Die unendliche Geschichte einer Hessen-Wahl oder: Wie erhalte ich meine Macht, ohne etwas dafür zu tun?

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  




Urh.: Herr Teschke,Bündigen,BRD      *                                                                                                

                                                                                                                                                                                                                                                            

                                                     
              
Nachdem im Bundesland Hessen die Landtagswahlen zwar einen Sieger, jedoch keinen Besiegten erbracht hatten, waren die Parteien sich unter einander nur in einer Richtung einig: Mit der Fraktion " Die Linke " möchte niemand zusammen arbeiten; geschweige denn, sich von ihr abhängig machen. So erstaunte es denn dem medial vorbelasteten, aber politisch Interessierten, doch um sehr mehr, als die SPD-Kandidatin Ypsilanti sich als durchaus flexibel zeigte, wenn es um Machtausübung geht. Sie betrieb ein " Bäumchen-wechsele-dich "-Spiel und legt es darauf an, zusamen mit den " Grünen " unter Tolerierung der Linksfraktion, zum Regieren antreten zu wollen. Nach einigen Tagen und Wochen des Sondierens, stellte sich jedoch heraus, dass dieses Vorhaben in der eigenen Partei nicht getragen wird. Insbesondere eine Landtagsabgeordnete der eigenen Partei ließ öffentlich ihre Bedenken erkennen und verhinderte somit die Durchsetzung des Plans der Ministerpräsidentin in spe Andrea Ypsilanti. Es folgten quälende Tage und Wochen, ehe sich Ypsilanti dazu entschloss, auf eine Kandidatur zu verzichten. Immerhin noch rechtzeitig, um ein Fiasko, wie es einst Karl Ravens bei seiner Wahl 1976 zum niedersächsischen Ministerpräsidenten oder auch Heide Simonis 2006 im Kieler Landtag erlebt hatten, zu vermeiden.



So wird dann der amtierende und jetzt nur noch geschäftsführende hessische Ministerpräsident Koch nach der Landesverfassung in seine Funktion eingesetzt, wenn gleich er die Landtagswahlen verloren hat. " The show must go on!", so könnte es für diesen Zustand zum Schlagwort werden. Koch gibt sich derweilen geläutert und versucht seine Niederlage in einen Sieg umzudeuten. Fern jedweder Realität hat er die Zügel als amtierender Landesvater immer noch in der Hand; das Regieren wird ihm jedoch in der Folgezeit nicht leichter gemacht. dafür sorgen schon die Oppositionsparteien. Dieses Desaster spricht allerdings auch für eine noch funktionierende "Parteien "-Demokratie; wenngleich deren Vertrauen bei dem einfachen Bürger beständig sinkt.
Koch wäre aber nicht Koch, würde er auch dieses Faktum nicht in einem postiven Licht sehen. Schließlich muss er ja nicht Vertaruen gewinnen, sondern nur die nächste Landtagswahl.

Die Medienlandschaft reagierte nach dem Scheitern dieses Vorhabens mit beissenden Hohn und Spott. Insbesondere die konservative Springer-Presse und CDU/CSU-lastige Anstalten kübelten tonnenweise sprachlich untereinander abgestimmten Nachrichtenmüll über die SPD-Kandidatin. Sie geriet in das mediale Sperrfeuer jener Ignoranten und Kurzdenker, die sich mit der parlamentarischen Geschichte nicht einmal ansatzweise auseinander gesetzt haben.

In ihrem Übereifer, den strategischen Spielen der Frau Ypsilanti, eine anrüchige Note und einen bitteren Beigeschmack zu verleihen, haben jene Schreiberlinge und Nachrichtenverbreiter völlig übersehen, was es bedeutet, innerhalb eines parlamentarischen Wahlprozederes, abgewatscht zu werden.

