Die Frau mit dem Engelsgesicht, der Kranzfrisur und dem Millionenvermögen im Ausland.
Wenn in einigen Tagen die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine angepfiffen wird, wenn der König unter den ungezählten Sportarten wieder sein Zepter schwingt, wenn Millionen vor den Fernsehschirmen sitzen werden, dann informieren die Sportredaktionen der Öffentlich Rechtlichen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch über den aktuellen Justizfall Julija Tymoschenko, die ihre siebenjährige Haft absitzt, die zuvor wegen der Haftbedingungen und einer Erkrankung in einen Hungerstreik getreten war und die diese Strafe nun in der
Frauenstrafanstalt Nr. 54 Katschanowka (Качановская исправительная колония № 54) im Norden der ostukrainischen Stadt Charkiw (Rajon Komintern) verbüsst.
Tymoschenko, geboren am 27. November 1960 in Dnipropetrowsk ist nicht unumstritten. Bereits nach ihrem Studium der Wirtschaftskybernetik eröffnete sie zusammen mit ihrem Mann in einem Hinterhof der ukrainischen Industriemetropole eine Viedeothek, da der damalige sowjetische Ministerpräsident Gorbatschow im Rahmen der Perestrojka mehr Privatinitiative in der Wirtschaft erlaubte. nach dem Zerfall der UdSSR stieg ihre Familie in das Kraftstoffgeschäft ein und kam hierüber in den Gas - und Stromhandel, der ihr ein enormes Vermögen erbrachte. Mitte der 90er wandte sie sich zudem der Politik zu.
Die schöne Julija macht auch hier alsbald Karriere. Sitzt aber auch 42 Tage in einer der abgewrackten Untersuchungshaftanstalten, weil sie " Schmuggel " und Urkundenfälschung begangen haben soll. Dieses im Zusammenhang mit ihren Verbindungen zu dem einstigen ukrainischen Ministerpräsidenten Lazarenko, der wieder in den USA wegen " Geldwäsche " einsitzt. Die erhobenen Vorwürfe konnten jedoch nicht konkretisiert werden und so kam Frau Tymoschenko wieder auf Freien Fuß. Vorerst!
Die weitere Biographie der bald mit Engelsgesicht und historischer Kranzfrisur auftretenden Julija Tymoschenko ist bekannt. Sie avancierte zur " Heldin " der " Orangen Revolution " und bootete dabei den von einem Dioxin-Anschlag im Gesicht entstellten Wiktor Juschtschenko aus.
Das kongeniale Duo Tymoschenko / Juschtscheko krempelte dann im eiskalten Winter 2004 / 2005 die Ukraine um. Nicht ökonomisch, sondern von der moralischen, der humanistischen Seite aus betrachtet. Sie traten an, um die jahrzehntelang andauernde Vetternwirtschaft zu bekämpfen. Das Volk, dass ohnehin nach dem Zusammenbruch der UdSSR und den Umwälzungen in dem einstigen Riesenreich, welches seine vormaligen Republiken zwar in die Selbständigkeit entließ, sie jedoch auch wirkliches tragfähiges Fundament quasi abschob, noch mehr darben musste als zuvor, traute Tymoschenko die Umsetzung der Ziele jener " Orangenen Revolution " zu. Zwar blieb zunächst Jutschtschenko nach vielen Zwistigkeiten mit der Revolutionärin in Orange allein zurück; Tymoschenko indes blieb kämpferisch und wurde 2007 Regierungschefin.
Das endgültige Aus für die eloquente Dame folgte 2010 als sie nach der verloren Wahl abgehen musste; selbst zur Banditin abgestempelt, wanderte sie danach in Untersuchungshaft. Der Vorwurf lautete auf Veruntreuung von Staatsgeldern. Angeblich soll sie dafür verantwortlich sein, dass ein ungünstiger Gaslieferungsvertrag mit Rußland, dessen Verhandlungsführer damals der Ministerpräsident Putin war, zustande kam. Zusätzlich wurde Tymoschenko zu einer Schadenersatzzahlung von 140 Millionen Euro verurteilt.
Das Ringen zwischen der einstigen Revolutionsführerin Tymoschenko und dem jetzigen Staatspräsidenten Janukowitsch geht indes in weitere Runden. Während die 51jähige Inhaftierte über die Medien ihren Widersachen bekämpft, sammelte dieser auf der juristischen Ebene die Fakten und Indizien für Folgeanklagen geht sie. Ein unwürdiges Schauspiel , dass weder dem bettelarmen Land nach außen hin viel Nutzen erbringt, noch innere Stabilität verspricht. So schießt sich die westliche Presse mit ihren großmäuligen " Revolverblättern " auf den Fall Tymoschenko bereits vor der EM 2012 im eigenen Land ein und fordert sogar zu einem Boykott des Turniers auf. Was für eine Heuchelei. Denn einerseits werden viele Hundert Millionen Euro durch das Ereignis verdient, während andererseits die ökonomischen Zustände im Gastgeberland Ukraine nicht einmal am Rande zur Sprache kommen, sondern lediglich ein angeblicher Justizskandal hoch gejazzt werden soll.
Tymoschenko muss aber tatsächlich kaum um ihr Leben fürchten, wenn sie weiterhin in Untersuchungshaft verbleibt. In Lebensgefahr hat sie sich selbst gebracht, nämlich durch einen publicity-trächtig inszenierten Hungerstreik, mit dem sie auf ihren gesundheitlich angeschlagenen Zustand hinweisen wollte. Für eine Mehrfach-Millionärin wäre es doch aber ein Leichtes, über eigene Beziehungen an eine ausreichende ärztliche Betreuung zu gelangen. Oder steckt dahinter eine völlig andere Absicht?
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