60 Jahre ARD (k)ein Grund zum Feiern? Teil II.


Zu den Feierorgien rund um das Erste Deutsche Fernsehen, die Allgemeine Rundfunkanstalt Deutschlands oder exakter Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland sind nun offizielle für beendet erklärt. Dennoch verbleibt bei mir immer noch ein übler Nachgeschmack, ob der vielen eingetrichterten dünnen Programm - Suppen mit unendlichem Ablaufdatum, weil sie für eine Wiederholung im Haupt -sowie auch Nebenkanälen alle Male gut sind.
So ähnlich verhält es sich auch mit den seit dem Jahr 1992 in die ARD neu eingegliederten Rundfunk-und Fernsehanstalten der Neuen Bundesländer.

Was ab 1950 versuchte einen selbständigen Weg zu betreten, entwickelte sich zunehmend zum propagandistischen Sprachrohr der Staatsführung des einst zweiten deutschen Landes. Unter dem Namen Deutscher Fernseh Funk ( DFF ) wurde - in Konkurrenz zu den drei übrigen Besatzungszonen - eine Sendeanstalt gegründet, deren technische Grundlagen ein Programm ab Dezember 1952 zu ließen.
Hierzu heißt es bei WIKIPEDIA:

" Wegbereiter des Fernsehens in der DDR war Hans Mahle. Unter seiner Rundfunk-Generalintendanz erfolgte am 11. Juni 1950 der erste Spatenstich für das Fernsehzentrum Berlin (FZ) in Berlin-Adlershof. Am 20. Dezember 1951 begannen die ersten Sende- und Empfangsversuche – jedoch nur für Techniker und Fachleute, weil die ersten öffentlichen Fernsehgeräte erst ab dem 29. Juli 1952 aufgestellt wurden. Ein erster kleiner Bildsender wurde im Februar 1952 in Berlin-Mitte auf dem alten Stadthaus installiert und am 3. Juni per Richtfunk mit Adlershof verbunden. Im August 1952 wurde der Rheinländer Hermann Zilles Intendant des Fernsehzentrums.
Der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) hatte bereits ab Juli 1950 erste Fernsehbilder nach dem Krieg auf deutschem Boden ausgestrahlt. An Weihnachten 1952 startete das reguläre Fernsehprogramm aus einem alten Hochbunker in Hamburg. Der Wettlauf der Fernsehsysteme war entbrannt, das Senden zum Erhalt der auf der Kopenhagener Wellenkonferenz 1948 zugeteilten Frequenzen war unbedingt notwendig geworden – auch wenn es kaum Zuschauer gab. In der DDR wurden erste Fernseh-Rundfunkempfänger ab dem 16. November 1952 verkauft. Das Gerät Leningrad kostete anfangs 3500 DDR-Mark, bei einem damaligen durchschnittlichen Monatseinkommen von rund 300 Mark. "


- Zitatende-

Bedingt durch die weitere politische Entwicklung in Europa und die Spannungen zwischen den USA und der UdSSR sowie ihren jeweils dazu gehörigen Verbündeten, etablierte sich mit dem DFF, der später in DDR-FS mit zwei Hauptprogrammen bis zur Wende weiter geführt wurde, ein rein deutschsprachiges Gegenmedium.
" Am 3. Oktober 1969 ging das 2. Programm des Deutschen Fernsehfunks DFF 2 aus Anlass des bevorstehenden 20. Jahrestages der Gründung der DDR als Farbprogramm erstmalig auf Sendung. Damit begann beim Deutschen Fernsehfunk das Farbfernsehzeitalter. Walter Ulbricht eröffnete das Programm mit den legendären Worten „Das II. Fernsehprogramm ist eröffnet“[1].
Durch das hinzugekommene zweite Programm nahm auch die Anzahl der produzierten Sendestunden sprunghaft zu. Produziert wurde in SECAM, bewusst abweichend vom westdeutschen PAL-System. Findige Techniker fanden jedoch bald Möglichkeiten, die DDR-Geräte (erstes DDR-Fernsehgerät war der Color 20, später folgten Rubin und Raduga aus der UdSSR) mittels westlicher PAL-Module umzurüsten (erst viel später wurden in der DDR auch Geräte verkauft, die sowohl SECAM wie auch PAL empfangen konnten). Übertragen wurden die Farbsendungen zunächst nur auf DFF 2. Einige Jahre später wurde auch das Hauptprogramm für Farbsendungen nachgerüstet. "


- Zitatende -


Die eindeutig staats - und linientreuen Verantwortlichen und Mitarbeiter der beiden DDR-Sender gaben sich indes sichtlich Mühe, ein Kontrastprogramm zu den beiden BRD-Anstalten sowie deren Regionalprogrammen auszustrahlen. Dieses hoch gesteckte Ziel wurde indes - so meine feste Überzeugung - nie erreicht. Viele Sendungen waren derart ideologisch eingefärbt und auf eine gewollte Parteilinie getrimmt, dass sie nur selten bis zum Abspann zu ertragen waren. Andere Formate hatten biedere bis spießige Konzepte, die damit nur als light vision des Großen Bruders, des Klassenfeindes, aber klamm heimlichen Vorbildes herüber kamen. Obermuffige Musiksendungen mit Schunkel - sowie Mitklatschorgien, dümmliche Spaß - und Sinn freie Ulksendungen in denen sehr oft die deutschsprachigen Heimatliedträllerer, Schlageraffen oder Herz-Schmerz-Scherz-Drosseln auftraten. Die Unerträglichkeit des Seins im zweiten, im sozialistischen Realismus fand über bewusst konzipierte Adaption der West-Konkurrenz a la' " Einer wird gewinnen ", " Der große Preis " oder " Zum Blauen Bock " ihren Klimax und unterschied sich damit nur durch die Grauschleier des eigentlichen Lebensumfeldes von dem verblödenden Reklame-Konsum-Terrors des BRDlers mit US-amerikanischer Leitkultur.
Das " who is who " im DDR - Unterhaltungseinheitsgepansche liest sich so:



