Das Unwort des Jahres 2006 lautet: " Freiwillige Ausreise "

Wie es seit vielen Jahren zur Pflichtübung der eigens hierfür einberufenen Kommission geworden ist, gibt es auch in 2006 ein Unwort des Jahres. Die Wahl fiel auf den Begriff " Freiwillige Ausreise ". Eine zunächst harmlose Umschreibung für einen Hoheitlichen Akt des Deutschen Staates. Im niederen Behördendeutsch heisst diese Handlung auch Abschiebung.
Sinnbildlich werden jene Kinder, Frauen und Männer, die hier bereits unanfechtbar zur Ausreise aufgefordert wurden, mittels deer reperessiven Staatsorgane aus dem Land geschickt. Meisten für immer. So ist es in der grauen Theorie. Die Praxis sieht allerdings völlig anders aus.
Wer jemals die Gelegenheit, hinter den Kulissen der Ausländerbehörde, der zuständigen Ministerien und sonstiger Ämter sowie Verwaltungen zu sehen, der erkennt bald sehr deutlich, dass das so liberale Grundgesetz, oft nicht liberal umgesetzt wird.

Eine nicht deutsche Person, die sich hier legal oder auch illegal aufgehalten hat und deren Aufenthalt beendet wird, muss freiwillig ausreisen. Ansonsten droht die Abschiebung in das Geburtsland, das Land des letzten Aufenthalts oder das, was nach dem Schengener Abkommen, zuerst für die Aufnahme dieser Person zuständig war. Hierzu gibt es unzählige Vorschriften, viele Verordnungen und noch mehr Rechtprechung.

In den Zeiten vor der Grundgestzänderung, die das Asylrecht weiter eingeshränkt hat, gab es jährlich zwischen 500.000 bis 600.000 Asylbewerber. Die konservativen Politiker und sonstige Rechte nennen sie auch Asylanten. Die Beantragung von politischen Asyl war relativ einfach. Es brauchte nur das Wort " Asyl " benannt werden, schon sprangen die Hebel der Polizeimaschinerie auf Stop. Diese Verfahren in den 80ern und 90ern dauerten sehr lange - oft 5 bis 8 Jahre. Manchmal wurden diese Anträge gra nicht entschieden und der Asylbewerber bekam eine Duldung ausgestellt. Die Menschen blieben hier, sie konnten sich oft in die Gesellschaft integrieren. Sie haben Arbeit, zahlen Stuern, Sozialabgaben, bezogen eigene Wohnungen, heirateten und bekamen Kinder. Sie machten all das, was die übrigen Mitbürger/Innen auch taten - sie lebten.

Tatsächlich war der Aufenthalt imEinzelfall jedoch nach wie vor unsicher. Er konnte jederzeit bendet werden, er konnte zur Ausreiseaufforderung umgemünzt werden und führte oft auch zur Abschiebung. Zuvor bekamen diese Menschen jedoch die Chance der freiwilligen Ausreise. Die Ausländerbehörde setzte ihnen hierzu ein Frist - vielfach 4 Wochen. In diesem zeitraum mussten die Regularien der Rückreise, des Rückflugs, der Rückkehr geklärt werden. Dieser immense Druck, der aauf einen Ausreisepflichtigen lastet, er führt oft zu persönlichen Katastrophen. Selbstötung ist hierfür das Extrembeispiel.

Die Freiwillige Ausreise ist eigentlich nicht freiwillig. Sie ist ein Instrument des Ausländerrechts, mit dem die unliebsamen, die unerwünschten Menschen, in diesem Land zur Rückkehr gzwungen werden. Zur Rückkehr in eine ungewisse Zukunft, in ein Land, das sie vielfach nie gesehen hatten. In eine Region, die von Krieg, Armut oder Hunger heimgesucht wurde. In ein Gebiet, das ihnen keine Perspektive aufzeigt. Das dortige Leben ist sehr häufig nicht lebenswert. Es ist geprägt von den Auswüchsen menschlichen Zusammenlebens, die bei uns nur selten zu Tage treten, von Gewalt, von Menschenverachtung und von sozialen Verwerfungen.
Sicherlich können wir nicht das Aufnahmeland für Millionen von Menschen sein, denen es verwehrt bleibt, ein einigermassen anständiges, ein sorgenfreies Leben zu führen. Wir sind auch nicht der Spielball zwischen Kriegsparteien und machtgierigen, korrupten Politikern.
Wir können, ja wir , müssen sogar, unsere Einstellung zu anderen Menschen, die sich von uns in vieler Hinsicht unterscheiden, ändern und mehr Toleranz zeigen. Ein so reiches Land, eine enorm hoch entwickelte Gesellschaft, kann es sich durchaus leisten, regelmässig Hilfestellung für nachweislich in Not geratene Menschen anzubieten.

Die dummen und platten, die ausländerfeindlichen Kommentare, die mir im Forum bei freenet unter die Augen kamen, sie sind erschreckend. Nur diese kleine Sequenz von Einstellungen zu Mitbürgern ausländischer Herkunft zeigt, das der einfache Deutsche auch 75 Jahre nach der Machtergreifung des Schreihalses aus Braunau am Inn und 68 nach Kriegsbeginn, nur sehr wenig dazu gelernt hat. Wie armselig wir doch manchmal sind!

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