidlich jene Auswüchse in Grund und Boden kritisieren, zu deren Entstehung er natürlich auch eine Mitschuld trägt. Hahne ist durch seine Tätigkeit als Mittler von Nachrichten in seinem Ressort alle Male Gefangener der hausinternenen Zensur.Das ZDF, sein Arbeitgeber ist unisono Nationalkonservativen bis dato protegiert. Im Dunstkreis dieser Gleichgesinnten lassen sich dann - im reiferen Alter - jene Sichtweisen der Dinge dieser Welt trefflich in Form eines 146 - Seiten - Pamphlets niederschreiben.

Es beginnt mit den Unbillen dieses Zeitalters, die da heißen: Profit, Sex und rock ´n´roll! Jene drei Säulen, auf denen angeblich unsere Spaßgesellschaft aufgebautworden ist. Sie sind - so Hahnes Feststellungen - nicht nur fragil, sondern lassen den Überbau schon bald insich zusammenbrechen. Den Grund hierfür nennt er post hum: Fehelnde Werte und Religiösität. Aha! Hahne, der in etwa mein Jahrgang ist, stammt beinanhe aus meiner Nachbarschaft. Minden liegt ungefähr 12 Kilometer von meinem Gebutrsort Heeßen in der heutigen Samtgemeinde Eilsen entfernt. Von daher kenne ich die Stadt Minden gut. Beschaulich provinziell, mit Einwohnern, die sich sowohl dem Wasser ( Weser und Mittellandkanal ) als auch den Bergen ( Weser-Bergland, Wiehengebirge ) hingezogen fühlen. Wer hier lebt, hat eine bestimmte Sozialisation erfahren - eine deutsche. Fleissig, strebsam, unterwürfig, gehorchend und treu. Später kamen: neidisch, spießig und reiselustig ergänzend dazu. Das sind die Attribute des Beinnahe-Ost-Westfalen. Hahne kann noch eines zusätzlich aufweisen: gläubig!

Mit diesem Gebräu lässt sich als Studierter allerdings nur in der Provinz Karriere machen.
Deshalb trieb es Hahne in die Selbige - nach Mainz! Irgendwann hatte er gesschafft. Er erhielt Dauerpräsen im " heute " - Nachrichten-Team des ZDF. Hier durfte er über viele Jahre die selektierten Meldungen unter das bereits längst ergraute Fernsehvolk bringen. Immer mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton, wenn es gegen amerikanische Interessen ging. Dieses undankbare Kritisieren der real existierenden, amerikanischen Verhältnisse durch die rNnachkriegsgeneration war sein Ding nicht. Deshalb legte er sich ordentlich für den " Vater der Deutschen Einheit", Herrn Bundeskanzler Dr. phil. Helmut Kohl ins Zeug, wetterte gegen die links-liberalen und hetzte gegen Sozialismus. Immer dem Papst im Rücken. Hahne machte sich dann Ende der 90er rar. Nur noch ausgewählte Sendungen des ZDF sahen ihn als Moderator vor. Der Privatsender-Klamauk war ihm zu wider, die zwangsweise Öffnung seines Brötchnegebers nach hierhin auch. Hahne tauchte unter. Bis 2001, als die Mörderbande um Atta die twin-tower in die Luft jagte. New York war für ihn ein Aufbruchsignal. Er hatte es satt zu schweigen, wenn alles um ihn herum lachte, juchzte, fun hatte - ohne Sinn und Verstand, ohne Arbeit und Perspektive. Hauptsache " Ich ", so lautete über mehr als 2 Jahrzehnte das Motto.

