Das Ende eines Traums oder wer hoch hinauf steigen will, der kann sehr schnell tief fallen!
Es war eher dem Zufall geschuldet, als ich heute über mehrere Links auf die Internetseiten des " Mindener Tageblatt " gelangte. Die Präsenz einer lokalen Zeitung mit einem bescheidenen Rezipientenkreis ist eher beschaulich und - das ergibt sich bereits aus dem Selbstverständnis einer Regionaltageszeitung -beschränkt die Sichtweise des Lesers schon bald auf die provinziellen Nachrichten. So auch in diesem Fall, der mir sofort ins Auge sprang.
Es wird von einem Kleinflugzeugabsturz berichtet, dass dort in den Morgenstunden des 19.07.2008 in der Nähe von Wittekindsburg im Wiehengebirge abgestürzt sei. In den Trümmer haben die gerufenen Rettungkräfte die verkohlten Leichname zweier männlicher Personen entdeckt. Schon kurz danach war klar, dass es sich bei den beiden Verunglückten um einen 70jährigen H-N-O-Arzt aus Stade und seinen gleichaltrigen Berufskollegen aus der selben Stadt handelt,die seit einigen Stunden vermisst wurden.
Nun, diese Nachricht stellt insgesamt für die täglichen Horror-und sonstige Negativereignisse eigentlich nichts besonderes dar,dennoch kamen mir nach der Verarbeitung von drei eingestellten Artikeln in dieser Tageszeitung, so einige Gedanken:
Was sucht ein Stader Arzt in den Morgenstunden in seinem privaten Kleinflugzeug bei schlechten Wetter und noch schlechterer,weil nebelig-dunstiger Sichtüber einem Gebiet,dass über 150 Kilometer von seinem Wohnort liegt? Erholung? Wohl kaum! Wollte er etwa einen Besuch abstatten? Oder hatte er eigentlich nur das Bedürfnis aus seinem Umfeld zu fliehen? So, wie es Reinhard Mey in seinem Lied " Über den Wolken " sehr schön beschreibt? Die Recherchen der auf diesen Unglücksfall ansetzten Lokalmatadoren der " Mindener Tageszeitung " hatten denn schon bald ein Motiv für jenen tödlich endenden Flug: Der Pilot war ein so genannter Draufgänger. Er scheute weder das Risiko noch das Abenteuer. Er war - trotz oder gerade wegen - seiner 70 Lebensjahre ein vielleicht noch jung gebliebener?
Vielleicht wollte er es den Anderen noch einmal so richtig zeigen,dass er ein richtiger Mann ist,dass er cojones hat, wie es die Südamerikaner so schön umschreiben. Es kann auch sein,dass er irgendwelchen Ärger, den er privat oder beruflich zu ertragen hatte, einfach entfliehen wollte und mit dem Flug seine vermeintliche Ruhe zu finden glaubte. Was auch immer die näheren Ursachen für diesen "waghalsigen" Flug waren - er Ende mit dem Tod. Zwei 70-jährige sind nichtmehr unter uns. Sie starben dennoch nicht auf einem gewöhnlichen Weg: Es war ein Flugzeugabsturz, ein Unglücksfall, der auf menschliches Versagen zurückzuführen ist. So, wie vor ihnen bereits einige tausend Tode in diesem Jahr verunglückten. Es gibt Tote auf den Straßen, bei der Bahn, in Schwimmbäder und offenen Gewässern ertrinken hunderte von Menschen,in den eigenen Vier Wänden einige Tausend. Was also könnte an diesem Unglück so besonderes sein?
Ich habe während des Lesens der Artikel daran gedacht, dass ich Region sehr gut kenne. Zum einen deshalb, weil ich in Heeßen bei Bad Eilsen, also im nahe belegenen Weserbergland ausgewachsen bin, zum anderen, weil ich in Minden und Umgebung während meiner Jugend - und Sturm - und Drangzeit häufig Diskotheken und Kneipen besucht habe, die zur damaligen Szene gehörten. Das Wiehengebirge ist deshalb ein Teil meiner Herkunft, ein Stück Begleitung auf meinem Lebensweg. Hier sind die Menschen per se bodenständig und traditionell konservativ. Die provinzielle Enge kann nur durch den Besuch einer der entfernter gelegen Großstädte, wie Bielefeld, Münster, Dortmund oder Hannover durchbrochen werden. So klein-kariert die Denkweisen der Bewohner sind, so neugierig ist ihr sonstiges Naturell. Deshalb habe ich mich nicht gewundert, dass schon kurz nach dem Bekanntwerden des Flugzeugabsturzes ein üblicher " Katastrophentourismus " einsetzte, der die Bergungskräfte bei ihrer Tätigkeit erheblich behinderte. So, wie es bei den " Gaffern " auf den Autobahnen der Fall ist, wenn sich auf der gegenüber liegenden Fahrbahnseiten ein Unfall ereignet hat, bei dem es ordentlich " gerumst " hat. Je mehr Trümmer, je mehr Polizei, Krankenwagen und Feuerwehrautos, desto größer der Spaßfaktor.
