OLG - NSU = Augen zu?
Wenn sich eine Abiturientin / ein Abiturient nach dem Erlangen der allgemeinen Hochschulreife in einem rechtswissenschaftlichen Studium an einer der ungezählten Universitäten dieses Landes versuchen sollte, wird der Jurastudentin, dem Jurastudenten schon bald vermittelt, dass das bundesdeutsche Rechtswesen so einfach, wie es die Medienmeute oft darstellt und die Latrinen - Zeitung aus Berlin gerne haben möchte, eben doch nicht ist.
Da gibt es zunächst einen - für den juristischen Laien - schier unübersehbaren Aufbau bei den Gerichten. Wer sich hier einmal die Mühe macht und die Rechtszüge innerhalb der Gerichtsbarkeiten zu erlernen versucht, könnte sehr schnell verzweifeln. Was ist denn nun ein Landgericht? Was ein Landesarbeitsgericht? Oder was ein Landessozialgericht? Dann gibt es da noch Oberlandesgerichte. Und, was, bitte schön, unterscheidet sich dort von einem Amtsgericht? Nun, um jene Fragen beantworten zu können, muss eben ein angehender Jurist mindestens 3, 5 Jahre für das Erste Staatsexamen und weitere 2,5 bis zur Erlangung der Befähigung zum Richteramt fleißig lernen. Sollte sie oder er, denn sonst droht der Super - GAU, nämlich kein Berufsabschluss.
Und dennoch ist es nicht jeder Juristin, jedem Juristen vergönnt, kraft dem in den Vorlesungen, Seminaren und Repetitorien eingebläutem Wissen, die nicht vorhandene Logik der Rechtswissenschaften zu verstehen; geschweige denn, nach den Buchstaben des Gesetzes zu handeln. Und zwar so, dass es Lieschen Meier und Fritzchen Müller auch versteht.
Einst verwiesen meine Hochschullehrer in den vielen Veranstaltungen auf die erheblichen Defizite, unter denen die Jurisprudenz leider immer noch leidet. Eine verquastete Sprache durch Fachtermini, die außer den Juristen selbst, kaum jemand versteht. Und selbst innerhalb des einst erlauchten Zirkels an Rechtskundigen gibt es nicht wenige, die bei der Problemlösung auf ihnen eher unbekannten Rechtsgebieten, wie der berühmte Ochs vor dem Berge stehen. Nach gesagt wird dieser Berufsgruppe aber auch, dass sie über keine oder oft nur wenig soziale Kompetenz verfügen. Weshalb vor vielen Jahren der Versuch gestartet wurde, dieses Manko im Rahmen von Reformstudiengängen ein wenig auszugleichen.
Auch daraus wurde nichts, weil die Berufslobbyisten in der Politik und das reaktionäre Lager in den Universitätsverwaltungen hier sehr schnell einen Riegel vorschoben. So wird denn das Gros der Absolventen immer noch nach der erreichten Prüfungspunktezahl ausgesiebt. Wer ein Prädikatsexamen hingelegt hat, darf Richter werden, in den Beamtendienst eintreten oder erhält den Zugang zu höheren Weihen in der Wirtschaft.
Der Fachidiotismus grassiert auch hier und gibt dabei anderen Qualitäten des Aspiranten für jene Posten kaum eine Chance.
Vor diesem Hintergrund dürfte denn auch die Entscheidung des Strafsenats am Oberlandesgericht ( OLG ) in München zu sehen sein, die da lautete, in dem anstehenden Prozess gegen das mutmaßliche Mitglied der Mörderbande mit dem verschleiernden Namen Nationalsozialistischer Untergrund ( NSU ) Zschäpe sowie weiteren angeklagten Helfern und Helfershelfern nur 50 Sitzplätze für akkreditierte Journalisten zur Verfügung zu stellen und diese nach Eingang des jeweiligen Antrags aufzuteilen. Das Ergebnis daraus ist bekannt: Es hätten nur deutsche Presse - oder Medienvertreter berichten dürfen.
Ein Aufschrei ging durch die Medienlandschaft.Der ausländische Teil der auf das Münchner OLG einprügelnden Schreiberlinge, Kommentatoren und Besserwisser hielt sich indes in Grenzen, denn schließlich haben Zschäpe und Konsorten " nur " türkisch - griechische Ausländer ermordet. Dennoch setzte es von allen Seiten Hiebe für den 6. Strafsenat unter dem Vorsitz von VROLG Manfred Götzl, der nach dem dortigen Geschäftsverteilungsplan für Staatsschutzdelikte zuständig ist. Nun fragt sich der juristisch nicht Kundige, warum einer aus Zwickau, also aus Sachsen kommende bzw. damals dort wohnende Gruppe von mutmaßlichen Straftätern in Bayern, genauer gesagt in München, der Prozess gemacht wird?
Auch hier ist das Gesetz nämlich die Strafprozessordnung eindeutig.
Bei der Auswahl des zuständigen Gerichtsstandes hat der Gesetzgeber der Staatsanwaltschaft ein Wahlrecht eingeräumt und dabei den Gerichtsstand des Tatortes, des Wohnortes und de Ergreifungsortes als Reihenfolge aufgeführt.
Da 5 der im NU - Verfahren angeklagten 9 Morde in München verübt wurden, ist ein Münchner Gericht, also das Oberlandesgericht örtlich zuständig.
Und so schwadroniere die bayrischen Medien schon von eine " Prozess der Superlative ":
Und nicht nur das. Weil das OLG München so klein nun einmal nicht ist ( http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/m/bezirk/ ), der Einfluss der CSU dafür immer sehr groß bleibt, könnte der Strafsenat seine Entscheidung bereits nach kurzer Zeit revidieren .
Vom Gesetz her ( hier gilt das Gerichtsverfassungsgesetz ) haben die fünf Berufsrichter nichts unrechtmäßiges getan, denn der nach § 169 GVG bestehende Grundsatz der Öffentlichkeit in Gerichtsverhandlungen ist ein sehr hohes Gut. Wer durch Verletzung des Gebots ein Verfahren führt, läuft Gefahr in einem Rechtsmittelprozess nicht nur gerüffelt zu werden, sondern auch eine Aufhebung des Urteils hinnehmen zu müssen. Die Schwarzkittel fürchten einen solchen Fall, wie der Teufel das Weihwasser - auch im Bazi - Land. Denn auch der Strafsenat beim OLG München kennt die vielschichtige Rechtsprechung hierzu ( http://dejure.org/dienste/lex/GVG/169/1.html ).
Was allerdings Recht ist, bestimmt manchmal eben nicht ein Gesetzt, sondern die Einfluss nehmende Politik und de sagt dann schon mal: Es ist bald Wahl, Freunde rudert sofort zurück, sonst gibt´s für uns alle Saures.
Na, da sind wir aber gespannt, was ab dem 17. April sonst noch geschieht. ob mit oder ohne zugelassene ausländische Gerichtsberichterstatter.
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