" Dear Mr. Fantasy, play us a tune!" - Was ist eigentlich aus dem einstigen Rock-Giganten Steve Winwood geworden?




Der anhaltende Winter lässt manchmal so manche Gedanken an längst vergangene Zeiten frei. Wenn es draußen schneit und klirrender Frost den warmen Ofen noch ein wenig wärmer fühlen lässt, gibt das wohlige Gefühl. dass einem - nicht unbedingt Winter gewohnten - Norddeutschen im Winter überkommt, auch so einige Erinnerungen an ähnliche Winterjahre wieder aufleben.
Einst, zu den " wilden " Studentenzeiten, in den noch wilderen 70er Jahren, habe ich viele Stunden in vielen Plattenläden verbracht und dort die ungezählten Ständer nach preiswertem Vinyl zu durchforsten.

Neben ungezählten LPs, die ich einst in meinen Händen hielt und ungekauft wieder zurück in die Stellage schob, hatte ich eines Tages auch das Album der Formation " Traffic " in den Händen. Jener Gruppe, die von Steve Winwood und Dave Mason im Jahre 1968 gegründet wurde und zu der auch Jim Capaldi sowie Chris Wood gehörten.
Die LP trägt den Namen " Mr. Fantasy ". Auf dem Cover sind die vier Musiker in greller, poppig farbender Fantasiekleidung zu sehen. Mr. Fantasy eben! Das Cover zeigt somit den damaligen Zeitgeist: Flower - Power - Hippie - Drogen - Freie Liebe!

Als das Album 1968 erschien, ich war im zarten Alter von 15 Jahren,kannte ich zwar die Formation um Steve Winwood durch ihre Single " Paper sun ", " Hole in my shoes ", " Here we go round the mulberry bush " sowie No name, no face, no number ", fand sie zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht so berauschend. Dieses lag wohl zum Einen daran, dass ich ihm - dem guten Stevie - den Weggang von der Spencer Davis Group noch nicht verzeihen konnte, zum Anderen jedoch - und das vor allem -, weil ich mir die 19,-- DM teure LP nicht leisten konnte.

Stevie war einst bei der Spencer Davis Group im Jahre 1963 zusammen mit seinem älteren Bruder Muff eingestiegen. Die Gruppe spielte zunächst in einen bekannten Clubs, ehe sie einen Plattenvertrag erhielt. Als 1965 der Hit " Keep on running " bei Fotana als Single aufgelegt wurde, lag diese schon bald in meinem Plattenkasten. Es war einst ein fetziges Stück, da die Gitarre von Spencer Davis verzerrt eingespielt wird und der Gesang von Stevie schon damals exzellent war. Zudem ist der Rhymtmus so angelegt, dass er nach den damaligen Kriterien als " tanzbar " eingestuft werden musste. Deshalb lag das Stück auch auf jedem Plattenteller bei jeder Fete'von jedem meiner einstigen Bekannten.

Neben dem Welt-Hit " Keep on running ", erschienen weitere, erfolgreiche Single, wie " Gimme'some lovin'" und natürlich " I'm a man ". Letzterer Titel wurde später von der Jazz-Rock- Truppe " Chicago Transit Authority " erfolgreich gecovert.
Musikalisch schien die Gruppe schon bald auf der Stelle zu treten, obwohl dort mit Pete York ein hervorragender Schlagzeuger spielte. Mag sein, dass Stevie, der bereits im blut-jungen Alter von 15 Jahren bei Spencer Davis einstieg, nicht jenen Musik-Box-Stil bei den öffentlichen Auftritten der Formation weiter pflegen wollte, mag aber auch sein, dass es bereits einige Jahre nach der Gründung zwischen ihm und dem Bandleader Spencer Davis zu unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten, ob der weiteren musikalischen Entwicklung der Truppe kam. Stevie verließ jedenfalls 1967 die Spencer Davis Group und gründete zusammen mit den oben benannten Musikern " Traffic ".

Die Gruppe beschritt nun völlig andere musikalische Wege,; weg von den schon bald einfältigen Pop-Hitparaden-Genre, getrieben von der Kreativität des dynamischen Duos Winwood/Mason spielte sie eben 1968 die LP " Mr. Fantasy " ein. Das Album erschien bei " Island " - Records, einem Ableger der Island Def Jam Group, dass ursprünglich als Intependet Label sich der Reggae - Musik verschrieben hatte, jedoch dann in den 70er und 80er Jahren zu den mit federführenden Plattenherstellern ( CD-Herstellern ) aufstieg, weil dort bekannte Musiker unter Vertrag standen.
Und jenes Island - Label produzierte im Jahre 1968 das Album von " Traffic ", dass mir danach für einige Jahre im Verborgenen blieb.

