Wo Zeit keine Bedeutung hat.







Für den eher kühlen Norddeutschen mit klarem Verstand und einem Hauch Provinzialität im Blut sind die noch erhaltenen Heidelandschaften immer ein willkommener Anlass, um einen Tagesausflug zu starten. Während die wohl bekannteste unter jenen topographischen Besonderheiten in Deutschland, die Lüneburger Heide, auch in ungezählten künstlerischen Ergüssen - nicht nur von Hermann Löns - dem großen Teil der ansonsten ahnungslosen Bundesmicheln näher gebracht wird,fristen fernab jener Popularität, andere Heidelgebiete ihr eher trübes Dasein. Nur gelegentlich,nämlich dann,wenn es um politische Entscheidungen geht,so wie die Verhinderung des " Bombodrom " in der Güstrower Heide,werden jene einmaligen Landschaften - quasi wie einst Dornröschen - aus dem Tiefschlaf der Namenslosigkeit wach geküsst. Dann zetern die meist selbst ernannten Naturschützer, die Vertreter aus der inzwischen konturlosen Partei der Besserverdienenden und die auf Zwerg-Pygmäen-Niveau geschrumpfte Gruppe der Gesellschaftskritiker medial ausgewogen begleitet los. Nach dem Motto: " Schützt, was noch schützenswert ist! " wird über die Notwendigkeit des Bestandes an Naturrefugien vom Leder gezogen. Immerhin mit einem gewissen Erfolg.


Längst sind aber die einst durchgängigen Heideflächen in den Gebieten des Nord - und nordostdeutschen Tieflandes zerstört, zersiedelt und zerteilt worden.Die verbliebenen Reste verteilen sich - rein geographisch betrachtet -,wie winzige Farbtupfer auf der bundesdeutschen Landkarte. Einer von ihnen ist die Wildeshauser Geest. Sie umfasst die Gemeinden

Bassum • Dötlingen • Ganderkesee • Goldenstedt Großenkneten • Harpstedt • Hatten • Hude •
Stuhr Syke • Twistringen • Visbek • Wardenburg • Wildeshausen

und umfasst in seinen zwischenzeitlich als Naturpark ausgewiesenen Gesamtfläche von 1.534 km² auch die Bereiche einiger hierin integrierter Heideflächen.

Wer als lokaler Patriot nicht nur seine vier Wände liebt, der hat sie sicherlich schon mindestens ein Mal in seinem bisherigen Leben gesehen: die Steingräber, die Hügelgräber. Sie, die vor vielen Jahren von Menschen Hand für Menschen geschaffen wurden, um deren Andenken zu ehren.Hierzu heißt es u.a.:


" Hügelgräber wurden während mehrerer Epochen errichtet. Es begann am Ende der Jungsteinzeit und endete im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr., vorherrschend sind jedoch die Hügel der Bronze- und der frühen Eisenzeit.

In Mittel- und Nordeuropa war die Bestattung unter dem Erdhügel zunächst für die Schnurkeramische oder Einzelgrabkultur bzw. Streitaxtkultur typisch. Die zunächst niedrigen Hügel liegen oft auf Gräberfeldern wie die Mansenberge im Emsland oder das Pestruper Gräberfeld in der Wildeshauser Geest. Diese älteren Hügel nahmen (teilweise durch mehrfache Überbauung), die zuerst in Dänemark erfolgt, an Höhe zu. Es folgten die mitunter von kleinen Gräben umschlossenen Hügel der Hügelgräberkultur in der mittleren Bronzezeit wie die Plaggenschale bei Osnabrück. In der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) gibt es Hügelgräber wie am Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen aus der Stufe Hallstatt D1, dendrochronologisch datiert am Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr.. Das abgebildete Grab von Hochdorf an der Enz stammt ebenfalls aus der Hallstattzeit (HaD). Der Grabhügel 1 von Eichlehen im Frankfurter Stadtwald barg über 20 Gräber der Stufen Bronzezeit B bis Hallstatt D. Hügelgräber gab es auch noch in der späten römischen Kaiserzeit. Im Frühmittelalter lebte die Sitte gebietsweise fort, in England zum Beispiel in Sutton Hoo; sie endete erst mit der Christianisierung der Wikinger etwa 1050 n. Chr. Im Fürst-Pückler-Park Branitz bei Cottbus befindet sich ein Tumulus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. "

- Zitatende -












Als gebürtige Niedersachse, jenem Bundesland also, das flächenmäßig als zweitgrößten zählt, gehört es durchaus zu den Usancen, dass sich der Heimatverbundene auch in anderen Regionen seines Landes auskennt. So habe ich die Hügelgräber rund um Wildeshausen einige Male besucht. Jene Relikte aus längst vergangenen Zeiten, als die Umgebung - und nicht nur die - von einem durchgängigen Wald belegt war. Hier wurden die kleinen Siedlungen - von Menschenhand erbaut - nicht nur zum Lebensraum innerhalb der gesamten Lebenszeit - diese war verglichen mit der heutigen relativ kurz -, sondern auch die Aufbewahrung nach dem Tod hatte dort ihre nahen, unmittelbaren Plätze.



















Die " Pestruper Hünengräber " sind somit ein Wahrzeichen für die Vergänglichkeit des eigenen Seins. Sie bilden die Klammer zwischen Vergangenheit, Jetzzeit und Zukunft, zwischen Leben und Tod. Hier hat die Zeit keine Bedeutung mehr. Sie verhält sich neutral. Ein Besuch jener Monumente unserer Vorfahren in den vier unterschiedlichen Jahreszeiten lässt sie jedoch in ebenso unterschiedlicher Erinnerung verbleiben. Von einem leicht unheimlichen, neblig bis düsteren Ort bis hin zu einem blühenden und sonnigen Umfeld reicht die Palette der Impressionen.




















Deshalb sind die Gräber auch heute noch einen Besuch wert.

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