Die untere Werra, der Nationalpark Hainich und ihre verwunschene Landschaft bis sie geküsst wird.
(c) WIKIPEDIA - " Werra "
Wenn das " Bilderbuch Deutschland " als ARD - Serie in einigen III. Programmen dort regelmäßig aufgeschlagen wird, dann merkt der Zuschauer sehr schnell, dass er von seinem eigenen Geburtsland Germania doch nicht sehr viel weiß. Vielleicht deshalb nicht, weil er es versäumt hat, die interessanten Landschaften, Gebiete und unendlich vielen Sehenswürdigkeiten irgendwann zu bereisen. Stattdessen zieht es ihn - Jahr für Jahr in Form von motorisierten oder Koffer bewehrten , wilden Horden - in die Fremde. Angeblich soll es dort wärmer, schöner und billiger ist.
Nun, ja, das mag für einige teutonischen Reiseziele zutreffen; jedoch hat der Pauschaltourist dabei eigentlich, entweder seine eigene Bequemlichkeit zur Triebfeder der Reisewut gemacht oder er verschmäht die einheimischen Urlaubsziele, weil sie ihm zu piefig erscheinen.
Des Wanderer´s Lust indes erscheint bei der Folge " Die untere Werra: Urwald, - Grenz - und Salzgeschichten " wieder aufzublühen, in jenem Beitrag von Michale Erler, den die ARD erstmals am 21. 10. 2007 ausstrahlte. Zeigt die Reportage denn, was auch im 3. Jahrtausend nach der christlichen Zeitrechnung so Alles an dem Fluss mit dem Namen " Werra " bereist werden kann.
Die Werra entspringt bekanntlich aus dem Zusammenfluss der beiden Quellbäche am Südwesthang des Thüringer Schiefergebirges. Von dort aus verlässt die Werra das Gebirge und fließt nach Südwesten. Nach nur wenigen Kilometern erreicht sie die thüringische Stadt Eisfeld und unterquert dort die A 73. Von dort aus fließt die Werra nach Nordwesten und passiert die südlich angrenzenden Langen Berge und wenig später die südwestlich aufragenden, etwa 6 km entfernten Gleichberge. In diesem Bereich fließt die Werra durch durch das in Thüringen belegene Hildburghausen.
Die Werra war oder ist es eigentlich auch noch, ein Grenzfluss. Einst stellte sie die innerdeutsche Teilung dar, heute sie schiedlich die drei durch fließenden Bundesländer, nämlich Thüringen, Hessen und Niedersachsen.
Was sich im Laufe der vielen Jahrzehnte an den Grenzgebieten in natürlicher Weise entwickelt hat, wird in dem Beitrag in eindrucksvoller Weise gezeigt.
Das ist zunächst der Umweltaktivist Thomas Wey, der zusammen mit seiner Frau Carmen und der Tochter Anna-Lena auf eine große Werratour geht. Die Familie ist an diesem Fluss aufgewachsen, lebt mit ihm und entwickelt damit eine gewisse Nähe zur Natur. Die Familie Wey lebt im thüringischen Ort Wasungen, von wo aus Thomas Wey sich hauptberuflich um das Projekt " Lebendige Werra " kümmert, in dem es - nicht nur - um die Reinhaltung des Wassers auf dem thüringen´schen Teil des Flusses geht, sondern auch um den Erhalt von spezifischen Lebensräumen.
Dieses ist nicht nur eine Lebensaufgabe für den engagierten Ökologen, sondenr wird auch die Generationen nach ihm beschäftigen.
Das Bilderbuch führt dann weiter. Nächstes Ziel ist Bad Salzungen. Jene thüringische Gemeinde, die durch die heilsamen Solebäder bekannt ist. Der Ort ist georgraphisch betrachtet der Beginn des Werra - Unterlaufs. Der Fluss hat hier schon knapp die Hälfte seines ca. 300 Kilometer messenden Verlaufs hinter sich gelassen.
Bad Salzungen, das ist jene alte Salzstadt, die zunächst auf das Naturphänomen der heilsamen Salzquellen zurück blicken darf.
Bereits vor Chr. Geburt siedelten hier Menschen des Volksstammes der Kelten an.
Urkundlich wird die heutigen Kreissatd des Wartburgkrieses ab 400 n. Chr. erwähnt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Salzungen
In der Zeit nach dem II. Weltkrieg baute die DDR - Regierung den Kali - Abbau aus, ehe nach der Wende der Ort durch die Solewasser - Ausnutzung den Status des anerkannten Heilbades erhält.
Das Solewasser sprudelt aus der Tiefe. Fein zerstäubt oder verrieselt bringt es
Asthmatikern und Menschen mit Allergien Linderung und Heilung.
Der Kalibergbau entlang der Werra ist jedoch nach wie vor ein erhebliches Umweltproblem.
