Aphorismen - Anglizismen - Anthologismus oder: Wenn Nationale von der Vergangenheit reden.
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Der Sächsische Landtag ist eigentlich eine Einrichtung, in der es um das Ausüben der auf Zeit übertragenen Macht des Volkes auf ihre dortigen Vertreter geht. Hier treffen sich eben jene gewählten Repräsentanten des Landes auf eigener Ebene. Wohl sortiert nach Fraktions- - oder Parteizugehörigkeit von rechts nach links und von oben nach unten sowie nach den ihnen übertragenen Parlamentsfunktionen, sitzen die Damen und Herren dort, um miteinander, übereinander und gegeneinander mittels vor geschriebenen, dann oft monoton vorgetragenen und noch öfter aus sinnfreien Inhalt bestehenden Wortes, die jeweilige Sicht der wichtigen und auch unwichtigen Dinge in dem Freistaat darzulegen. Es gibt hierbei gute Redner, es gibt weniger gute Redner und es gibt wirklich schlechte Redner. Das pralle Leben eben; komprimiert auf einer Fläche, eingewählt in einem einzigen Raum, der sich zudem auch noch Plenarsaal schimpft.
In diesem Umfeld tummeln sich tagtäglich nun - einige Male von Besuchern beobachtet - jene 132 gewählten Volksvertreter, die mehrheitlich den schwarz-gelben Anzug tragen könnten, denn die CDU ( 58 Sitze ) koaliert mit der FDP ( 14 Sitze ).
Neben Abgeordneten der Partei " Die Linke ", der SPD und den Bündnis-Grünen, finden sich auch 8 NPDler hier ein.
Dass diese Partei erneut den Einzug in den hiesigen Landtag gefunden hat, ist für den Freistaat Sachsen schon peinlich genug. Was aber aus den Reihen der Fraktion der Nationaldemokraten so abgesondert wird, ist an groben Unfug nicht zu überbieten.
So stellten den NPDler am 13. Oktober im Rahmen der Plenarsitzung des Sächsischen Landtags einen Antrag, dass die Deutsche Sprache von so genannten Anglizismen befreit werden müsse und einer Deutscher eben nur deutsch sprechen dürfe, wenn seine Sprache eben von englischen Begriffen gesäubert worden sei.
Diesen Weg sind vor mehr als 70 Jahren die Nationalsozialisten auch gegangen. Der Name der Sackgasse ist bekannt: Tod,Zerstörung,Leid!
Nun, so weit sollte der amüsant auf die Provinzposse herab blickende Betrachter nicht gehen. Das Häuflein der selbst ernannten Guten Deutschen, das sich in Sachsen einfindet, um - vom Staat gut bezahlt - mittels gedrechselter Wortschöpfungen den wahren Charakter hinter der Schandmaske, die da heißt: National demokratisch, zu verbergen,hat de facto keinen Einfluss auf die Tagespolitik.
Auch wenn das weitere Umfeld dieser Pseudodemokraten durchaus Ernst zu nehmen ist, denn von dort gegen massive Straftaten gegen Personen aus,bleiben die Aktivitäten der NPD selbst recht überschaubar.
Wäre nicht der Medienzirkus vorhanden, der die Kunststücke dieser intellektuellen Tiefflieger ständig mit größtmöglicher Sorgfalt kommentiert, so würde die breite Öffentlichkeit kaum Notiz von diesen Gutdeutschen nehmen.
Inhaltlich hat die sächsische NPD wenig zu bieten. Latrinenparolen, die bereits von den Krawallblättern in die Landschaft hinein posaunt werden, wenn es um das Schüren niederer menschlicher Instinkte und Grundbedürfnisse geht, sind hier genauso populär wie das Verbiegen von historischen Gegebenheiten im Zusammenhang mit dem Dritten Reich. Hier sollen vor allem jüngere Menschen bedient werden, die von geschichtlichen Ereignissen nichts wissen.
Unter diesen Voraussetzungen ist denn auch der Antrag der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag zu sehen, der mit dem Ziel gestellt wurde, die deutsche Sprache von Anlizismen zu befreien.
Derartige Bestrebungen hat es bereits vor mehr als 400 Jahren gegeben, als die Königshäuser, Fürstentümer und der Landadel zunehmend von fremdsprachlichen Einflüssen wegen der dort praktizierten Zwangsehen ihrer Nachkömmlinge mit ausländischen Partnern gleichen Standes, betroffen waren. Der Sprachgebrauch veränderte sich dementsprechend und erhielt nicht nur französische Begrifflichkeiten, mit denen dann kokettiert werden konnte. Deshalb gab es bereits zu jener Zeit Bestrebungen, diese Entwicklung zu stoppen und zurück zudrehen.
" Pointiert zusammengefasst wurde die Thematik von dem Satiriker Johann Michael Moscherosch (1601–1669):
- „Fast jeder Schneider
- will jetzund leider
- Der Sprach’ erfahren sein
- und redt latein,
- Wälsch und französisch,
- halb japonesisch,
- Wann er ist doll und voll,
- der grobe Knoll.