Musterbeispiele für jenes " Brutus "- Verhalten sind die Ministerpräsidentenwahlen 1976 in Niedersachsen und 2005 in Schleswig-Holstein.
Vor über 30 Jahren ist damals eine Ära zu Ende gegangen, die mit der Regierung des SPD´lers Hinrich Wilhelm Kopf im Jahre 1947 begann und von den Ministerpräsidenten Georg Diederichs und Alfred Kubel fort geführt wurde. Lediglich unterbrochen ab dem Jahr 1955 bis 1959 durch den DP-Ministerpräsidenten Heinrich Hellwege. Das waren über zwei Dekaden sozialdemokratischer Politik - allerdings getragen von verschiedenen Koalitonspartner. Mit der Wahl am 15. Januar 1976 - an ide ich mich noch sehr genau erinnern kann - war es so, dass es zunächst nach einer reinen Routine veranstaltung aussah. Kandidat der SPD war einst Helmut Kasimir. Der dann jedoch nach zwei Wahlgängen nicht mehr antrat und statt seiner Karl Ravens kandidierte. Alle drei Wahlgänge führten zu dem Ergebnis, dass der CDU-Kandidat Albrecht die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte und damit Ministerpräsident wurde. Er führte bis 1976 ein Minderheitenkabinett und wurde bei der anschliessenden Landtagswahl 1976 mit absolutr Mehrheit wieder gewählt.


Ein Schmierentheater war es damals, was sich dort im Niedersächsischen Landtag abspielte. Es war anscheinend der Modus der demokratischen und freien Willensbildung, der dort zum Ausdruck kam. Oder war es eher so, dass verschiedene Landtagsabgeordnete ihrer eigenen Partei in den Rücken fielen?
Nach dem - alterbedingten - Ausscheiden des niedersächsischen Ministerpräsidenten Alfred Kubel sollte der von der einst stärksten Fraktion zum Nachfolger benannte Karl Ravens in dessen Amt gewählt werden. Dieses Vorhaben mißlang, weil dem Nachfolgekandidaten eine Reihe von Mitglieder aus der SPD-Fraktion die Gefolgschaft verweigerten. Es kam zur Wahl des CDU-Gegenkandidaten Albrecht, der dann ein eigenes Kabinett benannte und zwei Jahre lang regierte, bis 1978 eine absolute Mehrheit ihm für vier weitere Jahre im Amt bestätigte.
Auch die Wahl der angetretenen Ministerpräsidentin in Schleswig-Holstein 2005 wurde zu einer Lachnummer. Obwohl die rot-grüne Regierungskoalition mit 33 Sitzen keine Mehrheit hatte, entschied sich Simonis für eine Kandidatur, denn der Vertreter der des Schleswig´schen Wählerverbandes, der die dänische Minderheit repräsentiert, entschied sich zu einer Tolerierung der noch gültigen Koalition. Nach vier Wahlgängen stnd jedoch fest: Simonis hatte eben keine parlamentarische Mehrheit, weil sich ein/e Abgeordnete/r permanent der Stimme enthielt. Ein Novum in der Historie dieses Bundeslandes und eine neue Nuance in dem Demokratiespektrum. Heide Simonis verzichtete auf eine weitere Kandidatur und trat zurück; gewählt wurde der CDU-Kandidat Carstensen - untr lautem Gejohle und Gejubele der Oppositionsparteien. Ein Kasperle-Theater eben.
Dieses wollte sich die hessische SPD-Kandidatin Ypsilanti nicht antun und barch die Bemühungen zur Regierungsbildung einfach ab. Das war gut so, denn es droht ein drittes Debakel für die SPD.
Nun darf Koch geschäftsführend weiter regieren, ohne die parlamentarische Mehrheit wird sein Job zu einer ständigen Drahtselnummer. Grinsen wird er nicht mehr so oft und auch seine populistischen reaktionären Formulierung muss er sich nun verkneifen. Das angeblich Volksfrontbündnis von " Grünen ", der SPD und " Die Linke " ist eben keines. Koch´s schwarz-weiß Malereien müssen deshalb zukünftig im Hinterzimmer und in den Schubladen der CDU-Abgeordneten diskutiert werden. Im Parlament bleibt dafür keine Zeit mehr.


* Lizenzfrei gemäss:              https://commons.wikimedia.org/wiki/File:DE_Ypsilanti_by_Steschke_03.jpg
                 

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