Spiel mir das Lied von der Werbung
Als einer der Ex - Westdeutschen, die das Elend der heutigen TV - Geschichte mehr als 55 Jahre hautnah mitverfolgen durfte, kann ich mich noch genau an jenen unsäglichen Tag zurück erinnern, als der erste Privatsender zu empfangen war. Damals, nämlich am 1. Januar 1984, noch über das im Ausbau befindliche Kabelfernsehen.
Seit dem hat sich die das Medium ständig verändert. Nicht nur die Inhalte der ungezählten privaten Anbieter sind auf ein beinahe unerträglich niedriges Niveau gesunken, auch deren Einbettung in Werbeblocks, führt dazu, dass jene Kanäle nicht einschaltbar sind.
Da jubelte der Privatsender " Kabel1 " dem Glotzer vor einigen tagen einen Western aus der ruhmreichen Zeit der italienisch - amerikanischen Freundschaft unter. Es war der Klassiker " Spiel mir das Lied vom Tod ". Die Mutter aller späteren Brutalo - Western, in denen der Colt nicht nur locker im Halfter liegt, sondern auch die flinke Zunge der zu sehenden Protagonisten im Stiefeln - Westen - Cowboyhut - Dress, so manchen flotten Spruch auf den vermeintlichen gegner, dem bösen Feind, entgegen speit.
Hach, was waren das einst für wahre Helden, die in diesem Film sich die Kugeln aus den Knarren um die Schädel pfeifen ließen? Mit schweiß - nassen Händen saß ich vor mehr als 47 Jahren im " Residenz " - Kino in einem rappel vollen Saal und sah mir die 164 Minuten Handlung an. Der Film war gut, die Bildqualität mäßig und der Ton miserabel. Störend war das laute Betriebsgeräusch des Film - Projektors, das Knistern von irgendwelchen Tüten und das Geräuspere und Gehuste einiger Kinogänger.
Aber ein Kinonachmittag war dennoch ein großes Ereignis. In der Provinz war das Freizeitangebot eher überschaubar, da gehörte eine Fahrt mit dem Bus in die nächste Stadt zu den absoluten Großereignissen. Auch wenn der Western erst mit einer mehr als ein jährigen Verspätung dort gezeigt wurde, wer ihm sich angesehen hatte, der konnte eben mitreden.
Nun saßen meine bessere Hälfte und ich am Samstagabend vor dem Flachbildschirm - " Sony " und glotzen uns gemeinsam den aufgezeichneten Edel - Western an. Ich weiß nicht mehr genau, wie oft ich den Schinken noch nach dem Kinobesuch sehen konnte. Vielleicht ein oder zwei Dutzend Mal? Egal, die Handlung war mir ins Gedächtnis gebrannt. Hier Charles Bronson als der Rächer mit der Mundharmonika, dort der reiche und todkranke Eisenbahn - Boss und irgendwo dazwischen Henry Fonda als skrupelloser Killer.
Die Bildqualität war für einen fast 50 Jahre alten Film erstaunlich gut. Auch der Ton hörte sich erträglich an. Kein lästiges Rauschen, kein Gekrächze und keine Ton - Unterbrechungen. Was willst du nach so vielen Jahren deines vorbei gezogenen Lebens noch?
Doch das Nervige an jenem Film war, dass dieser von einem Privatsender gezeigt wurde. So zog sich der mehr als 2 1/ 2 - stündige Klassiker auf satte 3 1 / 2 Stunden hin. Mit sage und schreibe 7 Werbeunterbrechungen, orgelte der einst zum Kirch - Imperium zählende Kanal den Schinken in die Wohnzimmer hinein.
Gut, der Sender muss Geld verdienen, weil er ja keine Zwangsgebühren kassiert, aber dieses Werbe - Trommelfeuer geht dem Zuschauer auf den Heiligen Geist. Mal ehrlich: Wer kann so etwas ertragen?
Nach der 5. Werbeunterbrechung, die wir geschickt durch Weiterlaufen der Rekorder - Aufzeichnung verhindern konnten, strich ich die Segel und sah mir den Schluss nicht mehr an. Bronson besiegte Fonda. Mensch, was waren wir jung und naiv, aber dafür nicht werbe - geschädigt. Ein unumkehrbarer Vorteil gegenüber den Folgegenerationen, die mit diesen US - amerikanischen Einflüssen aufwachsen müssen. Damals war Kino und TV - Glotzen noch ein Ereignis, heutzutage bei den Bunt - Blöd - Sendern, einfach nur eine grausame Tortur für Ohren, Augen und Hirn.
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