Quo vadis, graecia?



Das Jahr der Griechen ist noch längst nicht vorbei. Nein, es wird nun erst wieder beginnen. Da hat doch der griechische Ministerpräsident Papandreou in einer völlig überraschenden Rede vor dem Athener Parlament angekündigt, dass das griechische Volk, als Souverän, nun über die von der EU eingeleiteten Schuldenbekämpfungsmaßnahmen in einer Volksabstimmung befinden soll.

Das ist mutig!
Aber nicht populär!

Schon meckern die beiden Eurokraten "Angela " und " Nicos " als vermeintliche Führer der Griechenland - Task Force wegen des Referendums dort an "Papa" Giorgos herum. Beide - via Hotline immer erreichbar - fragten sich, ihr Kabinett und die Öffentlichkeit, was es denn nun mit dem so genannten Volksentscheid auf sich habe. Die Frage ist berechtigt, weil sie nämlich zeigt, dass die beiden Führungspersönlichkeiten den Begriff "Demokratie", wie ein Gummiband ziehen, wenn es um die Durchsetzung eigener Belange geht.

" Sarko" ist im eigenen Lande nicht mehr ohne ernsthaften Konkurrenten um die Macht im Elysee Palast, seit sich die französischen Sozialisten endlich über einen halbwegs charismatischen Kandidaten einigen konnten. Francois Hollande (57)ist kürzlich zum Präsidentschaftsanwärter gekürt worden; und dieses in einer öffentliche Wahl, zu dem jeder berechtigte Franzose sein Votum abgegeben konnte. Dieser Modus kommt bei den Nachbarn gut an. Deshalb verwundert es auch nicht, dass der Sozialist Hollande schon jetzt mit einem satten Vorsprung vor dem Amtsinhaber in der Gunst der Wähler liegt.
Sarkozy muss somit um seiner Wiederwahl im kommenden Jahr bangen.

Er ist bestrebt, den verloren gegangen Boden gegenüber dem Sozialisten Hollande wieder gut zu machen. Hierzu benötigt er sichtbare innen - sowie außenpolitische Erfolge. Die Bekämpfung der Finanzkrise wäre deshalb ein Betätigungsfeld, auf dem er punkten könnte. Wenn, ja wenn die eiligst verabschiedeten Maßnahmen überhaupt noch greifen.

Das hofft natürlich auch unsere " Angie ", die sich in der Beliebtheitskala, die " Der SPIEGEL " in seinen Ausgaben monatlich veröffentlicht, auf Talfahrt befindet. Abgeschlagen von ihrem Parteifreund Wulff, den sie selbst in einer Art Handstreich auf den Posten des Bundespräsidenten abgeschoben hat, und weit hinter Steinmeier und Steinbrück liegend, quält sich Merkel durch das politische Alltagsgeschäft. Auch sie muss Erfolge vorweisen, sonst wird es ihre letzte Legislaturperiode als Bundeskanzlerin - wenn sie bis zum Jahr 2013 überhaupt dieses Amt ausüben darf , denn ihr Koalitionspartner schwächelt seit Anfang 2011 gewaltig - sein. Selbst wenn sie die Finanzkrise heil übersteht, ist es sehr ungewiss, ob sie erneut zur Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl 2013 ernannt wird.

Die Kritik an ihrer politischen Führung erschöpft sich nicht nur außerhalb der CDU/CSU,sondern Merkel hat auch eine starke Gruppe von parteiinternen Gegnern. Bosbach gehört dazu. Er hat zumindest ansatzweise gezeigt, dass er sich nicht als reiner Abnicker des Regierungskurses verstanden haben möchte. Allerdings ist - jenseits des imperativen Mandats - für solche Abgeordnete wenig Handlungs - und Gestaltungsspielraum, denn der übermächtige Fraktionszwang legt sich auf jeden CDU/CSU-Parlamentarier, wie Staub auf den Glastisch. Er wird deshalb dann sichtbar, wenn es um Abstimmungen geht. So war es auch in der EU-Euro-Griechenlandfrage. Bosbach wollte nicht, hatte einige Abtrünnige um sich gescharrt und wurde klassisch angeknockt. Nicht von dem überforderten CDU - Mann Pofalla, der sich wohl aus Nibelungentreu zu Merkel, bei seinem Frontalangriff auf Bosbach vergaloppiert hat.

