Das Anders - Becker - Bohlen - Syndrom.
Die Neuzeit, beginnend mit der Einrichtung des World Wide Web, hat so manchen Literaten, so einige Autoren und noch mehr Journalisten alsbald bedeutungslos - und arbeitslos gemacht. Da hilft kein großes Lamentieren: Wer aktuell, auf den Punkt genau und umfassend informiert werden möchte, der kommt nicht um die Nutzung des Internets herum. Wer allerdings das typische, leicht knisternde Geräusch, das beim Umschlagen einer Buchseite, eines Magazinblattes oder einer Seite eines sonstigen Druckwerks liebt, der kann die enorme Auswahl an elektronischen Medien nicht wirklich als Alternative anerkennen.
So wird denn das geschriebene und gedruckte Werk immer noch - insbesondere von den Angehörigen aus den Bevölkerungsgruppen 50 plus - gerne gelesen. Selbst dann noch, wenn es inzwischen massenhaft verramscht, nicht weniger Schwachsinn enthält als der virtuelle Konkurrent. Das Medium Buch muss sich auch in jene Kategorie einordnen lassen, wenn es ein Thema behandelt, das eigentlich niemanden wirklich interessiert.
Seit vielen Jahren hat die inflationäre Veröffentlichung von Biografien dazu geführt, dass viele dieser gedruckten Ergüsse als Schund zu bezeichnen sind. Schund deshalb, weil sie auf einem unterirdischen Niveau geschrieben sind.
Nun, diese ficht die Buchverlage nicht an. Im Gegenteil, mit jenem Nonsens werden zunächst viele potenzielle Konsumenten angesprochen, denn die Gesellschaft lässt sich durchaus manipulieren, wenn es darum geht,mittels einer geschickten Vermarktungsstrategie, die eigenen Lebensinhalte als äußerst wichtige Erkenntnisse für andere Menschen zu verkaufen.
Auch hier gibt es drei klassische Eingruppierungen. Die der dieser Schrott völlig kalt lässt, weil sie gut klassige Literatur favorisieren; jene, die ansonsten kein Buch in die Hand nehmen würden, sich aber voyeuristsisch verhalten, weil es um das Leben eines vermeintlichen Promis geht, dass natürlich viel interessanter ist, als das eigene Dasein und die Kategorie der absoluten Nichtleser, denen selbst solcher Müll nicht von der Glotze weglocken kann.
Wenn eine Biografie eines angeblichen Promis in der Vermarktungsmaschinerie ordentlich aufgepimpt worden ist, rollt nicht nur der Rubel für den Verlag und den Schreiberling, auch wenn der nur oft seinen Namen hergibt, denn ein Ghostwriter hat ihm bereits die Drecksarbeit angenommen, sondern es wird in der Öffentlichkeit jetzt über das Buch des Mitteilungsbedürftigen diskutiert. Damit schließt sich der Kreis der Marktstrategie, denn je umfangreicher die Berichterstattung über den Prominenten und dessen Schriftwerk, desto höher die Werbewirksamkeit.
Der Großmeister allen Schunds, Dieter Bohlen hat dieses mit seinen Schwarten " Nichts als die Wahrheit " sowie " Hinter den Kulissen " gezeigt. Er rührte nicht nur in seinem eigenen Leben kräftig herum, sondern auch in das seines einstigen Kollegen und das seiner Verflossenen. Die wiederum fühlten sich angegriffen und brachten einige Gerichte dazu, dass diverse Passagen in dem Bohl'schen Machwerk nachträglich geschwärzt werden konnten, wenn der selbst auferlegte Grundsatz der Wahrheit gröblich verletzt wurde - sprich: wenn Bohlen log.
Neun Jahre später zahlte es ihm sein einstiger Mitstreiter Thomas Anders dem genialen Meister der seichten Popmusik zurück. In dem Traktat
" 100 PROZENT ANDERS - Mein Leben und die Wahrheit über Modern Talking, Nora und Dieter Bohlen. "
keulte der vormalige Sunnyboy so richtig aus. Er lästert in seiner vor knapp zwei Wochen veröffentlichten Autobiografie über den Ex-Modern Talking- Musiker Bohlen richtig ab. Auge um Auge,.... eben!
Dass er auch seine Ex Nora dabei einbezieht lässt sich dann doch nicht nachvollziehen. Was die vormals traute Zweisamkeit mit einer versuchten Retourkutsche gegen den Maulhelden Bohlen zu tun haben soll, wird selbst denjenigen Protagonisten nicht klar, die diesen Dünnpfiff gelesen haben:
http://www.amazon.de/100-PROZENT-ANDERS-Autobiografie-Wahrheit/product-reviews/3708105176/ref=sr_1_1_cm_cr_acr_txt?ie=UTF8&showViewpoints=1
Sicherlich sind auch solche Druckwerke erforderlich, wenn es darum geht, zu zeigen, wie armselig und dämlich die Welt um uns herum geworden ist, seit dem nur der schnöde Mammon regiert und das Materielle als Indikator zur Einstufung der Wichtigkeit eines Menschen zählt. Sei's drum!
Wer Anders' Autobiografie nicht liest hat nichts verpasst; er dürfte auch getrost auf die Straße gehen ohne gleich als Kulturbanause entlarvt zu werden. Damit es aber noch einmal so richtig spannend wird, hat Anders' Ex weitere Kohlen in den noch köchelnden Ofen gelegt. Sie bemühte die Justiz und konnte hier zunächst einen Erfolg erzielen. Anders darf nun einige veröffentlichte Behauptungen über seine Nora nicht mehr wiederholen und wird gezwungen diese in den Exemplaren zu schwärzen.
Ferner will die forsche Verflossene auch noch ein paar "Kröten" von dem einstigen MT-Mitglied. Wer verlassen wird, muss in diesen Kreisen nicht gleich zur ARGE stiefeln, sondern zapft einfach das einstige Wirtstier wieder an.
Neben Bohlen und Anders hat aber auch einer dritter Großmeister des Nonsens seine literarisch große Stunde gehabt: Boris " Bobbele " Becker. Inzwischen auch in die Jahre gekommen und vom Leben mächtig in den Allerwertesten getreten, schrieb er 2004 seine Autobiografie mit dem hoch heiligen Titel " Augenblick, verweile doch.... ". Schon Kritiker des Buches haben Becker attestiert, dass er es lieber bei seinen sportlichen Aktivitäten hätte belassen sollen.
Wer Weltliteratur, wie Goethe's "Faust" bemüht, sollte diesen nicht kastrieren, wenn er selbst nur ein Kastrat zu bieten hat. B.B. verkennt denn auch, dass seine Geschichten, die ihm das Leben schrieb und seine Liebschaften, die ihn viel Geld kosteten sowie auch viele falsche Freunde einbrachten, nicht geeignet sind, den genialen Goethe einzubinden.
"Zum Augenblicke dürft'ich sagen: Verweile doch, du bist so schön!"
Das trifft weder auf den Ramsch von Anders - Bohlen - Becker zu, noch auf andere Protagonisten, die meinten, wer in der Gesellschaft einst einen gewissen Bekanntheitsgrad erworben hat, darf sich nicht nur alles erlauben, weil er Geld hat, sondern auf jeden Schmus auf gedruckten Papier in die Öffentlichkeit bringen.
Hier gilt deshalb Wilhelms Busch Feststellung:
Wenn einer, der mit Mühe kaum
gekrochen ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.
Kommentare