Holzauktion



Der nächste Winter kommt bestimmt. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Weshalb also nicht im Sommer schon für den Winter vorsorgen. Die übrigen Lebewesen auf dieser Erde, soweit sie von dem Wechsel der Jahreszeiten betroffen sind, verhalten sich doch ähnlich. Warum soll der Mensch, auch wenn er in einer hoch technisierten Welt lebt, nicht von der Natur und den Tieren lernen?

Unter dieser Prämisse erhielten wir am Freitagmorgen von einem Dresdner Lieferanten Kaminholz. Nicht irgend welches, nein, schon gespaltenes, schön auf eine Verkaufslänge von 33 cm vorgefertigtes und vorgelagertes Holz. Die Scheite lagen als Schüttgut auf einem Kipper, dessen Fahrer seine Ladung dann kurzer Hand in die Garageneinfahrt ab lud. Insegsamt 8 Festmeter, bestehend aus Eiche, Buche und Rubine, lagen auf einem riesigen Haufen dort und starrten mich an, während ich den Lieferschein unterschrieb. Der Fahrer verabschiedete sich, wünschte mir ein schönes Wochenende und viel Spass beim Einschlichten.

Frischan, an die Arbeit also. Die Bauschubkarre geschnappt, vor den Treppenstufen eine starkes Brett aus einem ehemaligen Bettunterbau gelegt und los ging´s. Karre für Karre füllte ich mit den Holzscheiten. Schon bald lief mir der Schweiß die Stirn herunter. Gegen 15.00 Uhr war zunächst Feierabend. Schließlich musste der Freitagshausputz auch erledigt werden.

Am nächsten Morgen ging es weiter. Dieses Mal mit freundlicher Unterstützung meiner besseren Hälfte, die jene Holzhaufen, die ich am Tag zuvor vor den Holzstand Marke Eigenbau und auf die Terrasse aufgetürmt hatte, nach und nach verkleinerte. Nach einer Mittagspause von 1 Stunde kam der Endspurt. Die letzten 10 der mindestens 100 Karren wurden von mir gefüllt. Immerhin verbrennt eine derartig körperlich anstrengende Arbeit viele Kalorien. Jetzt war mir natürlich auch klar, warum die Nachbarn mich bei meiner Schwerstarbeit mit den Worten: " Dann kann der Winter ja kommen " freundlichst unterstützten.
Sie mussten sicherlich vor vielen Jahrzehnten eben genau diese Tätigkeit Jahr für Jahr erledigen. Damals, zu Zeiten der Holz - und Kohleöfen. Als es kaum Gasanschlüsse und meistens nicht einmal Ölheizung gab.




In diesen vielen Dekaden besaß eine Wohnung, ein Haus, nur jene Gußeisenöfen, die als Dauerbrand geeignet verkauft wurden. Wer sich ein solches Ungetüm, dass mit Schamotten bestückt, wahsinnig schwer war, leisten konnte, durfte sich glücklich schätzen. Wer in jedem Zimmer ein derartiges Monster stehen hatte, war schon beinahe ein König. Auch in der Küche stand ein Kohleherd, der noch wuchtiger war. Mit einer emaillierten Tür und einer Kochplatte, als Luxusausführung sogar mit zwei Kochplatten. Das erforderlich Zubehör, um diese Monstren zu betrieben bestand aus einem Kohleeimer, einer Kohlezange und einem Holzeimer, auf dem sich zuvor geschnittenes Anmachholz und Zeitungspapier befand. Die Streichhölzer lagen irgendwo auf dem Küchenschrank, damit wir Kinder sie nicht wegnehmen konnten, um damit Dummheiten zu machen.

Aus allen Öfen musste jeden Tag der Ascheeimer heraus genommen werden. Die manchmal noch heiße Asche kam in eine so genannte Aschekuhle, die sich im Garten befand. Wir Kinder fanden es immer hoch interessant, wenn die Öfen angeheizt wurden. Ab Ende Oktober, wenn die ersten kalten Nächte, dann nicht selten mit Frost, den Spätherbst ankündigten, hackten die Großeltern und Eltern das im Keller vorgelagerter Holz. Ab November wurde zusätzlich Kohle geheizt. Das war dann ein sicheres Zeichen dafür, dass der Winter Einzug gehalten hat und, dass Weihnachten nicht mehr weit war.

Beim Füllen der 80 Liter Bauschubkarre kamen mir diese Erinnerungen an unsere Kindheit. Holz galt damals als nicht wegzudenkender Hauptbrennstoff, so wie in den Jahrzehnten zuvor auch schon. In jenen Zeiten, als Hunderttausende frieren und hungern mussten und deshalb starben.
Längst vergangene Zeiten, die ich aus den vielen Erzählungen meiner Großeltern und Eltern her kannte.

