Ich drehe schon seit Stunden hier so meine Runden!
Nun jagen sie wieder, die Herren mit ihren und in ihren High - Tech-Gefährten. Die Formel Eins Saison 2010 hat ihren Auftakt in Bahrain genommen. In der Wüste Arabiens, wo das schwarze Gold gefördert und die Petro-Dollar verdient und verbrannt werden. Während sich in den meisten europäischen Ländern der Winter noch hartnäckig halten will, glühen in dem Wüstenstaat unterhalb der südlichen Halbkugel nicht nur die Thermometer, sondern auf die Motoren in den Ein-Mann-Geschossen von Mercedes, Ferrari und Renault, von McLaren,Lotus, Williams und wie sie sonst noch alle heißen.
In den einstigen Zigarren ähnlichen Autos fuhren vor vielen Jahrzehnten noch richtige Enthusiasten, richtige Kerle, die zwar Angst, aber noch mehr Mut hatten.
Das hat sich mit der zunehmenden Technisierung und Kommerzialisierung geändert. Der Pilot, der Rennfahrer, der eigentliche Star des Teams, verkommt zunehmend zum Statisten, der eine Millionen teure Entwicklung auf vier Rädern möglichst schnell, unfallfrei und regelmäßig vom Start in das Ziel zu fahren hat. Die Frage, die sich hierbei sofort zu stellen ist, lautet: Wer beherrscht eigentlich wen? Die Rennrakete den Menschen oder umgekehrt?
Längst sind die Teams zu hoch entwickelten menschlichen Arbeitsrobotern mutiert, die zwar fürstlich bezahlt, aber dennoch nur ein winziges Rädchen im Getriebe des fauchenden Monstrums sind, das fein abgestimmt, von Rennen zu Rennen gejagt wird.
Hier wird Teamarbeit groß geschrieben. Die eingespielten Mannschaften zeigen sich auf den Punkt genau fit.Da sitzt jeder Handgriff, jeder Schritt ist abgestimmt,die Taktik auf die Sekunde genau entworfen worden. Was bedeutet da noch der Einzelne?
Doch so ganz ohne den Menschen geht es wohl doch nicht. Der Formel Eins Zirkus ist seit vielen Jahren nicht mehr so populär, wie er vor mehr als 10 Jahren war. das liegt nicht nur an einer gewissen Müdigkeit der Interessenten, der Zuschauer an den Rennpisten und an den Millionen Fernsehgeräten.Es liegt insbesondere auch daran, dass der teure Spaß für eine Vielzahl von Interessenten nicht mehr bezahlbar geworden ist. Einst kosteten die Eintrittskarten an den BRD-Veranstaltungsarenen zwischen 20 und 500 DM, heute können locker dafür 20 bis 500 € ausgegeben werden - abhängig von dem jeweiligen Platz.Wer dann - quasi als all inclusiv Angebot - das 5 - oder 6 fache der teuersten Eintrittskarte zahlt, der bekommt neben einer Übernachtung in einem Luxushotel auch noch die Möglichkeit einer Stippvisite in der Boxengasse.Da muss das Herz des Formel Eins - Fans doch höher schlagen.
Bei dem " Normal " - Besucher schlagen neben der " Normal " - Eintrittskarte auch die Fahrtkosten noch zu Buche, womit der dann schon zwischen 100 bis 800 € los werden kann. Wer dann auch noch ab Freitag mit dem Caravan oder Wohnmobil anreist, darf dann noch ruhig einige 100 € herauf legen. Ein nicht so ganz billiges Vergnügen.
