Ein Hochglanzblättchen der Bundesregierung und die großen Taten der Politker im Sommer 2007

Ein zufälligen aus eines dieser ärgerlichen Werbezeitungsbeilagen heraus fallendes Heftchen machte mich neugierig. Hierauf prangte, in buntem Umfeld eingebettet, das Logo der Bundesregierung nebst Bundeswappen. Für alle Adressaten deutlich sichtbar, möchte die Bundesregierung in Berlin über den Realzustand der Gesellschaft, des Staates und der gewählten Bundespolitiker informieren. Sehr schön, dass es noch Geld und Wege gibt, sich in dieser Form öffentlich zu zeigen. Was professionell und farblich auf einander abgestimmt dargestellt wurde, war inhaltlich mehr als dürftig. Es wurden lediglich die längst bekannten, weil medial ausgelutschten Ereignisse rezensiert. Da war vom Elterngeld die Rede, vom Kampf gegen die Klimaveränderung, vom Einsatz der Soldaten und Hilfskräften in Afghanistan und sonst wo auf der Welt, vom Konzept der Inneren Sicherheit und der Gefahrenabwehr des internationalen Terrorismus und - das Tüpfelchen auf dem ! I " - vom G8-Treffen in Heiligendamm. Sehr illustriert bebildert und in einer nüchternen Informationsprache abgehandelt, durfte sich die Bundesregierung dem Volke zeigen, ihre Leistungen anpreisen, ihre zukünftigen Vorhaben erläutern.
Für wen?

Wer die Kosten jener Beilage in etwa einschätzen kann, der muss sehr schnell die Millionengrenze verlassen. Der Bund hat es eben! So wird aus einem bisher nur mittelmässigen Regierenden in Berlin, schnell ein Popstar! Merkel ist medial eingeschliffen, setzt nur jene Akzente, die ihr weiterhelfen, um ihre - zweifelsohne hohe - Popularität zu bewahren, Müntefering bleibt die graue Eminenz im Hintergrund, die eher Mal aufmuckt, wenn es um traditionelle Belange seiner Herkunft, der Arbeiterklasse geht. Schäuble, stolziert als tönernder Elefant im Porzellan-Laden herum und verdirbt es durch immer neue kognitive Verrenkungen, die er in die Öffentlichkeit hinaus posaunt, mit fast jedem. Die Zypries im feinen Tuch präsentiert überwiegend Hausgemachtes aus dem Rechtsressort. Glos bleibt auffallend farblos, obwohl er als Wirtschaftsminister die wichtigen Akzente setzen müsste. Ihm zur Seite steht Peer Steinbrück, der kühle Klare aus dem Norden, der sich einen Finanzminister mit Ratzefummel und Ärmelschonern nicht denken kann. Von der Leyen hat revolutionäres im Sinn, dank ihres roten Staatssekretärs, der bei ihr wohl auch privat aus und eingehen darf. Shavan hat als Bildungsministerin die Fäden der fortbestehenden Atomisierung desbundesdeutschen Bildungsystems so lsoe in der Hand, dass ihre Landesministerkollegin nicht in die Quere kommen könne. Der PISA II-Schock sitzt nicht mehr so tief, wofür die Erkenntnis spricht, dass nur noch 28 % eines Jahrganges ohne Schulabschluss und 35 % ohne Ausbildungplatz bleibt. Die Zukunft unserer Jugend ist mit HARTZ I bis IV ja ausreichend abgesichert. Auch Ulla Schmidt, die Dienstälteste in dem Kabinett, sie tritt auf der Stelle. Die Reform der Reform von dem Reförmchen des Reförmchens im Gesundheitswesen zwecks Steigerung der Effizienz zur Aufrechtungerhaltung der Kostenumverteilungsexplosion zugunsten der Pharma-und Ärzte-Lobby, sie bliebt bereit in den Schuhen stecken

