Sage zum Abschied laut " Servus "!, Sage nie leise: "Auf Wiedersehen!







Bayern im September 2007. Götterdämmerung in der Münchener Staatskanzlei. Edmund Stoiber, der große Zampano, nach Strauß, er geht - für immer? Er, der sich nun über 12 Jahre in dem Amt des Bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Parteivorsitzenden gehalten hat, er wurde von einer unbedeutenden Landrätin aus Fürth, in die Abstellspur gedrängt. Was zunächst wie ein nachträglicher Aprilscherz im Mai dieses Jahres aufgefasst wurde, entwickelte schnell eine Eigendynamik. Die Revolution im Wartezimmer zur lokalen Macht, sie begann mit einigen kritischen Äußerungen zu dem Führungstil und der Person des Edmund Stoiber und endete schließlich in dem Abbgesang jenes Politikers. Er hatte vielleicht die parteiinternen Gegner unterschätzt. Es war jene Mischung aus Arroganz, Naivität und Selbstbeweihräucherung, die ihm zum Abdanken zwang. Die Landrätin Paul - selbst eine Politikerin in der dritten Reihe der bajuwarischen Parteirangordnung angesiedelt -, sie sprach nur das aus, was viele - insbesondere jüngere Mitglieder und auch Wähler - längst in die Öffentlichkeit verbracht hatten: Dieser amtierende Ministerpräsident Edmund Stoiber ist nicht mehr repräsentativ für Bayern, für die Kirche, für die Partei, für den Ruf des Landes in der BRD und der Welt.



Jenseits des Weißwurst-Äquators rumorte es bereits länger, vorallem bei der großen Schwesterpartei, der CDU in Berlin. Stoiber hatte hier seine Chancen, sich als erste Bayer in das Amt eines Bundeskanzlers hinein hieven zu lassen längst verspielt. Eine weitere Chance, nämlich jene, im Kabinett Merkel, den Superminister für Wirtschaft - und Finanzen zu spielen, ließ er ungenutzt. Er zog sich beleidigt in die bayrische Provinz zurück, um hier schmollend auf eine erneute Chance zu warten. Mit Mitte 60 ist der Mann - auch als Politiker - in der Regel ausgepowert. Er hat seine besten Jahre längs hinter sich gelassen und beginnt, über diese Zeit zu resümieren. Meistens enden derartige Krisen in einer Biographie, die dann publicity-trächtig vermarktet wird. Das gibt noch einmal Geld und Ruhm, bevor der große Abbgesang beginnt.

Nicht so Edmund! Er fühlte sich immer noch zu höheren Weihen berufen. Er wollte es noch wissen. er hatte die Power, den Speed, die Instrumentarien der Macht, um im Jahre 2009 gegen die Kanzlerin anzutreten. So dachte er bis zum Mai des Jahres 2007 zumindest.



" Irrtum !", sprach Frau Pauli, " Jetzt komme ich! ". Ich, die kokette Frau aus der bayrischen Provinz, die Fränkin mit dem rollenden " R ", die fesche, Motorrad fahrende, geschiedene CSU-Landrätin, die sich mit verquasteten Ideen und aktueller Mode aus dem Hochpreis-Segmenten, von der Medienmeute fortan hofieren ließ. Hierbei trat sie von einem Fettnäpfchen ins nächste. Ein Auftritt in Lack und Leder in einem schlüpferigen Magazin, gab ihr jedoch sehr schnell den Rest. Die Sympathien verflogen, wie ein Luftzug im Sommer, der durch die stickigen Flure der Münchener Staatskanzlei weht. Sie bewirkte zwar die Abwahl des Edmund Stoiber, jedoch nicht die notwendige, personelle Erneuerung ihrer Partei. Die Nachfolger des Stoiber, Edy, sie sind in seiner Generation einzuordnen. Eine Art Sandwich-Generation, die zwar den II. Weltkrieg nicht vollkommen bewusst mit erleben mussten, die jedoch die Folgejahre, die von Elend, Hunger,Not, Entbehrungen und Unrecht geprägt waren, sehr wohl noch in Erinnerung behalten haben. Die bisherige Landespolitik war geprägt von traditionalistischen Einflüssen aus den Zeiten des Alfons Goppel, des Franz Josef Strauß, des Theo Waigel. Sie beerbten einander, ohne die wirklich jüngeren in der mit absoluter Mehrheit regierenden CSU an das Steuer zu lassen. Kontinuität des Alterns könnte es hier heißen. So ist die Nachfolge des Edmund Stoiber in der Alterklasse der 60-jährigen mit Beckstein, 63, und Huber,61, gemäß der historischen Vorgaben, abgesichert und natürlich auch abgesegnet worden.

