Das Wendland - schreibt es eigene Geschichten?
Gesagt, getan - wenn auch wieder verspätet.
Das Wendland ist eine Region zwischen Hamburg und Berlin ( grob gesagt ), zwischen Dannenberg und Lüchow ( exakter beschrieben ). Hier, zwischen der geographischen Schnittstelle von zwei Millionenstädten, nämlich Berlin und Hamburg, ist die Welt noch in Ordnung. Von der Hektik des täglichen Lebens werden allenfalls die verschiedenen Arten der einheimischen Flora und Fauna zeitweilig vereinnahmt.
Der Ablauf der Zeit, der Jahre und Jahrzehnte hat in dieser Region eine andere Ausprägung.
Die Geschichte jenes Landstrichs ist wenig spektakulär, dafür von einer Kontinuität behaftet.
Einst waren es die Wenden, eine slawische Volksgruppe, die ab 600 nach Christi, ein Gebiet an den Elbauen, nordöstlich von Hannover, besiedelten. Im Verlaufe der Jahrhunderte wurde von den Elbslawen gesprochen, die sich mit den Dänen und den Deutschen im Mittelalter erbitterte Kämpfe um die Vorherrschaft im ostelbischen bis Ostseeraum lieferten. Sukzessive entwickelte sich eine eigene Kultur, zu der auch die unverwechselbaren Rundlingsdörfer gehören. Kleine, von Menschenhand geschaffene, Siedlungen, deren Ursprung in der Wehrhaftigkeit liegt, der Abwehr von Gefahren für die Bewohner, die von außen her kommend, die dort lebenden Menschen bedrohen. Mit der wendländischen Baukunst, die auch grazile Malereien sowie andere Handwerksrichtungen umfasst, prägt die Region einen eigenen Menschenschlag. Einen an die Scholle, sein Land, die Umgebung gefesselten Menschen, der sich zunächst ablehnend gegenüber dem Modernen gab. Er baute auf Tradition, auf das Altgewährte, das Handfeste und das Nützliche. Wie schon seit Generationen zuvor.
Das Wendland ist immer noch ein Refugium innerhalb dessen sich die traditionellen Lebensformen wieder erkennen lassen. Dennoch durfte die Modernität auch hier nicht Halt machen. Es gibt jene Zivilisationsmerkmale, die auch in jeder beliebigen Region in der BRD längst Platz gegriffen haben. Das tägliche Leben hat sich auch hier stark verändert. Was jedoch verblieb, ist der vielschichtige Bezug zu der Historie. Die Urwüchsigkeit der Landschaft mit ihrer speziellen Natur hat die Menschen dazu bewogen, eine symbiotische Einstellung zu ihr herzustellen, diese weiter zu pflegen und ihr eigenes Leben darauf auszurichten,dass auch die Kindern die Möglichkeit erhalten, jene Lebensinhalte zu übernehmen, die ihnen seit Generationen weiter gegeben werden.
So wachsen die Kinder in einem Idyll auf,dass die Natur und ihre manigfaltigen Ausprägungen in den Mittelpunkt stellt. Jenseits der alltäglichen Erfordernissen, die der Mensch innerhlab einer hoch technisiertn und komplexen Gesellschaft zu beachten hat, will er nicht in den Sog des sozialen Abstiegs geraten, will er nicht eine Aussenseiterrolle oktroyiert bekommen und will er nicht ein Erimietenleben gestalten, welches von den geldgierigen und auf Materialismus fixierten Mitmenschen nur müde belächelt und als " spinnert " eingestuft wird.
Das Wendland ist ein starkes Stück Natur, es ist ein Ruhepol für die künstlerisch agierenden Mitmenschen, deren Abkehr von derm Fortschrittswahn als Konsequenz gegenüber einem immer unerbittlicher auftretenen Herdentrieb der Anpassung und einer Umsetzung der Beliebigkeit, des Austauschbaren zu sehen ist. Künstler, die einst, in den Zeiten der Anti-AKW-Bewegung in den Mittsiebzigern bis Mittachtzigern als en vogue betrachten wurde, als der grüne Parka und die blauen Jenas zum Symbol des Unorthodoxen, des Non-Konformismus, stigmatisiert waren - als Schmuddellook eben - sich aus individuellen Gründen für immer im Wendland niedergelassen haben, sie sind längst ergraut, haben Kinder und Enkelkinder in ihrem Lebensumfeld integriert. Sie sind als Relikt jener Protestbewegung übrig geblieben,die sich heute resignierend abwendet, wenn es um die Fortsetzung der vormals propagierten Ideale und Forderungen geht. Ihre Welt ist nicht mehr der Bauzaun, der Wasserwerfer und der langhaarige Protest; ihre Welt ist die individulle, ja exzessive Lust nach dem Konsumstreben und der Annahme von Wohlstandsmerkmalen geworden. Diese einstigen Mitläufer haben deshalb nicht nur graue Haare, die bestenfalls kurz geschoren getragen werden, sie haben auch eine inhaltliche Leere ihres Geistes zu beklagen. Sie können mit dem Wendland jetzt nichts mehr verbinden. Fernreisen per Flugzeug, schiff oder Auslandsreisen mit dem eigenen PKW, dass ist das erstrebenswerte Ziel. Die Natur vor Ort bleibt eher unbeachtet. Sie wird als etwas Provinzielles abgewertet.
Die Wendländer sind deshalb nicht provinziell, weil sie durch die übrige Gesellschaft so dargestellt werden sollen, nein, sie sind nur naturverbunden und traditionell eingestellt, weil es für sie ein Ruhepol zu der Alltagshektik gibt, den das Stadtleben so nicht zu bieten hat. Die Arbeistplätze hier sind somit rar. Jener versucht das eigene Leben mit der notwendigen Übereinstimmung des Vorhandenen zu kreieren - wendländisch eben!
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