Ordensrepublik.


 Auf der Suche nach zwei Clips, die ich für einen Großbrief, der als Warensendung auf die Reise geschickt werden sollte, benötigte, durch wühlte ich ein Behältnis mit Büroklammern. Tatsächlich fanden sich die beiden heiß begehrten Metallteilchen unter einer Unzahl von bunten Büroklammern. Eher zufällig geriet mir aber noch ein weiteres, metallisches Teil in die Finger, dass mir als mit der Geschichte der einstigen DDR wohl bekannt ist, was ich jedoch im Original jedoch zu jenen DDR-Zeiten nie gesehen hatte: ein DDR-Orden. oder besser wohl: ein Ehrenzeichen.
Neugierig, wie ich nun auch bin, befragte ich meine favorisierte Informationsquelle Wikipedia nach der Bedeutung jenes Findlings, den ich nach länger Zeit wieder gefunden hatte:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Orden_und_Ehrenzeichen_%28DDR%29

Nach meinen Berechnungen gab es bis zum Abgesang der Deutsche Demokratische Republik 377 verscheidene Auszeichnungen für sich verdient gemachte DDR-BürgerInnen. Das ist immens. Bedenkt der kritische Beobachter, dass es sichmit einst 16,674 Millionen Einwohnern um ein relativ kleines Land handelte.
So hätte es denn - rein theoretisch - sein können, dass jede(r) DDR-Bürger/in einmal in den Genuss kommen konnte, ein solches Ehrenzeichen aus gelobter Hand eines Vertreters der SED zu erhalten. Leider war es aber - wie im übrigen Leben immer - auch hier so, dass einige viele Abzeichen bzw. Auszeichnungen erhielten und andere kein einziges dieser Symbolmarken.
Vielleicht legte die Mehrzahl auch gar keinen Wert auf jenes Brimborium, dass mit der Vergabe jener Ehrenzeichen gemacht wurrde.

Nun lag es da, des Ehrenzeichen. Es fühlte sich auf seiner geschützten Oberfläche wie Glas an. Tatsächlich ist es wohl Plaste, die dort verwendet worden war. Die einstige DDR-Flagge als nahezu flächendeckender Aufdruck wird seitlich jeweils mit vergoldeten Ährenzeichen und unterhalb mit den Jahreszahlen 1971 bis 1975 eingefasst. Schön kitschig und bedeutungsvoll.Und während ich mir das gefundene Ehrenzeichen noch in unter der Lupe und der Kaltlichtlampe betrachte, kommt mir der Gedanke, noch intensiv in die Liste der einstigen DDR-Auszeichnungen zu schauen. Bei einigen Bezeichnungen kommt mir ein breites Grinsen. Was es da nicht alles an Arbeits - Kampf - und Planerfüllungsauszeichnungen gab.
Da war der " Aktivist der sozialistische Arbeit ", das " Banner der Arbeit " oder auch das Ehrenzeichen " Verdienter Jurist der Deutsche Demokratische Republik ". Von der letzteren Auszeichnung sind garantiert nur wenige vergeben worden und die Möglichkeit, dass es zu einer solchen Ehrung kam, waren nahezu bei 100 %, denn wer Jurist in der DDR sein durfte, war Parteimitglied und linientreu.

Mal ganz ehrlich gesagt: Mir wären Bananen damals auch lieber gewesen als so ein Blechteil.

Kommentare

til_o. hat gesagt…
Das jeder Jurist in der DDR Mitglied in der SED war, wage ich zu bezweifeln. Von Linientreue ganz zu schweigen. Mit den entsprechenden fachlichen Leistungen ging es auch ohne. Aber die hatte eben nicht jeder. Dann mußte das Parteibuch herhalten. Welches – CDU, LDPD, NDPD, SED oder CDU war egal. Es ging aber auch ganz ohne. So viele linientreue Genossen hätte selbst die SED nicht ertragen. *g*
Lobster53 hat gesagt…
Gut,Til, der Begriff " linientreu" ließe sich auch heute noch wie Kaugummi ziehen. Grundsätzlich wurden die wenigen ca. 530 Rechtsanwälte, die die DDR-Führung erlaubte, gegängelt und geknebelt. Sie waren - wie es Wiki prima formuliert - ein Fremdkörper. Das DDR-Rechtssystem war eben ein Spiegelbild der staatlichen Einmischung in sämtliche Lebensbereiche des Bürgers. Ähnlich wie in der BRD auch, war deshlb die Parteibuch-Karriere auch hier gang und gäbe. Ich behaupte deshalb, dass kein Jurist mit der dem Menschen immanenten Versuchung, auf Kosten anderer sich Vorteile zu verschaffen, dieses zu DDR-Zeiten ohne SED-Mitgleidschaft hätte umsetzen können.
http://de.wikipedia.org/wiki/DDR-Justiz#Rechtsanw.C3.A4lte
til_o. hat gesagt…
Ein gewisses Beziehungsgeflecht fand parteiübergreifend statt. So ganz als Frontsoldaten begriffen sich weder Partei- noch Kirchenmitglieder. Zumindest in kleineren Städten und Gemeinden musste man miteinander auskommen und da wusch oft eine Hand die andere. Man kannte sich seit der Kindheit, verfügte über den selben Intelligenz- und Bildungsgrad so das weltanschauliche Dinge in den Hintergrund rückten. Das soziale Gefüge war auch ein völlig anderes als in der real existierenden BRD.
Außerdem war der Beruf des Rechtsanwaltes trotz des relativ hohen Einkommens keine Goldgrube. Man hatte zwar Geld, konnte aber faktisch nicht viel damit anfangen. Um sich da in der DDR bereichern zu können, mußte man schon ganz oben angesiedelt sein. Das ging sicher nicht ohne ein Parteibuch. Da gebe ich dir recht. Aber sonst sah es für den Juristen mau aus. Hier und da ein Grundstück von einem DDR-Flüchtling ergattern – mehr war da nicht drin. Aber selbst das mußte bezahlt und vor allem instand gehalten werden werden. Da gab es parteiübergreifend ganz andere, die da eher zum Zug kamen. Die möglichen Beutezüge waren im Vergleich zur großen weiten Welt auch eher lächerlich. Was blieb, war der alltägliche Klüngel zwischen Rat des Kreises, Wohnraumlenkung, der private Handwerker usw. bzw. der kulturelle Bildungsadel der sich ökumenisch unter der Hand einiges zuschob. Aber das waren keine Vorteile im heutigen Sinne, sondern ein Satz Winterreifen. Dafür brauchte man kein Parteibuch, sondern einen gewissen Einfluß beruflicher oder gesellschaftlicher Natur. Da wurde im Ersatzteillager Kommunalpolitik betrieben und nicht wie heute in Anwaltskanzleien oder Kirchenstuben. Wer da nicht mitschieben und mitklüngeln durfte hatte schlicht nichts zu bieten und darf sich zu recht als gegängelt und geknebelt betrachten.
Octapolis hat gesagt…
Bananen vs. Orden...
Ne Banane am Kragen sah aber schon damals albern aus. Dann lieber was aus Blech! ;o)

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