So pilgerten alsbald in den Glanzjahren der Formel Eins, der 90er, Hunderttausende zu den Dröhntempeln Europas.Ob nun in Spa, Silverstone oder Monaco, die PS - starken Konservendosen faszinierten das - vor allem männliche - Publikum. Das Automobil pervertierte Deutschland war gleich mit zwei Austragungsstätten beteiligt. Nürburgring und Hockenheim galten lange Zeit als das europäische Mekka des Motorsports. Dieser Trend verstärkte sich ab 1993, als der Deutsche Michael Schumacher seinen ersten Weltmeistertitel erlangte. Es wurde als bald eine richtige Schu-Mania, die über das Land herein brach. Auch sein jüngerer Bruder Ralf beteiligte sich daran, der - zwar nicht so erfolgreich - dennoch im allgemeinen Medienrummel um den Ausnahmefahrer mit schwamm. Über 10 Jahre lang galt Michael Schumacher als der Herr der Ringe. Der Ausnahmekönner unter den Spezialisten. Er verursachte eine bisher nie da gewesene Euphorie um den Autorennsport,
Dann erklärte er nach seinem 7. WM-Titel 2008 seinen Rücktritt vom aktiven Rennsport. Dennoch fuhr er weiter. Dieses Mal auf Motorrädern. Er blieb Berater bei Ferrari. Er mischte sich in die öffentlichen Diskussionen um Fragen des Formel Eins Rennzirkus ein. Obwohl er bereits 41 Jahre alt ist, will er es jetzt noch einmal wissen. Er unterschrieb einen Fahrervertrag bei Mercedes und startete heute in Bahrain, wo er den 6. Platz einfuhr.
Jeder durchschnittliche Betrachter der Szenerie fragt sich unwillkürlich: " Was soll das? " Warum dreht er im reifen Mannesalter sich weiterhin im Kreis. Weshalb fährt er gegen oft 20 Jahre jüngere Konkurrenten? Hat er nicht schon alles erreicht, was dieser Wahnsinn zu bieten hat: Ruhm, Geld, Trophäen?
Es muss also mehr sein, dass einen Mann, wie Schumacher dazu treibt, sich erneut dem Stress dieses Klamauks zu unterziehen. Ist er vielleicht Formel Eins süchtig? Oder einfach nur eitel? Oder sogar beides? Er wird sicherlich nicht das Bad in der Menge vermissen, nicht die Millionen angeblichen Fans, die ihm immer wieder zugejubelt haben und wohl auch nicht die harsche Kritik, die auf ihn eingeprasselt ist, als er seinen Wohnsitz von der BRD in die Schweiz verlegt hat.
Sucht und ein Süchtiger sind falsche Vorbilder. Wer sie sich zu eigen macht, wird sein eigenes Leben nicht leben, die Probleme nicht lösen und seine Zukunft nicht gestalten können.
Ob die Rückkehr in den bunten Zirkus der Geldkassierer für Schumacher der richtige Weg ist, wird sich noch zeigen. Spätestens dann, wenn er sein Heimrennen auf dem Hockenheimring bewältigen muss und ihm wieder Menschenmassen zu sehen werden. Möglicher Weise reduziert sich dann der große Michael auf den kleinen Parkplatzsuchenden in der Stadt, der von Grönemeyer so besungen wurde:
Ich hass'nichts mehr
als mich zu verspäten
die Sonne brennt
und im Auto ist's heiß
ein Hupkonzert wie von tausend Trompeten
ich will zu dir
nun steh' ich hier
so'n Scheiß
ich drehe schon seit Stunden
hier so meine Runden
es trommeln die Motoren
es dröhnt in meinen Ohren
ich finde keinen Parkplatz
ich komm' zu spät zu dir
mein Schatz
du sitzt bei Kaffee und Kuchen
und ich muß weiter suchen
an jeder Ecke stehn politessen
lauern wie Panther
zum Sprung bereit
hier kannste nicht parken
das kannste vergessen
haben alles im Griff
weit und breit
ich drehe schon seit Stunden
hier so meine Runden
es trommeln die Motoren
es dröhnt in meinen Ohren
ich finde keinen Parkplatz
ich komm' zu spät zu dir
mein Schatz
du sitzt bei Kaffee und Kuchen
und ich such' hier rum
Auto fängt an zu kochen
puls an zu pochen
werde langsam panisch
klitschnaß geschwitzt
es ist nicht zu fassen
solche Automassen
haben die kein zuhause
ich will zu dir
ich drehe schon seit Stunden
hier so meine Runden
es trommeln die Motoren
es dröhnt in meinen Ohren
ich finde keinen Parkplatz
ich komm' zu spät zu dir
mein Schatz
du sitzt bei Kaffee und Kuchen
und ich kurv' hier rum
Wer zu spät kommt....; wer zu spät geht, aber auch!
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