Ausgerechnet Sex auf Sixx?
Der Versuch des werbe-finanzierten Fernsehens Unterhaltung in der Bandbreite zwischen Schund, Soap und Schmonzette anzubieten, scheitert in der Jetztzeit regelmäßig an den ökonomischen Zwängen, die da - grob betrachtet - lauten Produktionskosten - Quote - Reklameeinnahmen.
Nur wenn die Koordinaten innerhalb dieses zentralen Dreigestirns stimmen, kann ein Film im brutalen Wettbewerb der TV - Stationen überhaupt Bestand haben.
Der Privatsender Sat1, versucht sich seit seiner Gründung irgendwann in den 1980ern in schöner Regelmäßigkeit darin, den Fluch des Konserven - Verwursters abzulegen und eigene Produktion in die Ödnis der Billig - Banal - Sendungen einzusprenkeln. das gelang nicht immer; aber im öfter kam dabei auch ein Lichtblick aus dem Dunkel der unterföhringischen Studios heraus.
Im Vergleich zu dem Bunt - Blöd - TV - Pedanten RTL sind die Sat1 - Eigenproduktionen eher weniger krawallig, wenngleich auch nur darauf ausgelegt, den Beitrag in ein nerviges Werbegedudel einzubetten. Ist der Film nicht mehr wiederholungsfähig, wird er an einen anderen, untergeordneten Fernsehsender weiter gegeben. So, zum Beispiel an den Randsender " Sixx ", dessen Sitz in der Münchner Nachbarschaft liegt. Und der kredenzt seiner sehr überschaubaren Anhängerschaft ausschließlich abgelegtes Material.
So auch am vergangenen Wochenende, die Sat1 - Komödie mit dem nicht unbedingt unverfänglichen Namen " Ausgerechnet Sex! "
Der große Bruder aus der Bazi - Metropole gab diesen Fernsehfilm bereits vor 3 Jahren zum Ablachen frei.
Die Filmgeschichte ist so simpel, wie auch selten. Ein älterer Mann verstirbt vor seiner wesentlich jüngeren Ehefrau und hinter lässt dieser, zuvor nur auf Ausfüllung der drei traditionellen Funktionsebenen ( Kinder, Küche, Kokolores ) ausrichteten Witwe, einen Filmbetrieb. Mit dem verdiente der Verstorbene zuvor genügend Knete, um einigermaßen über die Runden kommen zu können.
Beim näheren Hinsehen bekommt die Witwe einen Kulturschock, denn der Verblichene produzierte Pornos. Sexfilme also, die er dann im Eigenvertrieb unter die Leute bringen wollte. Im Zeitalter des Billig - und Gratisangebots durch das World Wide Web, eher ein Ritt auf der Rasierklinge.
So muss denn die Witwe mit dem Namen Marie Hausmann ihre gekünselte Abneigung zu der Brache zunächst ablegen, ehe sie sich mit dem Gedanken anfreunden kann, als Unternehmerin im Sinne des verstorbenen Ehemanns zu fungieren. Hinzu kommt, dass ihre auch von der eigenen Ehe desillusionierten Freundinnen aus gutem Umfeld - versteht sich auch hier von selbst - den untauglichen Versuch unternehmen, ihr im Nanobereich gesunkenes Liebesleben aufzufrischen.
Während die Pornoproduzentin wider Willen sich in die Untiefen des Genre einzuarbeiten gedenkt, kommen ihre Freundinnen auf die Schnapsidee über Sexspielzeug und Pornofilme den beschränkten Horizont erheblich zu erweitern. Nach einigen Zusammenkünften, innerhalb derer sich Marie eher pikiert geben muss, sinnieren die Freundinnen über ihr bisheriges, eher puristisch geführten leben in materiellem Reichtum und geistiger Armut und erkennen dabei, dass sich daran etwas ändern sollte; vor allem, als sie beim Betrachten der ausgeliehenen Pornofilme gnadenlos auf den Boden der Tatsachen geraten, weil sie erkennen dürfen, dass ihr Gatte nicht den Allergrößten hatte.
