Unter Verdacht: Wie ein Kriminalfernsehfilm das Elend der europäischen Asylpolitik entlarvt.



Der öffentlich-rechtliche Sender "ARTE", der ja bekanntlich zusammen mit Frankreich betrieben wird, hatte am Freitag, den 04.11. 2011 ein brisantes Thema innerhalb der ZDF-Serie " Unter Verdacht " angerissen: die Flüchtlings - und Asylpolitik der EU. Dieses Problem ist in der BRD längst keines mehr, denn seit der vielfachen Verschärfung des Asylrechts ab Mitte der 80er Jahre, hat ein Asylbewerber kaum eine Chance, mit seinem Antrag bei Gerichten Gehör zu finden. Längst sind die Rechte der Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen, in einem der wohlhabendsten Staaten der Erde einen Aufenthalt begehren, derart stark beschnitten, dass ein Lotto-Sechser eher wahrscheinlich wird, denn die Anerkennung eines Asylbewerbers als politischer Flüchtling.

Das war nicht immer so. Nach dem Zusammenbruch des III. Reichs hat die 1949 gegründete BRD sich der eigenen Bürger erinnert, die im Ausland einst wegen der Verfolgung durch die Faschisten einen vorübergehend Unterschlupf fanden. Im Grundgesetz wurde mit Artikel 16 einer der großzügigsten Asylrechtsregelung kodifiziert. Dass sie sich über 30 Jahre als praktikabel erwies, lag nicht daran, dass es keine Asylbewerber gab, sonder war den einstigen politischen Umständen geschuldet. Wer aus einem Staat kam, in dem Krieg und Verfolgung herrschte, konnte sich zudem nicht einfach in ein Transportmittel setzen, um in die BRD zu gelangen, sondern musste hierzu enorme Strapazen auf sich nehmen. Zudem war eine Einreise über die damaligen Grenzstaaten, wie die Tschechoslowakei und die DDR  nahezu unmöglich.

Die Asylverfahren waren noch bis zu Beginn der 80er Jahre langwierig. Einem Antrag folgte eine Prüfung durch die örtlich zuständige Behörde, die der landeseigenen Innenbehörde unterstellt war. Lehnte diese den Antrag ab, hatte der Asylbewerber die Möglichkeit des Widerspruch, der von der Innenbehörde geprüft und beschieden wurde. Hiergegen war eine Klage bei dem zuständigen Verwaltungsgericht als nächster Schritt vorgesehen. Gegen dessen Entscheidung konnte das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. In Ausnahmefällen war sogar eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht möglich.

Es vergingen somit Jahre, ehe über einen Asylantrag entscheiden wurde. Mit der Beschneidung der verfahrensrechtlichen Schritte ab der 80er Jahre, sollte das Prozedere erheblich verkürzt werden. Was jedoch nur zum Teil gelang, denn all zu häufig ordneten Verwaltungsgerichte einen so genannten Abschiebestopp an. Wer aus Kriegsgebiten kam, wie Afghanistan, aus Diktaturen, wie den Iran oder den Irak sowie wegen seines Glaubens oder der ethnischen Herkunft nachweislich verfolgt wurde, durfte in der Regel nicht abgeschobenw erden, wenn er in seinem Heimatland einer akuten Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt war.
Hinter diesem schwulstigen Fachvokabular verbarg sich das Interesse der BRD auf internationalem Parkett nicht als inhumaner Staat gebrandmarkt zu werden, der Flüchtlinge wieder abschob.

Auch diese Ära ist bereits mehr als 25 Jahre her. Nach der Wende und dem Zusammenbruch des so genannten Ostblock, wurden die Asylgesetze ständig verschärft. Es zeigte sich, dass aus den einstigen Sozialistischen Staaten Zehntausende in die BRD einreisten, um hier - eher aus wirtschaftlichen Gründen - einen Aufenthalt zu bekommen. Das war vom Grundgesetz her zwar so nicht vorgesehen, führt aber zunächst zu einer riesigen Aufblähung bei den zuständigen Behörden. In den Hochzeiten der Flüchtlingswellen, nämlich zu Beginn der 90er, wurden zeitweise über 440.000 Asylbewerber registriert.