Es muss in den frühen 70er gewesen sein, als ich mir während einer samstäglichen Stippvisite in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover in einem der - einst wie Pilze aus dem Boden schießenden - LP-Läden das " Traffic " - Doppelalbum " Shoot Out at the Fantasy Factory (1974)erwarb. Ein mit Jazz lastigen Live - Stücken zusammen geschnittenes Album, auf dem sich auch der Titelsong eines weiteren " Traffic " - Albums befindet: " The low spark of high heeled boys ". Einem über 15 Miuten ausgedehnten Epos, dass mich gesamt musikalisch zunächst nicht unbedingt vom Hocker riß. Dennoch war der Gesang von Stevie Winwood eine Ohrenweide.

Irgendwann Mitte der 70er kaufte ich mir dann die LP " Mr. fantasy " aus einem Plattenladen in Wilhelmshaven, die nun deutlich billiger war, weil durch die industrielle Massenfertigung der Vinylscheiben und dem Konkurrenzdruck durch Plattenladen-Ketten, wie " 2001 ", " JPC " oder später auch " Saturn ", die einstigen unverbindlichen Verkaufspreise längst in den Keller gepurzelt waren.

Wer auf dem Vinyl-Album " Mr. Fantasy " die Titelfolge sucht, schaut hierzu vergebens hin. Weder im Inlet, noch auf der Cover-Rückseite sind die Stücke aufgeführt. Warum diese Informationen - ob so gewollt oder nicht gewollt - fehlen, wir ebenso das Geheimnis der Formation bleiben, wie der im aufklappbaren Innenteil abgedruckte, handschriftliche Vermerk ( wohl von Stevie ), dass dieses Album einem verstorbenen Bekannten gewidmet wird.
Auf der UK - Ausgabe des Albums, das auch so in den BRD-Plattenläden vertrieben wurde finden sich somit:

  1. "Heaven Is in Your Mind" (Jim Capaldi, Steve Winwood, Chris Wood) – 4:16
  2. "Berkshire Poppies" (Capaldi, Winwood, Wood) – 2:55
  3. "House for Everyone" (Dave Mason) – 2:05
  4. "No Face, No Name, No Number" (Capaldi, Winwood) – 3:35
  5. "Dear Mr. Fantasy" (Capaldi, Winwood, Wood) – 5:44
  6. "Dealer" (Capaldi, Winwood) – 3:34
  7. "Utterly Simple" (Mason) – 3:16
  8. "Coloured Rain" (Capaldi, Winwood, Wood) – 2:43
  9. "Hope I Never Find Me There" (Mason) – 2:12
  10. "Giving to You" (Capaldi, Mason, Winwood, Wood) – 4:20 (album version)

Im Vergleich zu den Live-Stücken der Formation, sind dieses eher Mund gerecht eingespielte 2 bis 5 Minuten - Titel. Immerhin sahen die späteren Bühnenauftritte von " Traffic " doch wesentlich unkommerzieller aus.

Das weitere musikalische Schaffen der Rockformation " Traffic " lässt sich - wegen der zeitlichen Überschaubarkeit - relativ kurz skizzieren:

Nach der Gründung im Jahre 1967 veröffentlichte die Gruppe folgende Vinyl-Scheiben:

  • 1968: Mr. Fantasy
  • 1968: Traffic
  • 1969: Last exit (Mit Live-Aufnahmen)
  • 1970: John Barleycorn must die
  • 1971: The low Spark of high heeled Boys
  • 1973: Shoot out at the Fantasy Factory
  • 1974: When the Eagle flies
  • 1994: Far from Home

Konzertalben

  • 1971: Welcome to the Canteen
  • 1973: On the Road
  • 2005: Last Great Traffic Jam

Raritäten und Kompilationen

  • 1968: Here we go round the Mulberry Bush

Singlescheiben:

  1. ""Paper Sun" b/w "Giving to You""
    Released: May 1967, Island WIP6002
  2. ""Hole in My Shoe" b/w "Smiling Phases""
    Released: August 1967, Island WIP6017
  3. ""Here We Go Round the Mulberry Bush" b/w "Coloured Rain""
    Released: November 1967, Island WIP6025
  4. ""No Face, No Name, No Number" b/w "(Roamin' in the Gloamin' with) 40,000 Headmen""
    Released: 1968, Island WIP6030
Nach ihrer ersten Auflösung im Anschluss an eine USA-Tournee 1968 / 1969 spielte Stevie zusammen mit Ginger Baker ( Schlagzeug ), Rick Grech ( Bass ) und Eric Clapton ( Gitarre ) bei der als " Supergroup " kommerziell hoch stilisierten Formation " Blind Faith ".
Die 1969 von dem Produzenten Robert Stingwood ( der u.a. auch die Bee Gees später unter Vertrag nahm ) ins Leben gerufene Band legte, während ihrer nur sehr kurzen Existenz, nur ein Album vor, dass jedoch in vielfacher hInsicht für Furore sorgte. Bei Wikipedi heisst es hierzu:


" Das einzige, vielfach goldprämierte Album der Band, Blind Faith (August 1969), zeigt auf dem Cover ein 11-jähriges Mädchen mit nacktem Oberkörper und einem metallischen Flugzeugmodell in der Hand, was speziell im prüden Amerika als Phallussymbol gedeutet wurde und für Aufsehen sorgte. Für das Cover der amerikanischen Ausgabe wurde daher stattdessen ein neutrales Foto der Band verwendet. Die Original-Version des Albums weist nur sechs Musikstücke auf, davon fünf Eigenkompositionen. Der sechste Titel (Track 3 auf der CD) ist eine Coverversion des Buddy-Holly-Klassikers Well… All Right, welcher sich durch eine außergewöhnliche Coda in Form eines bluesrock-orientierten Piano-Solos von Steve Winwood auszeichnet. Weiterhin herausragend ist das 15-minütige, von vielschichtiger Offbeat-Rhythmik im Fünf-Viertel-Takt geprägte Do What You Like, mit einem diffizilen Schlagzeug-Solo von Ginger Baker. 2001 erschien eine erweiterte De Luxe Edition des Albums, das neben Outtakes auch vier jeweils rund 15-minütige Jams enthält. Ferner sind als Bootlegs weitere Outtakes sowie Mitschnitte von diversen Konzerten erschienen.

Das Album erreichte sowohl in Großbritannien als auch in den USA Platz 1 und hielt sich in den US-Charts 37 Wochen unter den Top 100. Es gilt in der Rockmusik-Szene auf Grund der gelungenen Synthese von Blues, Rock und Pop nach wie vor als Meilenstein des progressiven britischen Blues-Rock. "

Nach der schnellen Auflösung der Gruppe " Blind Faith " startete Stevie einen erneuten Versuch mit " raffic ", bereitete aber bereits sein musikalischen Schaffen als Solist vor. Folglich beendete Stevie sein Engagement bei " Traffic " im Jahre 1974 und veröffentlichte kurz danach sein ersten Solo-Album.

Bisher wurden unter seinem Namen folgende Alben verlegt:


Studioalben

  • 1977: Steve Winwood
  • 1980: Arc Of A Diver
  • 1982: Talking Back To The Night
  • 1986: Back In The High Life
  • 1988: Roll With It
  • 1990: Refugees Of The Heart
  • 1997: Junction Seven
  • 2003: About Time
  • 2008: Nine Lives

Kompilationen

  • 1987: Chronicles
  • 1991: Keep On Running
  • 1996: The Finer Things
  • 2003: Well All Right
Das Stevie nicht nur ein musikalisches Naturtalent, ein eben begnadeter Songschreiber und hoch angesehener Studiomusiker ist, hat er im Verlauf seiner über 55 jährigen Karriere nicht nur einmal bewiesen.
Wenn Musik über alle Grenzen hinweg verbindend wirkt, dass ist Stevie Winwood einer ihrer größten Exponenten.

Als ich kürzlich " Mr. Fantasy " auf dem Plattenteller abspielte, waren sie wieder da, jene Erinnerungen an meine wilde 70er Jahre - Zeit. Das Album ist für mich jedoch - wie so viele andere Platten aus jener Epoche auch - völlig zeitlos. Exzellente Musik kennt eben kein Verfalldatum, wie es auf den meisten Tonträgern aus den Jahre und Jahrzehnten danach,bereits eingestanzt wurde.
Lieder dieser Güte sind auch im Rentenalter noch hörbar.

Nun, von der einstigen, der ursprünglichen " Traffic " - Formation sind nur noch Chris Mason, der ebenfalls ein Solisten-dasein führt und eben Stevie übrig geblieben. Chris Wood verstarb bereits 1983, wenige Tage nach seinem 39. Geburtstag am 12. Juli in seiner Heimatstadt Birmingham/England. Jim Capaldi folgte ihm am 28. Januar 2006 im Alter von nur 61 Jahren. Eine Reunion von " Traffic " wird es in der Urformation somit definitiv nie wieder geben - schade!

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
19 Dm für ne Platte, das waren noch Preise. ;o)

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