Der Provinzpiefke aus dem Umkreis von Minden bildet somit keine Ausnahme,wenn es darum geht, das Leid der Anderen zu sehen und sich daran zu ergötzen. " Boah, hat dat jekracht!", so höre ich die Durchschnittsbewohner noch reden. " Da lagen über hundert Meter weit die Klamotten herum!", wird es weiterhin gehießen haben. Nun ja, wenn sich in dem tristen Alltag, in den langweiligen Stunden des Tages zwischen TV-Dauerglotzen und Abendessen, nichts weiteres spektakuläres ereignen kann, weil das eigene Leben seit tagen, Wochen, Monaten,Jahren,Jahrzehnten - eigentlich seit der Geburt in überschaubaren Bahnen verläuft, dann muss ein armseliger Porta Westfalicaner sofort die Gelegenheit beim Schopfe packen, das Auto anlassen und mit seiner Frau oder sonstiger Begleitung den Unglücksort bevölkern.
Zwei alte Männer sind nun tot, sind verunglückt,sind ohne sich von ihren Angehörigen zu verabschieden, aus dem Leben gegangen. Die Hinterbliebenen werden getrauert haben, die Familie wird nach dem Warum fragen. Die Verarbeitung eines solchen Unglücks ist oft kaum möglich,denn der Schmerz über den Verlust eines Menschen sitzt häufig sehr tief. Diese Reaktion liegt im menschlichen Naturell, sie ist deshalb auch menschlich. Wenngleich ein Außenstehender, so wie ich, sehr wohl die Frage stellen darf: " War das Unglück nicht doch abwendbar?" Der Pilot soll ein Hasardeur gewesen sein. Ist ein Mann, der mitten im Leben stand, der 7 Jahrzehnt bereits hinter sich gebrachthatte, nicht so vernünftig, dass er bei der Einhaltung ihm sehr wohl bekannter Sicherheitsstandards seinen Tod hätte vermeiden können? Ich behaupte deshalb, der Kerl hat den Tod heraus gefordert, er hat mit seinem und dem Leben des Kollegen gespielt und hat beides verloren. Es gibt - gehe ich jetzt nach dem typischen Schubladendenken - eine Reihe von Mitmenschen, deren Charakterzüge sich bereit durch den ausgeübten Sport erkennen lassen. Ein einstiger Tankstellenpächter in Bückeburg, dem Fürstendomizil vergangener Tage, formuliert es einmal so: " Die größten Spinner unter meinen Kunden sind Segelflieger, Golfer, Tennisspieler und Jäger,denn die haben allesamt ein Rad ab!". Wohl wahr, wenn ich den Flugzeugabsturz genauer betrachte.
So wird mir die Berichterstattung in dem " Mindener Tageblatt " für immer in Erinnerung bleiben:
Mindener Tageblatt - Flugzeugabsturz im Wiehengebirge: Pilot laut Polizei waghalsig unterwegs
Es wird von einem Kleinflugzeugabsturz berichtet, dass dort in den Morgenstunden des 19.07.2008 in der Nähe von Wittekindsburg im Wiehengebirge abgestürzt sei. In den Trümmer haben die gerufenen Rettungkräfte die verkohlten Leichname zweier männlicher Personen entdeckt. Schon kurz danach war klar, dass es sich bei den beiden Verunglückten um einen 70jährigen H-N-O-Arzt aus Stade und seinen gleichaltrigen Berufskollegen aus der selben Stadt handelt,die seit einigen Stunden vermisst wurden.
Nun, diese Nachricht stellt insgesamt für die täglichen Horror-und sonstige Negativereignisse eigentlich nichts besonderes dar,dennoch kamen mir nach der Verarbeitung von drei eingestellten Artikeln in dieser Tageszeitung, so einige Gedanken:
Was sucht ein Stader Arzt in den Morgenstunden in seinem privaten Kleinflugzeug bei schlechten Wetter und noch schlechterer,weil nebelig-dunstiger Sichtüber einem Gebiet,dass über 150 Kilometer von seinem Wohnort liegt? Erholung? Wohl kaum! Wollte er etwa einen Besuch abstatten? Oder hatte er eigentlich nur das Bedürfnis aus seinem Umfeld zu fliehen? So, wie es Reinhard Mey in seinem Lied " Über den Wolken " sehr schön beschreibt? Die Recherchen der auf diesen Unglücksfall ansetzten Lokalmatadoren der " Mindener Tageszeitung " hatten denn schon bald ein Motiv für jenen tödlich endenden Flug: Der Pilot war ein so genannter Draufgänger. Er scheute weder das Risiko noch das Abenteuer. Er war - trotz oder gerade wegen - seiner 70 Lebensjahre ein vielleicht noch jung gebliebener?
