Die Aue, ein Flüsschen zwischen Weserbergland und der Weser.


Manchmal hat ein Spaziergang im kühlen Dezember zwischen den Weihnachtsfeiertagen und dem Neuen Jahr auch etwas nostalgisches an sich. Als wir uns - nach dem üblich üppigen Mittagsmahl - am 1. Weihnachtsfeiertag dazu entschlossen, die Menschen leeren Straßen in Bad Eilsen zu begehen, führte uns der eingeschlagene Weg auch an der Aue vorbei. Jenem kleinen Flüsschen, dass mich einst während der Kindheit und in der späteren Jugend immer wieder in seinen Bann zog.

Während der frühen 60er Jahre sammelten wir uns immer kurz vor 7.30 Uhr auf der Feldstraße, um gemeinsam den Schulweg anzutreten, der uns dann über die Bückeburger Sraße, entlang des Bad Eilser Friedhofs zur Auebrücke führte. Einem aus Holz zusammen gefügten Provisorium, dass regelmäßig ausgebessert werden musste, weil die Brückenteile nach einiger Zeit durch gefault waren. Es war nicht der offizielle, der von der Schulleitung erlaubte Fußweg, der über die Holz-Auebrücke ging. Der Weg stellte eine Abkürzung dar. Eigentlich hätten wir über die Betonbrücke , die mehr als 1 Kilometer weiter südlich lag, gehen müssen.

Die vielen Erinnerungen an den einstigen Spielpaltz " Aue " sind inzwischen längst verblasst. Ob nun der eigentlich illegale Schulweg oder das winterliche Rodeln auf Prasuhnś Wiese, das Cowboy und Indianer-Spiel im Sommer oder das Auf-die Bäume-klettern im Herbst, alle Erlebnisse haben auch das Bild meiner Kindheit mit geprägt. Später, nach der Schulentlassung waren es dann die Gänge zur Turnhalle des TSV Bad Eilsen oder zum Jugendfreizeitheim des CVJM Bad Eilsen. Sätern dann die Treffen mit meiner ersten Jugendliebe Heidrun an der Schule. Dazu die anschließenden Spaziergänge in den lauen, flauschigen Sommernächten. Das Sichbegrabbeln unter den riesigen Pappeln, die schon längst nicht mehr alle dort am alten Schulgebäude stehen.

Auch im Heimatkundeunterricht spielte die Aue eine wichtige Rolle. Schließlich sollten wir ja auch vermittelt bekommen, für welchen regionalen Bezug wir als abhängig Beschäftigte später einzustehen hatten. Die Wirtschaft des Landkreises Schaumburg-Lippe, später dann nur noch Schaumburg, benötigte uns. Deshalb war es eben wichtig, die heimatliche Umgebung auch zu kennen. So wurde mir in der 5 bis 7 Klasse vermittelt, wie sich der Landkreis in das Bundesland Niedersachsen und dieses in die BRD einfügt. Die Heimatkunde in der Heeßer Volksschule befasste sich somit auch mit den regionalen Flüssen.
Von der Aue in Schaumburg erfuhren wir, dass sie in der Nähe von Hattendorf entspringt, sich durch die Ortschaften Poggenhagen, Borstel, vorbei an Buchholz,schlängelt. Dann durch Heeßen, Bad Eilsen und Ahnsen fließt. Dann die Bückeburger Ortsteile Achum, Warber und Meinsen durchquert, schließlich am Schaumburger Wald in Richtung Gevattersee ihren weiteren Verlauf nimmt. Dann an Dankersen vorbei in Richtung Bückeburg-Cammer, Päpinghausen, Frille fließt und mündet schlussendlich nach 30 Kilometern bei Lahde in die Weser.

Die einstigen Landkarten von Schaumburg-Lippe zeigten in einem relativ großen Maßstab den Verlauf der Aue. Das eher kleine, völlig unbedeutende Flüsschen war für uns jedoch von großem Interesse, zumal in den Klassenarbeiten auch nach den Orten gefragt wurde, an dem die Aue vorbei floss. Einst durften wir während unserer Aue-Erkundungen Bachforellen, Flusskrebse und sogar Reiher beobachten. Dann kamen die 70er Jahre. Die Chemie und die unsinnigen Flussbegradigungen verunstalteten die zuvor noch intakte Umwelt. Die Fische, wie Stichlinge, die Kaulquappen und Frösche verschwanden alsbald. Die Aue verendete zu einer Kloake, die zudem - wegen der Erfahrungen aus den Hochwasser-Katastrophejahr 1962 und weiteren durch Schneeschmelzen verursachten Überschwemmungen - ständig mittels Beton und Steineinführungen begradigt wurde. Die Aue verödete deshalb. Manchmal waren nur noch einige Enten auf dem Wasser zu sehen. Mit der Vergiftung des Flüsschens verschwanden auch diverse Vögel, die Bisamratten und die Flusskrebse.

Die Aue war über viele Jahre durch extensive Chemikalieneinbringungen biologisch tot.

Dann kam eine Art Renaturierung. Mit viel Geld wurde in den 90er und den Jahren nach 2000 Biotope aufgebaut. Der Ursprung des kleines Flusse blieb zwar damit gewahrt, dennoch hat sich dessen Gestalt auch durch die völlig veränderte Umwelt massiv verändert.
Was bleibt sind damit jene Erinnerungen an die Jahre der intakten Umwelt und der Aue als ein Habitat der besonderen Art.

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