Die Stimmung in der Bevölkerung, vor allem in den Neuen Bundesländern, gegenüber den Ausländern schlug alsbald in Hass und Gewalt um. Rostock-Lichtenhagen ist hierfür ein unrühmliches Beispiel.
Die Kohl-Regierung veränderte die Asylvorschriften erneut und pflanzte dem Grundgesetz den Artikel 16a ein. Danach erhält kein Asyl, wer aus einem sicheren Drittstaat in die BRD einreist. Ein wirksamer Einschnitt in das Asylrecht, das von Kritikern zudem als nicht mehr zeitgemäß angesehen wurde.

Nach den radikalen Veränderungen in den Verfahrensvorschriften sank die Zahl der Asylbewerber auf nahezu um die Hälfte und schrumpfte von Jahr zu Jahr. Im Jahre 2010 entsprach diese nur einem Zehntel der Zahl von 1993.
Gründe hierfür sind die Aufnahme von Staaten wie Tschechien, Slowenien und Rumänien in die EU, womit sich die Grenzen und deren Kontrolle durch eben jene Länder veränderten. Ebenso konnten die einstigen Krisen - und Kriegsgebiete, wie das damalige Jugoslawien befriedet werden.

Anderseits kamen neue Kriegsgebiete hinzu. Insbesondere jene in Afrika und hier vornehmlich in Nordafrika.

Der Krimi, der mit dem Titel "Eine elegante Lösung ", eben jenes Flüchtlingselend in Form einer ansich eher langweiligen Ermittlungsgeschichte, zeigen wollte, spielte vornehmlich in Italien. genauer gesagt: Es war wohl auf Lampedusa, jener vorgeschobenen Insel, deren Probleme mit afrikanischen Bootsflüchtlingen seit einigen Jahren durch die Medien geistern. Immer wieder berichteten die hiesigen Rundfunk - und Fernsehanstalten von menschenunwürdigen Zuständen in dem dortigen Lager.
Gerade die oft nur halb herzig kritisierten Zustände kamen in dem Film, der die charismatische Senta Berger als Kriminalrätin Dr. Eva-Maria Prohacek zusammen mit den Kollegen Langer wegen eines mysteriösen Todes eines deutschen Beamten auf einem Patrouillenschnellboot der italienischen Polizei ermitteln lässt, offen zu Tage. Die libyschen Flüchtlinge mussten hinter Stacheldraht auf einem verrosteten Schiffswrack campieren. Dort waren sie den Perversionen und der Willkür ihrer Bewacher ausgesetzt. Asylrecht in Europa im Jahre 2011 bedeutete, dass Flüchtlinge eben rechtlos sind. Aber nicht nur in Italien!

Die Ermittlungen zogen sich denn eher wie Kaugummi durch die 90 Minuten. Dafür durfte der Fernsehzuschauer miterleben, wie ein arrogantes Arschloch von einem Italiener in Uniform in seiner Eigenschaft als Kapitän der Patrouillenbootes seine gesamte Kraft darin verwandt, die laschen Ermittlungen auch noch zu torpedieren. Ob der deutsche Beamte nun durch einen Unfall starb oder - wie von Dr. Prohacek richtig vermutet - von einem Kameraden getötet wurde, war nicht wirklich interessant.
Viel wichtiger für den Zuschauer sollte der gut umgesetzte Anspruch auf Realitätsbezug zu einem längst von den Massenmedien ignorierten Problem sein, dass sich Einhaltung oder besser Nichteinhaltung der Genfer Menschenrechtskonventionen heißt.
Angeprangert werden aber nicht nur die Italiener mit ihren rechtswidrigen Methoden zur Abwehr der afrikanischen Bootsflüchtlinge sondern auch die Bundesdeutschen, die sich indirekt an den Straftaten beteiligen, weil sie die Italiener finanziell unterstützen.

Wie formulierte es der farbige Afrikaner gegenüber der Kriminalrätin Prohacek zutreffend: " Wir machen hier die Drecksarbeit, damit ihr in Deutschland eure Ruhe habt!"

Dem ist rein gar nichts hinzuzufügen!





 
 

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