" Varus, gib die Legionen zurück! "
Da stand er nun, der Hermann. Einst war er Cherusker-Fürst. Einer von vielen erlauchten Häuptern, Führern und Anführern, die irgendwann in die Historie eingegangen sind.
Ich habe ihn sehr lange nicht mehr gesehen, den Arminius, den Bezwinger der Quinctilius Varus'schen Streitkräfte, den Demütiger der Römer. Ob er nun wirklich so ausgesehen hat, wie ihn der Erbauer des Denkmals in Hiddesen bei Detmold im Lipperland den Nachkommen hinter lassen durfte, mag dahin gestellt blieben.
Es waren die 60er Jahre, als ich das Denkmal das erste und bisher einzige Mal zu Gesicht bekam. Damals hatten unsere Eltern sich einen Ford Taunus 12 M zugelegt. Mit einem weißen Chassis und einer olivgrünen Dachfarbe. Ein Gefährt, dass nur 40 PS als Motorleistung brachte, eine Lenkradschaltung hatte und etwa 0,9 Tonnen wog. Mit diesem Vehikel fuhren wir dann eines Sonntags in das Lipper Land zum Hermannsdenkmal. Damals gab es zwar schon die Autobahn 2 von Berlin über Hannover nach Dortmund, jedoch zogen es meine Eltern vor, die Landstraße zu befahren. Die Fahrt dauerte somit länger. Für die 75 Kilometer von Heeßen nach Hiddesen südöstlich von Detmold benötigten wir deshalb mehr als 1 Stunde.
Dann mussten der PKW auf einem Parkplatz unterhalb des Denkmals abgestellt werden. Die restliche Strecke ging es zu Fuß auf den 385 Meter hohen Teutberg. Der Ausflug war schon eine kleine Erlebnisreise. Wo kamen wir sonst großartig hin? Die Provinz hatte sicherlich auch einige lokale Sehenswürdigkeiten zu bieten, so den Idaturm im Harrl, die Obernkirchner Sandsteinbrüche im Bückeberg oder die Schaumburg bei Rinteln. Aber diese lokalen Attraktionen kannten wir längst durch die obligatorischen Schulausflüge.
Die verblassten Erinnerungen an jenen Ausflug an einem Sonntagnachmittag ermöglichen es mir dennoch, jenen imposanten Aufbau noch vor mir zu sehen, der sich uns nach einem Fußmarsch zeigte. Ein Monument aus Stein, umgeben von Wald und einem Plateau aus Betonplatten. Befriedet durch einen Zaun mit steinernen Pfeilern und Eisenelementen. Das Denkmal war von Besuchern umringt. Überall standen kleinere Gruppen, Paare oder einige fotografierende Einzelpersonen. Die Kitschbunden mit dem üblichen Nippes aus Glas, Keramik oder Plastik, die den Arminus in allen nur erdenklichen Positionen zeigten gab es schon damals.
Warum und von wem das Monument erbaut worden war, hat sich mir vor über 40 Jahren noch nicht erschlossen. Meine Geschichtskenntnisse waren eher bescheiden. In der Volksschule wurde das Kapitel allenfalls angerissen. Weshalb sollte einem vor über 1950 Jahren lebenden Mann also ein Denkmal gesetzt werden. Was hatte er so großartiges geleistet, dass ihm seine Nachwelt dafür danken soll? Wer war dieser Cheruskerfürst eigentlich?
Über den Cheruskerfürsten und seinen Widersacher Varus sind ungezählte Bücher geschrieben, Abhandlungen gefertigt und Filme gedreht worden. Kurz und knapp beschrieben hat Hermann der Cheruskerfürst einst eine Ausbildung von den Römern erhalten, die er sich später zu nutze machte, um jene Kenntnisse - nachdem er die zerstrittenen und unterdrückten Germanenstämme kurzzeitig vereinen konnte - im Kampf gegen die römischen Besatzer anzuwenden, wobei ihm die örtlichen zugute kamen. Die Römer verloren in der sogenannten Varusschlacht fast drei Legionen, drei Reiterabteilungen, sechs Kohorten und Tross (etwa 20.000); die Verluste der Germanen sind bis heute unbekannt. Der römischer Kaiser Augustus hat seinen unterlegenen Stadthalter Varus, der im Kampf geköpft wurde später als Unperson erklären lassen und den Ausruf: "
„Quintili Vare, legiones redde!“
„Quinctilius Varus, gib die Legionen zurück!“
getätigt. Dieser ging ebenso in die Annalen ein, wie die Schlacht selbst. Deren tatsächlicher Ort allerdings wohl bei Kalkriese im Osnabrücker Land gewesen sein soll.
Vielleicht ist es eher der Streit um des berühmten Kaiserś Bart, der ausgebrochen war, als Zweifel gehegt wurden, ob die Varusschlacht tatsächlich im Teuteburger Wald geschlagen wurde oder nicht doch etwa woanders. Zu konstatieren bleibt allerdings, dass der Sieg der Germanen über die Römer an dem weiteren Verlauf der Geschichte nur wenig änderte. Die Römer kamen wieder, erorberten, mordeten und unterjochten weitere Stämme und Völker, bis sie selbst besiegt werden konnten.
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bis nächstes jahr...