Nun, nachdem sich die reiferen Frauen über den stattlichen Abmasse des besten Stückes von " Roy, das Rohr ", einem Hauptdarsteller jener Porno - Peinlichkeiten ergötzen durften, kommt es alsbald zu der Begegnung der Dritten Art. Marie, verguckt sich in den attraktiven Akteur " Roy ", lässt sich von diesem zum Essen einladen und trifft - was für ein gewollter Zufall ? - ausgerechnet auf eine Exponentin der feminin Frustriertenttruppe, die so gleich behauptet, Marie´s Begleiter irgendwo her zu kennen. Marie vögelt später tatsächlich mit Roy, wird von diesem - wen wundert´s - drei Mal zum Klimax geführt und muss später ihre eigentliche Einkunftsquelle der Freundin offenbaren, die " Roy, das Rohr " auf einer Filmkassette wieder erkannt hat.
Zudem gerät die Firma in wirtschaftliche Probleme, es muss ein neues Konzept her, dass alsbald kreiert wird. Marie lässt - natürlich gegen klingende Münze - über weitere Freundinnen und geschaltete Anzeigen Laien in den Pornos mitwirken, die diese dann abkaufen müssen. Clever - ever?
Nö, als ein prüdes Paar, von dem sich ihr Mann Kohle geliehen hat, nun tatsächlich wissen möchte, was ihr gegebenes Geld eigentlich macht, muss Marie eine Lüge auftischen und den Pornofilm - Laden schnell in eine Computersoftware - Firma umfunktionieren.
Wenig später fliegt der Schwindel jedoch auf und das Privatdarlehn wird gekündigt, Marie fliegt aus dem Elternrat der konfessionellen Vorzeigeschule; die eigene Tochter gleich auch von jener und das Leben scheint aus der Bahn zu geraten.
Aber: Hach, was für´n Zufall, die Freundinnen helfen ihr aus der Patsche, weil die eigene Lust das Eine und der Ehefrust das Andere im Leben der Spießbürger ist.
Und - siehe da - aus Sex wird Kasse, aus Geld ein anständiges Leben und daraus entwickelt sich die wa(h)re Liebe. Wer hätte das gedacht. Auch " Roy " kann wieder, nachdem er wegen Liebeskummer an einer temporären, erektilen Dysfunktionalität litt.
Mensch, was haben wir gelacht!
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausgerechnet_Sex!
So, wie einst vor mehr als 20 Jahren, als im Zuge der Nachwendeirrungen, eine Gruppe von Offiziellen und Journalisten sich in " Old " Erich Hoeckers Pantoffelkino in seiner Datsche in Wandlitz aufhielt und dort unter anderen dessen breit gefächerte Pornofilmsammlung begutachtete, worauf es den exzellenten Literaturkritiker Hellmuth Karasek zu folgender Feststellung trieb:
" Was immer man der DDR a. D. im nachhinein vorwirft - die Mauer, den blätternden Putz, den Reisezwang ans Schwarze Meer, die jahrelange Warteschleife für den Trabi, die Fürsorge der Stasi -, stets sind die Nostalgiker des ehemaligen ersten und vermutlich letzten Arbeiter-und-Bauern-Staats auf deutschem Boden mit einem Gegenargument zur Hand: der Nische.
Die Nische: Sie offenbarte, daß der neue Typ des sozialistischen Menschen in Wahrheit der alte Adam sein wollte: zottelig und plüschig, gartenzwergig, mit Glibsch auf den Augen.
Selbst der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker hatte seine Nische. Fuhr er des Abends nach Büroschluß in Berlin nach Hause, nach Wandlitz, dann zog er die Pantoffeln an, sah sich ängstlich um, ob Margot in der Nähe . . . und genoß, war die Luft rein, den Feierabend mit einem Jodeln aus der Lederhose.
4864 Videos hat dem nach Abendentspannung gierigen Greis für 1,3 Millionen West-Mark der rührige Schalck-Golodkowski auf Westdeutschlands Videomarkt besorgt. Vorwiegend, so weit sich das einer Liste entnehmen läßt, Softpornos. Filme, deren Dialoge sich auf Stammeln wie "O du! O du! Fester! Tiefer! Ich komme!" beschränken, während nackte Menschen sich wie Brezeln ineinander verknoten. "
- Zitatende - aus: Hellmuth Karasek : " Honeckers Nische " in " DER SPIEGEL " - Nummer 33 / 1995 vom 14.08.1995, S. 18
" Let´s Talk About Sex " - " Salt´N ´Pepper " aus dem Album " Black´s Magic " 1991:
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