Schluss mit lustig, forderte er nur ein Jahr nach dem New Yorker Anschlag und wütete in seinem Buch gegen Alles und Jenes, dass keine Moral, keine Werte, keinen Glauben hat. Die 68er bekommen ihr Fett, die 78er sowieso, die 88 und 98 als Ausgeburt der gottlosen Vorgenerationen im besonderen Maße. Hahne, der Moralist, der Werteverfechter, der Gottesfürchtige. Er erheischt viel Beifall bei den Kirchen, den C-Parteien, den Konsvervativen und den Predigern von law und order. Er wird herum gereicht, in diesem, unserem Lande, dass jedoch nicht mehr sein´s ist. Seine Thesen und pseudo-wissenschaftlichen Aufarbeitungen zu den Gründen des Jetztzustandes in der BRD, sie sind Wasser auf den Mühlen der grau-melierten Anti-Spaßfraktion. Seine Forderungen, in Demut mehr zu arbeiten, weniger zu urlauben, zufriedener zu sein und möglichst oft dem " lieben Gott " in der Kirche dafür dankbar zu sein, dass es Einen gibt, werden begierig aufgesogen von dem Klerus und seinem wieder erstarkten Einfluß in Politik und Gesellschaft.
Himmel, Hahne sei gelobt, was du uns prophezeist. Wenn wir so weiter machen, geht unsere Kultur zu Grunde. Haben wir denn überhaupt eine? Wenn wir so weiter machen sterben wir aus. Wollen wir das nicht? Wenn wir so weiter machen, sind wir bald Entwicklungsland. Wie soll das denn gehen?

Hahne tobt! Er möchte eine Umkehr zu den einstigen, christlich - abendländischen Werten propagieren, verstrikt sich dabei aber zunehmend in Widersprüche. Wer soll denn zurück rudern? Er? Die Gesellschaft? Gibt es die denn überhaupt noch? Wenn ja, dann in Form der Schwatzgesellschaft. Hier drischt der Fußballer Meier seine medial auf gemotzten Phrasen zu einem verlorenen Endspiel, dort tönt der Politiker Sauberheinrich über die Notwendigkeit einer Veränderung zur Veränderung der Verordnung über die Durchsetzung von Maßnahmen zur übermäßigen Vermeidung von Lärm innerhalb der normierten Einfamilien-Haus-Siedlung außerhalb des Ortskernes von Oberbogenhausen, da drischt der Gelegenheitsschauspieler Maximilian von Kümmelbergen auf die zunehmende Versteppung der Innenstädte durch Großkinos und Lusttempel im Rahmen einer Selbstdarstellungsrunde " Gespräche neben dem Kaminzimmer " ein. Blablabla, rund um die Uhr. Dank den Privaten und Amerika!

Heinz Florian Oertel hat den Hahn´schen Sermon persifliert und eine Antwort auf dessen Machwerk geschrieben. Mit " Gott sei dank - Ende mit der Schwatzgesellschaf! " gelingt es ihm den Gehalt der Hahn´schen Aussagen zum Ist-Zustand des Landes auf einen kurzen Nenner zu bringen: Viel Getöse, um nichts!
Zwar hat Oertel, da er nun einmal einer älteren, einer anderen Generation angehört, kein Patentrezept parat, wie der angebliche Sittenverfall zu stoppen ist. Er macht jedoch deutlich, dass es mit Glauben und Gott nicht geht. Wieso soll ein gestresster Autobahn-Raser nun auf einmal gesittet fahren, wenn er zuvor am Mittwochabend in die Mitternachtsmesse gegangen ist? Auch der Verweis auf Wiederherstellung der Werte lässt Heinz Florian Oertel nicht gelten. Warum soll ein Konsens darüber, was Recht und Ordnung ist, einen Ladendieb beim Klauen hindern, wenn der zuvor in der Verblödungswerbung gesagt bekommen hat, dass der Deodorant " Heiße Himbeere ", ihn attraktiver macht, jedoch mit 24,99 € für ihn als Empfänger staatlicher Transferleistungen unbezahlbar bleibt.

Die Feststellung des einstigen Sport-Kommentators, sind einleuchtender, als jene des Moderators von Nachrichten: Schuster bleib bei deinen Leisten, sonst treten die Träger der edlen Designer-Schuhe eines Tages auf dir herum!
Schluß mit Palavern, jetzt wird politisiert!

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