Leonard Cohen´s " Bird on a Wire ". Ein Streifzug durch die friedvollere Seite der " Wilden 60er Jahre ".



 Einst sangen die, ihren eigenen Weltschmerz verarbeitenden, zumeist jüngeren Menschen der öffentlich aufbegehrenden Generationsteile 16 bis 26 Plus, nahezu inbrünstig die Lieder eines Texters, Komponisten und Musikers mit dem Namen Leonard Cohen nach. Cohen selbst war zu diesem Zeitpunkt längst aus dem Alter eines, sich noch selbst findenden Menschen heraus gewachsen.
Er strebte eigentlich den Beruf des Schriftstellers an, was ihn als Singer - Songwriter natürlich nicht abqualifiziert. Ganz im Gegenteil. Dass am Ende der bewegten 1960er Jahre ganze Heerscharen seine melancholischen Lieder mit sangen oder auf der Klampfe spielen konnten, spricht wohl eher für die Qualität seiner Veröffentlichungen.

 http://de.wikipedia.org/wiki/Leonard_Cohen

Am Samstag ab 21.00 Uhr sendete nun 3sat eine Filmdokumentation über eine von Cohen 1972 bis 1973 absolvierte Europa - und Welttournee.
Diese Dokumentation mit dem deutschsprachigen Titel:  "Leonard Cohen: Bird on a Wire" zeigt den Künstler nahezu ungeschminkt. Die Kamera begleitet Cohen und seine Band während jener Tournee - hinter der Bühne, auf der Bühne und im Tourbus. Dokumentiert werden zudem Begegnungen mit Fans und Prominenten. In Deutschland traf er unter anderen Elke Sommer und Udo Jürgens. Weil Leonard Cohen im Tourbus unterwegs war, werden auch die anderen, die anstrengenden Seiten des einstigen Musikerdaseins gezeigt.  Der britische Filmemacher Tony Palmer begleitete Leonard Cohen ab 1972 auf seiner Welttournee und produzierte aus dem gedrehten Material einen Film über die Tour, die in Dublin begann und in Jerusalem endete. Zunächst sollte es ursprünglich ein reiner Promotion-Film für Leonard Cohen werden, dessen Plattenverkäufe zu diesem Zeitpunkt eher als gering einzustufen waren, denn der musikalische Zeitgeist wehte die Klänge verzerrter Gitarren, riesiger Lautsprechertürme und elektronischer Hilfsmittel herüber. Die Fans der leisen Töne, wie sie zum Ende der 1960er Jahre noch in Form der Flower - Power - Bewegung sich zeigten, waren längst auf dem Rückzug. Leonard Cohen zählte zwar nicht direkt zu jener Musikrichtung, kam jedoch ihnen näher, als beispielsweise Hardrock - Formationen wie Deep Purple, Black Sabbath oder Ten Years After.

Dennoch schaffte es Leonard Cohen später über seine Songs, nahezu eine ganze Generation zu bewegen. Ob nun "Suzanne", ", " So long, Marianne " oder " Sister of mercy " aus seinem ersten Album mit dem Titel " Songs of Leonard Cohen ", dass 1968 veröffentlicht wurde, verdeutlichen den einst gepflegten Musikstil des Künstlers. Er ist in den meisten Stücken nur von seiner Gitarre begleitet zu hören. Eine wehmütig, ja wimmernde Stimme, die anspruchsvolle Texte singt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Songs_of_Leonard_Cohen


Als er 1 Jahre das Album " Songs from a Room " eingespielt hatte, war er als Musiker nur mäßig bekannt; wenngleich auch diese Stücke durch ihren poetischen Grundanstrich intellektuell weit über dem Niveau der sonstigen Liedtexte von einst einzustufen sind. Cohen traf auch hier nicht unbedingt den Geschmack der Mehrheit von Musikkonsumenten.




Das dritte Album " Death of a Ladie´s Man " war zwar unter den mittlerweile zahlreichen Cohen - Fans als eher enttäuschend eingeordnete worden, dennoch nahmen ihm seine Anhänger den zeitweiligen Abstecher in das benachbarte Genre von Rock und Jazz nicht zu sehr übel, denn zu seiner anschließenden Tournee spielte er vor nahezu ausverkauften Häusern.