Merkel muss mit solchen innenpolitischen Eiertänzen leben. Zudem wird der bayrische Ministerpräsident Seehofer nicht müde werden, die eigenen Belange bei wichtigen politischen Weichenstellungen immer in der Vordergrund zu stellen, um so ebenfalls Druck auf die Kanzlerin auszuüben. Besonders prekär an der derzeitigen Situation ist jedoch, dass sich der liberale Koalitionspartner als völlig unfähig zum Regieren zeigt, deshalb bei den vorgängigen Landtagswahlen abgestraft wurde und sich sukzessive als Partei pulverisiert wird.

Erfolge müssen her, damit "Sarko" und "Angie" in ihren Ländern wieder öffentliche Anerkennung erhalten und überhaupt eine Chance auf die angestrebte Wiederwahl bekommen können. Diese Möglichkeit reduziert sich indes, weil die griechischen Katastrophenmeldungen nicht abreißen. Der kranke Mann an der Ägäis ist mittlerweile zum Komapatienten mutiert und wird - wenn das geplante Referendum keine Mehrheit für das mit Merkel/Sarkozy festgezurrte Sparpaket erhält - bezogen auf die Gemeinschaftswährung zum Palliativpatienten.
Deshalb mehren sich die Stimmen, die für eine Aufgabe des griechischen Eurozonen-Mitglieds aussprechen. Getreu dem Motto: Lieber eine Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!

Während sich zum G 20 - Gipfel in Cannes die Damen und Herren dieser - angeblich besseren - Welt treffen, um über die vielen ungelösten Probleme zu palavern, hatten "Angie" und "Sarko" bereits eine zusätzliche Spätschicht eingelegt. Sichtlich zerknirscht und deshalb in der Wortwahl wenig zimperlich gaben sie dem zwar anwesenden, jedoch im Nebenraum wartenden Griechen Papandreou mit auf den Weg, dass es vorerst keine weiteren Milliarden aus dem Billionen-Topf der Gemeinschaft gibt, sondern die auszuzahlenden Tranche von 8 Milliarden Euro erst nach der Volksabstimmung erfolgen werde. Gut gebrüllt Löwen!

Den Griechen indes ficht das wenig an. Er bleibt stur, verweist auf die Souveränität eines jeden Mitgliedsstaates und auf das hoch heiligste Konstrukt aller zivilisierten Völker dieser Erde: die Demokratie.
Gut gekontert, Helene!
Wie war das noch gleich?
Demos= das Volk;
Kratie= die Herrschft.
Das liegt den Griechen zwar nicht mehr im Blut, aber zumindest - wenn auch in verschwinden geringen Teilen - in den Genen.

Δημοκρατία, von δῆμος ( demos ), =  "Volk “, und κρατία [kratía], „Herrschaft“
mag zwar längst ein Relikt aus der Zeit des einst einflussreichen Volkes an der Ägäis sein, dass seine kriegerischen Gelüste schon damals dazu verwandte, um den eigenen Wohlstand zu mehren, aber dabei die Erlesenen aus den eigenen Reihen nur so lange gewähren ließ, wie es ihnen selbst nutzte. Das jetzige Plebeszit wird also zeigen, ob das vereuropäisierte Fußvolk im Staat mit den vielen Inseln, den süßen Weintrauben und dem süffigen Wein, überhaupt eine bevormundende Rettung durch Europa möchte.
Lehnt es dieser per Referendum mehrheitlich ab, gibt es kein weiteres Geld mehr aus Brüssel. Es droht die Abkoppelung und / oder der Ausschluss aus der europäischen Wirtschafts - und Währungsunion.

Dann stellt sich mehr denn je die Frage: " Quo vadis, graecia? "

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