- Zitatende -
Als Hard Core - Ignorant der Unterhaltungsverblödungsshows ab den frühen 70ern, sind mir dennoch viele der Protagonisten im solidarischen Einheitslook noch in sehr guter Erinnerung. Das lag zum einen daran, dass das elterliche Haus auf einer leichten Anhöhe zwischen den endlichen Weiten des Weserberglandes liegt und damit der Empfang des DFF sowie auch später des DDR I - Fernsehens mittels einer auf dem Dachfirst installierten terristischen Antenne möglich war und später eine entsprechende Zusatzantenne auf dem 12 geschoßigen Stundentenwohnheim an der Bremer Universität eben jenen Empfang des DDR - Fernsehens sicher stellte. So konnte ich schon damals locker zwischen 5 Programmen zappen, nämlich der geuten alten Tante ARD, dem Rentner-CDU-ZDF,dem III. Nord oder jetzt N III, dem Regionalprogramm von Radio Bremen Fernsehen und dem DDR I Sender Brocken.
Die Sendeformate ähnelten sich zwar, dennoch hatte das DDR - Fernsehen durch seine Sportanteile eine gewisse Attraktivität. Da übertrug das DDR I schon mal ab 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr vier Europapokalspiele der beteiligten Oberligavereine, es gab aus den sozialistischen Bruderländern Liveübertragungen vom Fußball, Handball oder Eishockey und die Großveranstaltungen, wie Olympische Spiele, Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften wurde allesamt fast lückenlos übertragen.
Und so sahen die sportorientierten Sendeformate aus:

  • Sport aktuell
  • Sport am Sonntag
  • Medizin nach Noten (Aerobic-Vorläufer)
  • Sport-Arena
  • Sport am Mittwoch (2. Programm)
  • Sportreporter
  • Halbzeit (immer mittwochs)
Die Sportsendungen waren für mich als längst Erwachsener das mit Abstand Interessanteste am DDR-Fernsehen; als Kind jedoch stand das " Sandmännchen " an erster Stelle der Beliebtheitsskala. Jenes spitzbärtige Männlein, das all abendlich ab 18.55 Uhr seine lustigen Gute-Nacht-Geschichten mitbrachte.

So erklang ab 18.55 Uhr auch in der Wohnstube meiner Großeltern über viele Jahre das Original-Sandmann-Lied:


" sandmann, lieber sandmann, es ist noch nicht soweit,
wir lauschen erst dem abendgruß,
ehe jedes kind ins bettchen muss,
du hast gewiss noch zeit!
sandmann, lieber sandmann, hab nur nicht solche eil,
dem abendgruß aus fern und funk,
lauscht jeden abend alt und jung,
sei unser gast dabei!
kinder, liebe kinder, es hat mir spass gemacht,
nun schnell ins bett und schlaft recht schön,
dann will auch ich zur ruhe gehen,
ich wünsch' euch gute nacht! "



Nun, das ist mittlerweile 50 Jahre her. Das Lied - in stark verkürzter, weil Zeit gemäßer Form - ist indes immer noch zu hören.
Während das DDR-Fernsehen einige Monate nach der Wende, dann zunächst erheblich entideologisiert und als DFF fort geführt -seinen Lebenshauch aus gepresst erhielt, lebten einige Protagonisten aus jenen Dekaden in der ARD weiter. So übernahm der MDR aus den Archiven jene Konserven, die er - oft zu bestimmten historischen Anlässen - tröpfchenweise wieder auf die satellitenlaufbahn jagt, in der Hoffnung, so mancher ahnungsloser Westbürger würde damit mehr Verständnis für die Geschichte der Neuen Bundesländer entwickeln; manch verklärt denkender Ossi könnten dadurch die verkleisterten Nachwende-Augen geöffnet werden und der Gruppe der von der Gnade der späteren Geburt betroffenen würde die Geschichte dabei etwas leichter verständlich gemacht.
Eigentlich gehört zu der ARD-Jubelarien-Inszenierung auch ein Teil, dass sich mit der Entwicklung der Vor - und Nachwendefernsehlandschaft in Deutschland betrifft. Hierzu scheinen die Programmfürsten allerdings keine Vernalassung gesehen zu haben. Na, immerhin war ihnen noch in Erinnerung, dass das ARD-Programm seit der Gründung jener Institution auch einmal der Zensur unterlag, nämlich jener, die durch die Westalliierten erfolgte und jener, die von dem verblödenden Adenauer-Kirchen-Diktat erfolgte. Immerhin doch einige Haare in der sonst faden und trüben Programmbrühe seit 1950.


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