Abgesang einer Institution namens Zentral Vergabestelle für Studienplätze ( ZVS ) oder folgt der notwendige Neubeginn?

Als ich heute morgen den Nachrichtenblock über den - zwangsweise- eingestellten Sender MDR Info zu Ohren bekam, machte mich eine Meldung eher melancholisch,denn wütend: Der ZVS in Dortmund soll erneut durch eine Reformierung mehr Leben eingeimpft werden! Wie bitte? Zunächst dachte ich,dass dieses Monstrum längst zur Vergangenheit gehört,denn die einzelnen Bundesländer (BL ) haben unisono für die meisten Studienfächer im Wege Selbstverwaltung über individuelle Vergabemodalitäten an die Bewerber verteilt. Nach einer kurzen Recherche konnte ich jedoch feststellen,dass dieses nicht für Studiengänge, wie Humanmedizin, Zahnmedizin, Biologie, Psychologie etc. gilt. Also lebt die ZVS immer noch? Ja, sie lebtnoch! Wenn auch auf einem bescheideren Niveau. Immerhin müssen in Dortmund jährlich mehr als 120.000 Bewerbungen bearbeitet werden. Immerhin!

Ich wollte es nun wirklich wissen, was sich hinter dieser Meldung verbirgt und loggte mich auf der Homepage vom MDR ein. Siehe da, es hat tatsächlich einen realen Grund gegeben,warum einige Stimmen erhoben werden,die der ZVS nun wieder neue Kompetenzen zuordnen möchten.
Durch die Mehrfachbewerbungen vieler Studieninteressenten, kommt es bei einigen Hochschulen zu einem enormen Bearbeitungstau und einem kaum zu bewältigenden Ansturm auf bestimmte Fächer. Dieses gilt zum Beispiel auch für BWL und Jura. Aja?
Einige - allerdings nur unter den Bewerbern - beliebte Studienorte werden förmlich überrannt; andere bleiben von dem Ansturm vor Semesterbeginn nahezu verschont. So war diese Entwicklung zwar immer schon,dennoch gibt es augenscheinlich ein Gefälle zwischen Stadt und Stadt sowie BL zu BL oder Studienfach zu Studienfach. Weiterhin zwischen AL und NL innerhalb der BLs! Aha!

Wie auch immer, das einst, nämlich am 02. 05. 1973 Verwaltungsmonstrum sollte ja die Vergabe von Studienplätzen vereinfachen, übersichtlicher gestalten und gerechter regeln. Als ich im Frühsommer 1976 mich für einen BWL-Studienplatz beworben hatte, erhielt ich zunächs nur Absagen. Bielefeld, dass war für mich ortsnah, Hannover,das hatte für mich aller erste Präferenz oder auch Osnabrück, da wäre ich notgedrungen auch hingegangen, sie alle waren überlastet. damals schon! Oder war Wilhelmshaven nicht doch eine sinnvolle Alternative. Wie auch immer, ich schon zunächst Frust. Kein Studienplatz, das bedeutete für mich: Weiter in der Glasfabrik am Band arbeiten. Weiter drei Schichten fahren, Samstag und Sonntag zu Maloche müssen. Ich habe diese Arbeit gehasst, wie die Pest. Ich wurde dazu getrieben, ja gezwungen, weil meine Eltern der Auffassung waren, dass mein Bruder und ich gefälligst arbeiten sollten, damit wir Geld hätten und ihnen nicht auf der Tasche lägen. So einfach war die damalige Denkweise.

Nun, zunächst kam im September eine Studienplatzzusage von Wilhelmshaven,dann - einige Tage später - eine aus Osnabrück,dann aus Bielefeld und auch noch aus Hannover. So durfte ich mich denn entscheiden, zwischen all meinen Lieblingsorten und ging - in die Provinz nach Wilhelmshaven. Dass ich es dort nur knapp 2 Jahre aushielt, steht auf einem anderen Blatt. Was war das für eine lange Zeit zwischen dem Einreichen der Bewerbungsunterlage bei der ZVS. Da diese bis zum 15. September eines jeden Monats dort eingegangen sein mussten, gab es Tage zuvor ständige Hinweise auf jenes Datum über meinen Lieblingssender, dem WDR, auf fast allen Programmen und nahezu in sämtlichen Nachrichtensendungen. Dennoch entstanden am 15. September lange Schlangen vor dem Briefkasten der ZVS in Dortmund. Einige Bewerber benötigten wohl den gewissen Nervenkitzel! 24.00 Uhr war dann endgültig Schluss! Die Einwurfklappe des Briefkasten nahm dann nur noch Schriftstücke für den 16. September an, denn eine elektronisch gesteuerte, aber noch mechanische Sperre verschloss das Behältnis für den Kasten des 15. per Zeitschaltuhr. Noch primitiv, aber wirksam!

Dann folgte das lange Warten für alle Bewerber. Viele Ängste, ja Tränen, sogar Dramen oder familiäre Tragödien spielten sich ab. Rund um die Studienpaltzbewerbung, die ZVS und die Vergabemodalitäten. In den Jahren zuvor und vorallem danach wurden ganze Brigaden von Rechtsanwälten beauftragt, gegen die ZVS zu klagen, gegen den Vergabemodus, die Berechnung der Plätze, das Bonus-Malus-System. Eine Wissenschaft für sich, wer einst die Informationsbroschüren und die unzähligen Formulare sowie erläuternden Beiblätter lesen musste, benötigt viel Zeit, Intelligenz und Ruhe! Dank der elektronischen Vergabeformulare, die via Internet aufgerufen, ausgefüllt und abgesandt werden können, ist dieses heutzutage nicht mehr ganz so dramatisch. Aber immer noch spannend!

Die ZVS hat mich danach nicht mehr begleitet, denn ich durfte den Studienortwechsel direkt über die HfW in Bremen vornehmen. Dann das Jura-Studium als Zweitstudium in Folge auch. Ohne dieses Monstrum in Dortmund. Einerseits war es eine Erleichterung, andererseits würde ich es mir für heute wieder als zwingenden Schritt für die ungezählten Bewerber wünschen, die - oft orientierungslos wirkend - sich an dutzenden von Hochschulen melden, dort die Verwaltung blockieren und schlussendlich sich nicht einschreiben,weil sie einen vermeintlich attraktiveren Studienplatz, in einem - meist heimischen - Umfeld erhalten haben. Je mehr Bewerber sich jedoch so verhalten, desto schwieriger wird die Vergabepraxis. Sie wird aufwendiger, undurchsichtiger und ungerechter.
Ergo: es lebe die gute, die alte ZVS in Dortmund!

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