Bei der Rückkehr von dem Terrassenaufgang, von wo aus unsere Karre im Akkordtempo durch die fleißigen Hände meiner besseren Hälfte geleert worden war, sah ich einen mir bekannten, älteren Mann aus der Nachbarschaft die Straße hoch kommen. Er geht zwar leicht gebückt, ist mir aber seit einigen Jahren als rüstiger Senior immer wieder begegnet. Ich drehte die Schubkarre, bückte mich und lud sie wieder voll. In beiden Händen einen Holzscheit, stapelte ich diese exakt in Wanne der Schubkarre. Der ältere Nachbar blieb stehen. Ich grüßte ihn freundlich und sah das ein leichtes Schmunzeln über sein Gesicht huschte, als er wieder die Floskel aussprach: " Na, dann kann der Winter ja kommen!"
Ein kurzes Gespräch folgte. Ich erklärte ihm, woher wir das Holz bezogen hatten. Interessiert hörte er mir zu. Dann erzählte er mir, dass zu seiner Zeit sämtliches Holz mit der Axt und der Säge zerkleinert werden musste. Ich nickte zustimmend. Dann drehte er sich langsam wieder um und gab zum Besten:

" Wer sich nicht rührt, friert!" Ich lachte laut, er grinste nur und verabschiedete sich.
Wie Recht er doch eigentlich hat. Auch heute gilt mehr denn je, dieser dann umgewandelte Spruch. In den Zeiten, wo Ölpreise explodieren, die Gas-Mafia drei Mal im Jahr Preiserhöhungen durch setzen und auch die Stromtarife in astronomische Bereiche abdriften, können Alternativen, wie ein Kaminofen bares Geld darstellen. Wenn trotz aller Sparbemühungen am Ende der Heizperiode saftige Nachzahlungen ins Haus flattern, wird mehr denn je deutlich, dass das Beheizen der Wohnräume schon beinahe wieder zum Luxus geworden ist; so wie damals vor mehr als 50 Jahren.

" Wer sich nicht rührt, friert! " - Wer kein ausreichendes Einkommen hat aber auch.

Aber etwas lustiges gibt es denn doch noch in Sachen Holz. Den alten Gassenhauer von der Holzauktion im Grunewald aus dem Jahr 1890, wurde von Otto Teich geschrieben und als traditionelles Lied vielfach veröffentlicht. So sang 1964 die Träller-Liese Conny Froboess das Teich´sche Lied als Schlager:


 http://www.youtube.com/watch?v=XOr6TI33R8c

Im Grunewald

im Grunewald ist Holzauktion
ist Holzauktion
ist Holzauktion.

Im Grunewald
im Grunewald ist Holzauktion
ist Holzauktion
ist Holzauktion.

Links um die Ecke rum
rechts um die Ecke rum
überall ist große Holzauktion!

Links um die Ecke rum
rechts um die Ecke rum
überall ist große Holzauktion!

Der ganze Klafter Süßholz kost' 'nen Taler
- 'nen Taler
'nen Taler!
Der ganze Klafter Süßholz kost' 'nen Taler
- 'nen Taler
'nen Taler!

Im Grunewald
im Grunewald ist Holzauktion
ist Holzauktion
ist Holzauktion.

Im Grunewald
im Grunewald ist Holzauktion
ist Holzauktion
ist Holzauktion.

Links um die Ecke rum
rechts um die Ecke rum
überall ist große Holzauktion!

Links um die Ecke rum
rechts um die Ecke rum
überall ist große Holzauktion!

Der Förster schießt dabei zwei große Böcke
für'n Taler
für'n Taler
und sieht drauf in der linken
rechten Ecke
für'n Taler

Der Forstgehilfe
küßt des Försters Tochter
für'n Taler
für'n Taler

Der Förster
auf den Forstgehilfen pocht
für'n Taler.

Im Grunewald
im Grunewald ist Holzauktion
ist Holzauktion
ist Holzauktion.

Im Grunewald
im Grunewald ist Holzauktion
ist Holzauktion
ist Holzauktion.
Links um die Ecke rum
rechts um die Ecke rum
überall ist große Holzauktion!

Links um die Ecke rum
rechts um die Ecke rum
überall ist große Holzauktion!

Beim Mondenschein
da kamen alte Weiber
für'n Taler
für'n Taler

Die mausten Holz wie echte
rechte Räuber
für'n Taler.

Die Polizei kam leise wie auf Strümpfen
für'n Taler
für'n Taler
und arretierte,
ach,
die alten Nymphen
für'n Taler.

Na, den bis zum nächsten Aktionstag: Gut Holz!

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