Die Bayern sind eben ein eigenartiges Volk. Geprägt von hinterwäldlerischen Habitus und post-modernen Ansätzen zum Geldverdienen. Eine Öffnung zur Welt hat es deshalb für viele dort Geborene nie gegeben. " Mir san mir!", lautet die Devise. Alles was außerhalb der Landesgrenzen lebt und sich sprachlich absetzt, ist eben " Preiss´ n ". Joa, so san´s, de Bayer-Lieut!
Immer für Überraschungen gut. Ein reiches Bundesland, dass ganz unten begann und dank der vielen Zugreisten nun - zumindest wirtschaftlich betrachtet - oben gelandet ist. Mit diesem Pfund lässt sich alle Male in Berlin wuchern. Geld hat noch nie geschadet, um seine Interessen durch zu setzen. Dazu kommt der inflationäre Gebrauch von Plattitüden, wie Stolz, Strebsamkeit, Zucht, Ordnung,Glauben und immer wieder Tradition. Dieses Gebräu ergibt jenen bayrischen Konservativismus, der sich bis in die heutige Zeit hin fortgesetzt hat. Ablehnend gegen alle Dinge, die fremd sind, gegen Fremde, die fremde Sitten und Gebräuche und andersartiges Gedankengut mit in den ureigensten Lebenskreis hinein ringen möchten. Diese Ablehnung bewirkt - das ist selbst redend - auch eine Modernisierung jener Volkspartei, die die CSU nun einmal ist, und ergibt einen Zirkel von Machterhalt der Mächtigen. Keine Experimente, keine Öffnung im Zeitalter der Globalisierung, die die Traditionen, welche im Dreiklang von Kirche, Partei und Land zu sehen sind, auch nur ansatzweise in Frage stellen könnten.

Stoiber war als Ziehsohn seines großen Vorbild, dem rechtsnationalen und rechtskonservativen Franz Josef Strauß, zu Lebzeiten nie ein ernsthafter Konkurrent. Dazu war Stoiber zu sehr mit dem Einhalten des Gleichklangs im Strauß´schen Sinne beschäftigt. Seine Ideen entstammen dem rechtspopulistsichen Fundus des verstorbenen Ministerpräsidenten. Als Strauß 1980 gegen den Überkanzler Helmut Schmidt antrat und sang - und klanglos verlor, war es Stoiber, der für ihn im Hintergrund hetzte. Er polemisierte gegen die Sozis, die er mit Kommunisten in einen Topf warf, gegen Linksintellektuelle, gegen Erneuerer, gegen alles an Lebensinhalten und Veränderungen, was nicht mit der herrschenden, klerikal beeinflussten CSU-Parteiprogrammatik in Einklang zu bringen war. Der Bayer wollte den übrigen Deutschen, damals noch nicht vereinten Bundesbürgern, zeigen, dass, was bayrisch ist, auch für die Restrepublik gilt. Bayern ist ein schönes Land. Ohne Zweifel ein touristisch attraktives Bundesland. Ein Land, in dem jetzt überwiegend Milch und Honig fließt. Das war damals, also in den 80ern, zu Straußen´s Hochzeiten, noch nicht so absehbar. Hier gab es die Problemgebiete, die grüne Revolution, die die Kleinhöfe in der Provinz fraß, die durch die EWG, die EG und jetzige EU, den Menschen die Existenz wegnahm, sie in die Armut trieb und zu Fremdenhass erzog. Dieser Nährboden bescherte Hetzern, wie Strauß, Stoiber und Konsorten einen enormen Zuspruch. Die Volkspartei wurde Lebensinhalt, die Kirche, vorallem die Katholische, sie war das Aushängeschild dieser Bewegung.

Nachdem die wirtschaftlichen Umwälzungen überstanden waren, der Massentourismus Einzug hielt, die Subventionen aus Bonn und Brüssel üppig sprudelten, mutierte fast jeder Provinzler zum erfolgreichen Unternehmer. Er benötigte für seinen weiteren sozialen Aufstieg entsprechende Arbeitskräfte. Die kamen zunächst aus der übrigen Republik, dann aus dem Osten und zusätzlich noch aus dem Ausland. Der fette Bayer wurde träge. Er hatte keine Visionen mehr, er verwaltet heute nur noch. Er trickst an der Steuererklärung herum, schmiert die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, um an lukrative Aufträge heran zu kommen und fährt im feinen Zwirn in der übrigen Welt herum, um zu zeigen, dass er reich ist.
Ein Land, ein Bundesland, ohne eigene Visionen, hat heute mehr denn je, keine Zukunft. Solange die materielle Seite glänzt, werden die Fragen, nach dem Woher und Wohin, so nichtgesellt werden. Die Jüngeren, aus den Reihen der 20 bis 40 - Jährigen, ihnen geht es sehr gut. Das Interesse an dem Gestalten einer ausbaufähigen Zukunft ist eher gering. Partei-Karrieristen nicken deshalb nur jene Inhalte ab, die aus Tradition vorgegeben werden.

Ein wirklicher Generationswechsel hat nach Stoiber nie statt gefunden. Weshalb also sollte, musste und wollt er gehen. Amtmüdigkeit? Vielleicht! Die Gründe hierfür sind aber auch in dem Alter des Edmund zu sehen. Er hat zwar eine Top-Figur, wirkt sportlich und eher, wie ein Mittefünfziger, denn Endsechziger, dennoch hat der Sturm im Wasserglas ihn zur Aufgabe bewogen. Es mag auch sein, dass er den Abgang seinesVorbildes noch vor Augen hat. Nun sagt Edmund Stoiber - medial pompös aufbereitet - sehr laut " Servus ". Er denkt aber bestimmt: " Auf Wiedersehen!".

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