Der Filmemacher Palmer fing eben diese Tour ein. Mit der Sichtweise eines sie begleitenden Außenstehenden. Der jetzt gezeigte Film gibt die beinahe 2 Jahre so wieder, wie jene Konzerte letztendlich auch für sämtliche Beteiligten waren, mit allen Peinlichkeiten, den technischen Problemen und dem emotionalen Auf und Ab des Musikers.
Weil  Leonard Cohen die ungeschminkte Ehrlichkeit von Palmers Film scheute, untersagte er zunächst dessen Veröffentlichung und kümmerte sich persönlich um eine komplette Überarbeitung. Das ursprüngliche Filmmaterial ging dabei im Laufe der Jahre verloren und wurde erst 2009 wiederentdeckt. Aus den 294 Filmrollen machte Palmer einen neuen, jetzt ungeschminkten Film über die Cohen-Tour von 1972. Zugleich ist er ein Dokument des bunten,wenn auch nicht  freizügigen Lebens jener Zeit.

Auch hier spielt das Geld eine gewichtige Rolle. Wenn aufgebrachte Veranstaltungsbesucher ihren Eintrittspreis zurück verlangen, weil die Beschallungsanlage in einem hundsmiserablen Zustand ist und die Akustik in den Sälen von vor 40 Jahren kaum eine mittelmäßige Qualität aufzeigt, so versuchte sich der in bestimmten Kreisen  populäre Musiker in der Improvisation zwischen Konzertabbruch und Einbindung des Publikums. Die zu vielen Tücken der Technik in jener Ära, als Musikveranstaltungen dieser Art nicht den Status einer High - Tech - Demonstration besaßen, machten dem Zuschauer, der sich vormals damit begnügen musste, heute keine Angst mehr. Längst gibt es technische Möglichkeiten, mit denen auch diese Relikte des Beat - Pop - und Rockzeitalters auf den heutigen Standard aufgehübscht werden können.

Ein Ketten rauchenden Leonard Cohen, nebst ihn begleitender Band und Tourneecrew, finden sich in völlig verqualmten Hinterzimmern, dem jetzigen Backstage wieder, um sich auszutauschen. Wobei der Dokumentationsfilm deutlich hervor hebt, dass Cohen der große Messias, der leuchtende Stern am düsteren Abendhimmel seiner meist düsteren Lieder, zu sein scheint. Um ihm kreisen die Blicke, die Erwartungen werden, vom Publikum hoch geschraubt, auf ihn kapriziert, denn er ist der Messias. Wie zu jener Zeit es sein jüdischer Landmann Bob Dylan war, ehe dieser dem Spuk eines Göttlichen am Musikfirmament ein Ende bereitete, indem er mit der Mär aufräumte, er habe über seine ungezählten Lieder, eine klare politische Botschaft zu senden. 

Auch Cohen hielt schon zur damaligen Zeit in seinem Lied " Bird on a Wire " fest:



 Like a bird on the wire,
like a drunk in a midnight choir
I have tried in my way to be free.

Like a worm on a hook,
like a knight from some old fashioned book
I have saved all my ribbons for thee.

If I, if I have been unkind,
I hope that you can just let it go by.
If I, if I have been untrue
I hope you know it was never to you.

Like a baby, still born,
Like a beast with his horn.
I have torn everyone who reached out for me.

But I swear by this song
and by all that I have done wrong
I will make it all up to thee.

I saw a beggar leaning on his wooden crutch,
He said to me, "You must not ask for so much."
And a pretty woman leaning in her darkened door,
she cried to me, "Hey, why not ask for more?"

Oh like a bird on the wire,
like a drunk in a midnight choir.
I have tried in my way to be free.

Um es klar zum Ausdruck zu bringen: Leonard Cohen hat mich in der Zeit, die der gesehene Film versucht zu erläutern, nicht interessiert. Seine auf Kerzenschein, Rotwein, auf ausrangierten Matratzen wieder kehrenden Treffs mit Gleichaltrigen oder gleich denkenden Jugendlichen waren mir ein Graus. Der pseudo - intellektuelle Anstrich im Dunstkreis von Dylan - Liedern, Hermann Hesse´s " Steppenwolf " und Wilhelm Reich´s " Orgon Accumulator " erbrachten mir nicht jene erhellenden Erkenntnisse, dass die Welt um mich herum gemein, grausam und ungerecht ist, weshalb ich mich in eine andere einzwängen muss.
Wummernde Bässe, schrille Gitarrenriffs und ein knackiges Schlagzeugsolo, standen einst auf meiner Favoriten - Agenda. Geändert hat sich mehr als 4 Dekaden später daran nicht viel. Der Unterschied zu einst ist jedoch der, dass ich längst Leonard Cohens Stücke genau so oft und gerne höre.

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Klassiker. ;o)

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