- Ihr bösen Teutschen,
- man sollt’ euch peitschen,
- Daß ihr die Muttersprach so wenig acht.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Sprachpurismus
Als 1885 der deutsche Herman Riegel den Allgemeinen Deutschen Sprachverein (ADSV) gründete, waren dessen Ziele klar: Keine oder zumindest nur wenige Fremdwörter in der deutschen Sprache zuzulassen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_Deutscher_Sprachverein
Die Riegel'schen Bestrebungen wurden insbesondere in intellektuellen Kreisen mit Hohn und Spott bedacht. So formulierte der Berliner Kunstprofessor Gustav Rümelin:
" Es giebt keinen gefährlicheren Feind für das wahre Deutschthum als die Deutschthümelei, welche von ihrer eigenen Lächerlichkeit einen Schein auf jenes zurückwirft. Zu dieser Art Deutschthümelei gehört auch die ‚Sprachreinigung‘ […].“ (D[elbrück, Hans]: Die Berechtigung der Fremdwörter. Von Gustav Rümelin [Rezension], in: Preußische Jahrbücher 4 (1887), S. 395). "
- Zitataende - aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_Deutscher_Sprachverein#Fr.C3.BChe_Kritik_am_ADSV
Nach dem grandiosen Scheitern des ADSV versuchte dieser sein Glück nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und biederte sich denen an. Tatsächlich hatten die Faschisten mit der von dessen Mitgliedern propagierten Sprachbereinigung wenig am Hut. Die NS-Führung und der " Führer" selbst nutzten Fremdwörter und kreierten eigene Begriffe, die zu Propagandzwecken eingesetzt wurden und das Ziel hatten, die wahren Absichten zu verschleiern und plumpe Lügen zu vertuschen.
http://www.auslandsjahr.eu/10-deutsche-woerter-die-erst-durch-das-dritte-reich-gepraegt-wurden/
Die NPD und ihren ach so großen Idole rund um den Schreihals aus Braunau am Inn versuchten nun den Sächsischen Landtag dazu zu bewegen wider der Verunreinigung der Deutschen Sprache einen eigens hierzu ausformulierten Antrag über die parlamentarische Hürde zu hieven.
Auch dieses Bemühen scheiterte kläglich und gab im "Hohen Hause " sogar Anlass zur Fraktions übergreifenden, vermehrten Heiterkeit:
Denn eine Rede eben zu jenem Antrag der NPD "Deutsch statt Denglisch", die der Grünen-Abgeordnete Miro Jennerjahn für seine Fraktionsvorsitzende Antje Hermenau hielt und in der sie bzw. er diesen Antrag verhohnepipelt,ist bei "Youtube" seit deren Einstellung zum wahren "Klick"-Renner mutiert. In den Medien wird in etwa so getitelt:
Ein Video zu dem Redebeitrag des sächsischen Grünen-Abgeordneten Miro Jennerjahn ist auf Youtube der Renner. Der Film, der eine Landtagsrede Jennerjahns zeigt, wurde von Nutzern vom 13. Oktober bis heute 172.000 mal angeklickt. Dieses sei für eine Rede im Landtag ein geradezu sensationeller Wert.
Mit der Rede hatte Jennerjahn die Fraktion der rechtsextremen NPD auf die Schippe genommen, die bei einer Landtagssitzung Mitte Oktober einen Antrag „Deutsch statt Denglisch“ gestellt hatte. Geschrieben hat die Rede Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau. "
http://www.youtube.com/watch?v=xAemDwDAZno
Und tatsächlich gibt der geschliffen formulierte Beitrag Anlass zum Schmunzeln, auch wenn der Grund hierfür nur ein heftiges Kopfschütteln, ob der Naivität der NPDler hervor rufen muß.
Denn die Versuche des ADSV, die NS-Mörder zu einer zwangsweisen Einführung von rein deutschsprachigen Wörtern im " Tausenjährigen Reich " zu bewegen, endeten mit dessen Verbot im Jahre 1940, nachdem der "Führer" sich wegen seines eigenen Redevokabulars zart vom ADSV kritisiert, eine weitere Einmischung verbat.
Warum wohl?
Kommentare
Aber dessen ungeachtet ist es schon peinlich, wenn deppendeutsche Leistungsträger mondän von Backshop, Garten- und Jobcenter etc. palavern und somit ihrem mißratenem Projekt noch zu etwas Glanz verhelfen wollen. Das für solche Sinnentstellungen (in Jobcentern werden keine Gelegenheitsarbeiten gesammelt und auch nicht vermittelt) die englische Sprache herhalten muß, ist dem Zeitungeist geschuldet. Der Deutsche hat nunmal den Hang sich anderen Kulturen zu unterwerfen. Erst sprach der Adel französich, dann gab es den Germanenkult, in der sowjetisch besetzten Zone baute man fleißig Datschen und soff sto Gramm und der Westen ersoff an dem, was über den großen Teich herüberschwappte. Dabei bietet die deutsche Sprache selbst genug Raum für Unfug. Der Gendarm (franz.: gens d'armes) z.B. durfte sich mehrerer Umbennungen erfreuen. Was war der nicht alles: Schutzpolizist, Freund und Helfer, Volkspolizist, Abschnittsbevollmächtigter und nun darf er sich Bürgerpolizist nennen. Im historischen Zusammenhang gesehen, machen diese Umbennungen durchaus Sinn. Was ich bei einem DDR-Wohnblockzusteller oder dem BRD-Fallmanager nicht erkennen kann. Aber in 100 Jahren sehen wir das Ganze wieder unter historischen Aspekten und haben Freude an unserer gelebten, lebendigen und verlebten Sprache.