Gibt es im Osten die meisten Kindstötungen?

Schon wieder ein spektakulärer Fall von Kindtötung in Deutschland. Dieses Mal traf es eine kleine Gemeinde in Thüringen. Der Name ist nicht unbedingt ein Indiz für das weltoffene Bundesland, die Region zeigt sich eher von der Seite eines Gebiets, einer Region, in der die gesellschaftlich Abgehängten leben - das Prektariat. Die Gemeinde Thoreby, wer kennt sie schon? So werden schnell die Erinnerungen an den spektakulären Fall im dem brandenburgischen Ort Finkenheerd im Jahr 2005 wach. Hier fanden die Ermittlungsbehörden insgesamt 11 Babyleichen. Welche Mutter bringt es fertig, ihr Neugeborenes zu töten? Diese Frage muss sich jeder stellen, der diese Fälle sachlich und nüchtern betrachtet will. Es gibt aber andere, ähnlich gelagerte Taten, die beispielsweise in Hamburg aufgedeckt wurden, die in Bremen publik wurden oder in Baden-Württemberg sogar in Bayern. Die Berichte ähneln einander. Sie sind in der Abfolge, in der Schilderung des sozialen Umfeldes und den Konsequenzen für die Beteiligten, annähernd deckungsgleich. Und dennoch werden die aktuellen Fälle in den Medien differenzierter dargestellt. Die landläufige Meinung, wonach die Tötung von Neugeboren, ein spezielles Problem der Neuen Bundesländer wäre, besteht dort hartnäckig und wird durch teilweise tendenziöse Berichterstattungen, sogar noch intensiviert.

Warum sollen also nur die Neuen Bundesländer mit Fällen von Kindesmisshandlung und Kindtötung betroffen sein? Weshalb soll hier ein besonderes Umfeld, dass diese Straftaten fördert, geschaffen worden sein. Wieso haben nur Frauen aus dem Beitrittsgebiet damit zu kämpfen, ihr Leben in den Griff zu bekommen? Und was hat die einstmalige Sozialisation mit den deviaten Leben zu tun? Diese Fragen werden in den Berichten nur angerissen. Sie werden aber nicht beantwortet. Es können auch keine Belege darüber erbracht werden, dass nur Familien und Frauen in der ehemaligen DDR mit dem eigenen Lebenswandel nicht zurecht kommen und deshalb straffällig werden. Somit bleiben die Annahmen, wie sie in den Medien verbreitet werden, reine Spekulation. Es gibt keine signifikante Abweichung eines kriminellen Milieu, dass angeblich für diese Taten verantwortlich ist. Derartige Behauptungen sind aus den Fingern gesogen.

So stellt sich die Frage, weshalb bestimmte Teile der bundesdeutschen Medien, sich auf eine solche Behauptung festlegen? Gibt es hierfür einen Grund, eine Ursache? Es gibt sie! Die Unkenntnis über die Lebensbedingungen in der damaligen DDR, wie sie der Mehrzahl der Westdeutschen anhaftet, ist die Hauptursache für die Vorurteile, die hier gehegt werden. Das nach der Wende, viele Biographien einen erheblichen Einschnitt erfuhren, dass alles, was einstmals funktionierte, plötzlich zusammen brach, dass Menschen aus ihrem Umfeld gerissen wurden und innerhalb von wenigen Jahren einen kontinuierlichen Abstieg zu verzeichnen hatten, dass alles ist selbstredend. Die Aufteilung in Wendegewinner und Wendeverlierer, sie wird noch heute vorgenommen. Deshalb bleibt auch für die Zukunft ein schaler Beigeschmack, wenn nach den Ursachen für derartige Taten geforscht wird. Die Umwälzung nach 1989, sie war für viele zu viel, sie kam für die meisten Menschen zu schnell, der Zusammenbruch vollzog sich zu radikal. Ehe die Menschen mit ihrer erhaltenen Freiheit etwas sinnvolles anfangen konnten, waren sie längs wieder in einem Geflecht gefangen. Dieses heisst heute: Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Gleichgültigkeit und Außerachtlassen sämtlicher Normen und Werte.

Es gibt nicht die spezifischen Kindermörderinnen im Osten, es gibt aber sehr wohl eine große Anzahl von stark gefährdeten Personen, deren Leben an ihnen vorbeirauscht, ohne dass sie zugreifen können. Die Außenstehenden, die Abgehängten, die Armen, die Aussortierten, sie neigen eben dazu, ohne eigene Wertvorstellungen weiter zu leben. So kommt es sehr schnell zu einem defizitären Lebenswandel, der Unrechtbewußtsein ausklammert und Schuldgefühle nicht aufkommen lässt, wenn das eigene Leben sich als inhaltsleer darstellt. Dann sind die anderen Menschen an der eigenen Situation eben schuld. Sie, die es nicht fertig bringen, sich der Probleme dieser Außenseiter anzunehmen. Der Kampf, um die eigene Existenzberechtigung, er findet nicht mehr statt. Die Handlungen äußern sich in Verzeifelungstaten, wie jene Frauen es zeigen, die ihre Neugeboren einfach töten. je länger ein ausweglosen Leben den Menschen vereinnahmt, desto eher ist er bereit, das Leben auch als sinnlos zu qualifizieren.
Wer nicht aus dem Teufelskreis von sozialer Inkompetenz und materieller Armut heraus kommt, der verliert nicht nur den Anschluss an das gesellschaftliche Leben, nein, der gibt sich auf auf.

Diese verzweifelten Frauen in den Neuen und Alten Bundesländer schreien nach Hilfe, sie zeigen jene kalte Seite dieser Gesellschaft, die mit den Erfolglosen gnadenlos umgeht; die aber die Erfolgreichen in eine Kategorie einordnet, innerhalb derer eine eigene Welt existiert, die losgelöst von der übrigen Gesellschaft, nur das Leben als einen spaßigen Zustand definiert, der allenfalls Probleme zulässt, die sich mit Geld ausgeben und Moneten verdienen auseinander setzten. Hier werden keine Kinder getötet. Hier werden bestenfalls Kinder adoptiert. Je exotischer, je besser. Schließlich hält sich jeder Star für einen solchen. Von Kindtötungen haben diese Oberschichtler nie etwas gehört, ob im Westen oder Osten!

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