Vielleicht wollte er es den Anderen noch einmal so richtig zeigen,dass er ein richtiger Mann ist,dass er cojones hat, wie es die Südamerikaner so schön umschreiben. Es kann auch sein,dass er irgendwelchen Ärger, den er privat oder beruflich zu ertragen hatte, einfach entfliehen wollte und mit dem Flug seine vermeintliche Ruhe zu finden glaubte. Was auch immer die näheren Ursachen für diesen "waghalsigen" Flug waren - er Ende mit dem Tod. Zwei 70-jährige sind nichtmehr unter uns. Sie starben dennoch nicht auf einem gewöhnlichen Weg: Es war ein Flugzeugabsturz, ein Unglücksfall, der auf menschliches Versagen zurückzuführen ist. So, wie vor ihnen bereits einige tausend Tode in diesem Jahr verunglückten. Es gibt Tote auf den Straßen, bei der Bahn, in Schwimmbäder und offenen Gewässern ertrinken hunderte von Menschen,in den eigenen Vier Wänden einige Tausend. Was also könnte an diesem Unglück so besonderes sein?
Ich habe während des Lesens der Artikel daran gedacht, dass ich Region sehr gut kenne. Zum einen deshalb, weil ich in Heeßen bei Bad Eilsen, also im nahe belegenen Weserbergland ausgewachsen bin, zum anderen, weil ich in Minden und Umgebung während meiner Jugend - und Sturm - und Drangzeit häufig Diskotheken und Kneipen besucht habe, die zur damaligen Szene gehörten. Das Wiehengebirge ist deshalb ein Teil meiner Herkunft, ein Stück Begleitung auf meinem Lebensweg. Hier sind die Menschen per se bodenständig und traditionell konservativ. Die provinzielle Enge kann nur durch den Besuch einer der entfernter gelegen Großstädte, wie Bielefeld, Münster, Dortmund oder Hannover durchbrochen werden. So klein-kariert die Denkweisen der Bewohner sind, so neugierig ist ihr sonstiges Naturell. Deshalb habe ich mich nicht gewundert, dass schon kurz nach dem Bekanntwerden des Flugzeugabsturzes ein üblicher " Katastrophentourismus " einsetzte, der die Bergungskräfte bei ihrer Tätigkeit erheblich behinderte. So, wie es bei den " Gaffern " auf den Autobahnen der Fall ist, wenn sich auf der gegenüber liegenden Fahrbahnseiten ein Unfall ereignet hat, bei dem es ordentlich " gerumst " hat. Je mehr Trümmer, je mehr Polizei, Krankenwagen und Feuerwehrautos, desto größer der Spaßfaktor.
Der Provinzpiefke aus dem Umkreis von Minden bildet somit keine Ausnahme,wenn es darum geht, das Leid der Anderen zu sehen und sich daran zu ergötzen. " Boah, hat dat jekracht!", so höre ich die Durchschnittsbewohner noch reden. " Da lagen über hundert Meter weit die Klamotten herum!", wird es weiterhin gehießen haben. Nun ja, wenn sich in dem tristen Alltag, in den langweiligen Stunden des Tages zwischen TV-Dauerglotzen und Abendessen, nichts weiteres spektakuläres ereignen kann, weil das eigene Leben seit tagen, Wochen, Monaten,Jahren,Jahrzehnten - eigentlich seit der Geburt in überschaubaren Bahnen verläuft, dann muss ein armseliger Porta Westfalicaner sofort die Gelegenheit beim Schopfe packen, das Auto anlassen und mit seiner Frau oder sonstiger Begleitung den Unglücksort bevölkern.
Zwei alte Männer sind nun tot, sind verunglückt,sind ohne sich von ihren Angehörigen zu verabschieden, aus dem Leben gegangen. Die Hinterbliebenen werden getrauert haben, die Familie wird nach dem Warum fragen. Die Verarbeitung eines solchen Unglücks ist oft kaum möglich,denn der Schmerz über den Verlust eines Menschen sitzt häufig sehr tief. Diese Reaktion liegt im menschlichen Naturell, sie ist deshalb auch menschlich. Wenngleich ein Außenstehender, so wie ich, sehr wohl die Frage stellen darf: " War das Unglück nicht doch abwendbar?" Der Pilot soll ein Hasardeur gewesen sein. Ist ein Mann, der mitten im Leben stand, der 7 Jahrzehnt bereits hinter sich gebrachthatte, nicht so vernünftig, dass er bei der Einhaltung ihm sehr wohl bekannter Sicherheitsstandards seinen Tod hätte vermeiden können? Ich behaupte deshalb, der Kerl hat den Tod heraus gefordert, er hat mit seinem und dem Leben des Kollegen gespielt und hat beides verloren. Es gibt - gehe ich jetzt nach dem typischen Schubladendenken - eine Reihe von Mitmenschen, deren Charakterzüge sich bereit durch den ausgeübten Sport erkennen lassen. Ein einstiger Tankstellenpächter in Bückeburg, dem Fürstendomizil vergangener Tage, formuliert es einmal so: " Die größten Spinner unter meinen Kunden sind Segelflieger, Golfer, Tennisspieler und Jäger,denn die haben allesamt ein Rad ab!". Wohl wahr, wenn ich den Flugzeugabsturz genauer betrachte.
So wird mir die Berichterstattung in dem " Mindener Tageblatt " für immer in Erinnerung bleiben:
Mindener Tageblatt - Flugzeugabsturz im Wiehengebirge: Pilot laut Polizei waghalsig unterwegs
Kommentare