Der 1. April 1960 war ein....?
Wenn ich dem Jahrgang 1953 angehöre, so stellt sich damit unweigerlich die Frage nach der Einschulung. Einst in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten, gab es noch die so genannte Stichtagsregelung für die Beantwortung, wann ein Kind eingeschult werden muss. Wer bis zum 30. 06. eines Jahre geboren war, konnte mit 6 Jahren zur Schule gehen, wer danach das Licht der Welt erblickte, jedoch erst mit 7 Jahren. Schulbeginn war jeweils der 1. April des Jahres.
Am 1. April 1960, einem Freitag, war es dann soweit. Eine weitere Stufe meines Lebens hatte ich erreicht: Ich wurde eingeschult.
Und da dieses Ereignis nun zum 50. Mal jährt, sollte es über einen Blog-Eintrag gebührend gewürdigt werden. Also drehe ich das Rad der Geschichte um jene 50 Jahre zurück, in das Jahr 1960.
Westdeutschland feiert immer noch die letzten Zuckungen des Wirtschaftsaufschwungs und damit sich selbst. Die ungezählten Nachkriegskinder haben darunter - mehr oder minder stark - zu leiden. Viele leiden deshalb, weil ihre Eltern mehr mit ihrem materiellen Wohlergehen beschäftigt sind, als mit der Pflege der eigenen Brut.Es sollte sehr oft das Versäumte, das Verlorene, das Verhinderte nach geholt werden. Die Nachkriegsereignisse blieben bei den Eltern ebenso haften, wie jene Geschehnisse aus dem II. Weltkrieg. Die Versorgung des eigenen Nachwuchses überließ die Kriegsgeneration alsbald den eigenen Eltern.Für jede delegierte Stunde des Versorgens, Betreuens und Erziehens konnte so mancher Doppelverdienerhaushalt für die eigenen materiellen Wünsche arbeiten. Die oft gerühmte Großfamilien, in der drei Generationen unter einem Dach lebten, sie funktionierte noch.
Da war die Einschulung natürlich ein großes, wohl organisiertes Familienfest.Die obligatorische Schultüte, die es in drei verschiedenen Größen und zwei Grundfarben mit drei abweichenden Abbildungen gab, stellte dabei eher das geringste Problem dar.Entscheidender hierbei war der Inhalt. Auf die Füllung kam es an. Die Auswahl an passenden Artikeln aus Schokolade, also an Süßigkeiten war sehr überschaubar. Deshalb kam sehr oft eine Federmappe, ein Bleistiftspitzer oder ein Tuschkasten der Firma Faber bzw. Pelikan in den Trichter hinein.
Damit bestückt, einen Lederranzen auf dem noch zarten Rücken und eine Mütze auf dem fast kahl geschorenen Kopf, ging zusammen mit unserer Mutter und der Großmutter zur Volksschule Heeßen. Einst stand nur das aus Sand - und Backsteinen erbaute Gebäude dort, umringt von sehr alten, riesigen Pappeln und einem aus Stein errichteten Zaun.
Der 1. Schultag verlief dann streng durch geplant. Die Erstklässler fanden sich mit einem oder manchmal so mit beiden Elternteilen auf dem unteren Flur des Schulgebäudes ein. Dort hielt der Schulrektor eine kurze Ansprache, dann erfolgte die Einteilung nach Klassen und die Vorstellung der Klassenlehrer.Diese gaben den Stundenplan bekannt, der wiederum an den Elternteil ausgehändigt wurde. Dann wurde noch eine Bücher - und Materialliste verteilt und anschließend eine Sitzordnung erstellt. Die Klassenlehrerin verabschiedete kurz darauf die Kinder und diese traten den Heimweg mit den Eltern an. Unspektakulär verlief auch der zweite Schultag, ein Samstag. Für einige Jahre wurde auch an diesem Tag unterrichtet, wenn auch nur bis 12.00 Uhr.
Einmal auf der Suche nach der Vergangenheit kramte ich in den vielen Zeugnissen herum, die ich inzwischen abgelegt hatte. Und.. siehe da, das erste " Zeugnisheft ". in einer PVC-Schutzfolie eingelegt, befand sich dort in jenem Aktenordner wieder. Ein Blick auf das einfache DIN A 5 große Heft zeigte mir. dass eben die 50 Jahre auch hier nicht spurlos vorüber gegangen sind. Kleine " Eselsohren " zierten das Zeugnisheft, das
sich zudem leicht vergilbt zeigte. Das Aufklappen brachte dann einige Informationen zu den einstigen Familiendaten zum Vorschein. Neben dem eigenen Namen, das Geburtsdatum und den Geburtsort, befanden sich auch Angaben über die Konfession, den Namen des Vaters und - sehr wichtig - dessen Beruf.
Ein Umblättern führte mir dann die knall harte Realität vor Augen: Ich war kein guter, eher ein durchschnittlicher Schüler mit nur mäßigen Noten. Die Mehrzahl der Noten waren " nur " 3 " und " 4 ". Tja, das lag wohl auch an meiner Faulheit, meiner gezeigten Zurückhaltung und den Lehrern. Was Schulnoten, was Zensuren und was Zeugnisse tatsächlich bedeuten, habe ich nie so richtig erschließen können. Das wahre Leben zeigte mir nämlich sehr bald, dass es zum überwiegenden Teil auf andere Dinge ankommt. Als da waren, sind und auch bleiben: Elternhaus, soziale Herkunft sowie eigene Erziehung!
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