Das übrige Kabinett tritt eigentlich nur beiläufig in Erscheinung. Wie war das noch gleich? Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul, was macht die denn noch, außer in fremde Länder zu reisen? Und der Verteidigungsminister Jung, steht der immer noch in vorderster Front, wenn es um Kampfeinsätze gegen den bösen Bin Laden und den militanten Islamismus geht?
So bleibt die Zahl der Grauen unter der bunten Broschüre weit aus höher, als die, die sich schwarz-rot-gold einfärben dürfen. Das Schlagwort des Patriotismus, des dezenten Nationalismus, des Stolzes auf Volk, auf Vaterland und Väter sowie Mütter, es ist längst verhallt. Die Jubel-Fahnen sind eingerollt und auf den Boden gelegt worden. Einige konnten auch bei ebay - zumeist meistbietend-versteigert werden. Die frisch gewaschene Mittelklasse-Karre, sie fährt schon seit längerem wieder ohne Fähnchen, Aufkleber und sonstigem Gedöns.
Der Alltag ist eingekehrt. Auch in Berlin.

Tja, da war doch noch etwas im Frühsommer diese Jahres. Aha, dieses G 8 - Treffen in Heilgen-Dingsbums. Dieser Zaun, hinter dem die Schwerverbrecher, wie G.W. Bush tagen durften - auch Kosten des Steuerzahlers versteht sich. Hinter dem in Hochsicherheitstrakt ähnlichem Ambiente die leger gekleideten Weltmächtigen sich mediativ zur Schau stellen konnten. Die Meute war allerdings Handverlesen. Der Umgang mit ihnen, er wurde qua Sicherheit- Routine-Check zuvor sowie Video-überwacht und gelasert, eingescannt in die Annalen der Geschichte, als größter Tobsuchtsanfall der Merkel´schen Kleinkunstbühne eingehend, von den Einheimischen und Lakaien zum Glanzpunkt, zum Climax ihres bisherigen Erdendaseins, hoch stilisiert.
Er ist als Erfolg der Regierungsarbeit in dem Pamphlet nach zu lesen.

Was also, nützt dieses Blättchen dem Durchschnittsmichel? Nichts! Denn es ist kein Wort darüber verwandt worden, dass es nach wie vor 3,5 Millionen registrierte Arbeitslose gibt, eine Dunkelziffer in der gleichen Größenordnung muss hinzu addiert werden, dass es 8 Millionen Haushalte gibt, die statistisch als "arm " zu qualifizieren sind, dass es über 2,5 Millionen Kinder gibt, die sich diesen Armen zurechnen lassen müssen, dass die Renten nicht sicher sind, die Gesundheitkosten explodieren, die Preise für die Lebenshaltungskosten stetig steigen, die Reallöhne sinken, die Kluft zwischen Kapital und Arbeit sich enorm erweitert, dass eine Arbeitsstelle bei Löhnen von 5,-- € je Stunde ohne ergänzende Sozial - Transfers nicht zur Deckung des Existenzminimums ausreicht, dass die Vermögensverteilung noch nie so ungerecht war, wie in der heutigen Zeit, dass der Rechtsradikalismus bedrohlich zunimmt, dass ganze Regionen mit Neo-Faschisten durchseucht sind, die willkürlich und teilweise von den Staatsorganen legitimiert, aktiv und auch passiv ihr Unwesen treiben dürfen. Von alledem und noch vielem Mehr, erwähnt die Hochglanz-Beilage der amtierenden Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2007 christlicher Zeitrechnung kein einziges Wort. Es gibt viel zu tun, lassen wir es liegen. Heben wir es auf, für die Folgegenerationen, die sich bestimmt im Einheits-Modegeschmack auftretend und mit dem Wissen der TV-Bunt-Sendungen ab 10.00 Uhr Vormittags, fast-food und Alko-Pop-Koma-saufend, den zukünftigen Problemen hingibt - wenn es denn soweit ist.

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