Längs der Werra befinden sich in Thüringen und Hessen gewaltige unterirdische
Kalisalzlagerstätten. Kali war und ist nach wie vor ein weltweit gefragter Dünger;
der Abbau bringt also Arbeit und Reichtum, aber auch Umweltschäden mit sich, denn die Abfälle landen all zu häufig in der Werra landen. Knapp zehn Kilometer flussabwärts von Bad Salzungen, im
Örtchen Merkers, hat die Kaliförderung aufgehört, aber die Grube kann als Erlebnisbergwerk besichtigt werden. 600 Meter unter der Erde beginnt die Reise durch salzige Unterwelten.
Eine touristische Attraktion eben.
Auf dem weiteren Werraverlauf laden zahlreiche Burgen zum Besuch. Darunter die
berühmte Creuzburg, nördlich von Eisenach. Im Mittelalter lebte hier die "heilige
Elisabeth von Thüringen". Aber auch die weniger bekannten Burgen sind malerische
Punkte in der Landschaft. Der Normannstein bei Treffurt beherbergt ein Museum.
Aus anderen Burgen wurden romantische Hotels. Am Fuße der Brandenburg bei
Lauchröden, inmitten der Werra, verlief die deutsch-deutsche Grenze: Sperrgebiet
vormals unerreichbar für Ost und West.
Die Reise mit dem Fluss geht weiter in Richtung thüringisch - hessischer Landesgrenze und bringt den Zuschauer zu einem einzigartigen Gebiet, in dem er in besonders eindrucksvoller Weise den Naturschutz erlebt: im Nationalpark Hainich nördlich von Eisenach. Ein Urwald mitten in Deutschland. Ein Urwald mit einer Attraktion, wie sie es sonst nur im tropischen Regenwald gibt. Geführt von erfahrenen Rangern, erleben die Besucher hier den Wald aus einem Blickwinkel, der nahezu unbekannt ist.
Hier, wo die Wildkatze heimisch geblieben ist, wo der Uhu sein Zuhause hat und die Betteleiche - das Symbol des Nationalparks - zu bestaunen ist.
Das Gebot dieses Areals lautet: der Mensch begleitet, die Natur leitet. Dieses gilt auch bei den Buchenbeständen, die sich ohne menschliches Dazutun selbst regenerieren, wenn einige der alten Bäume irgendwann krachend umfallen, verrohten und sich zu dem zurück entwickeln, aus dem sie gekommen sind, dann wachsen viele Jahrzehnte später von den ungezählten neuen Buchenspößlingen vielleicht ein halbes Dutzend erneut in den Himmel.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hainich
Nach dem Wald folgt ein Blick in Deutschlands größtes Gewächshaus.
Vor über 100 Jahren entstand Deutschlands größtes Gewächshaus als Teil der
Deutschen Kolonialschule. 1899 wurde in Witzenhausen die "Deutsche Kolonialschule
für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe" gegründet. Landwirte, Plantagenbeamte
und Viehzüchter für die deutschen Kolonien in Afrika und Übersee erhielten hier ihr
Diplom. Das Gewächshaus spielte die entscheidende Rolle bei der Arbeit mit Kaffee,
Tee und Kakaopflanzen. Ein interessanter Aspekt jenseits des Flusses, der dann den landwirtschaftlich genutzten, thüringischen Teil durch quert.
Nur wenige Kilometer flussaufwärts von Witzenhausen beginnt auf der Thüringer Seite der Werra das Eichsfeld. Eine von sanft geschwungenen Hügeln geprägte Landschaft. Ähnlich wie zwischen Hildburghausen und Meiningen, Bad Salzungen und Gerstungen, Creuzburg und Eschwege sowie Eschwege und Bad Soden, määndert der Fluss bei Wiesenfeld und Schönhagen durch die Landschaft. Friedlich, unaufgeregt und nahezu malerisch liegen dann zwei Dörfer inmitten dieser Landschaft. Hier reifen besondere Köstlichkeiten. Die Kühe auf den Weiden und in den Ställen sind zwar nicht lila, aber sie machen durchaus einen zufriedenen Eindruck. Keine sechs Stunden vergehen, und schon entsteht aus der frischen Kuhmilch der Käsebruch, der nun in Formen gepresst seiner Reife entgegensieht. Im Käsekeller in Schönhagen lagern 19 verschiedene Käsesorten.
Nach diesen zahlreichen Eindrücken endet die Werrareise im niedersächsischen
Hannoversch Münden, wo die Werra auch ihren Namen verliert. Sie vereinigt sich
mit der Fulda und wird zur Weser und die fließt von hier bis in die Nordsee.
http://de.wikipedia.org/wiki/Werra
Eine eindrucksvolle Reise entlang der einstigen innerdeutschen Grenze wird damit beendet. Damals war die Werra biologisch Tod. Der ostdeutsche Unterlauf verkam zu einer Kloake, weil die DDR - Kalikombinate ohne Rücksicht auf die Umwelt ihre Abwässer ungeklärt in den Fluss einleiteten. das ist zwar längst vorbei, dennoch blieben riesige Umweltschäden, die auch durch den aktuellen Kaliabbau nicht kleiner geworden sind. Die Werra, ein gutes Stück Mitteldeutschland, ehe sie die Fulda küsst:
Wo Werra sich und Fulda küssen
Sie ihre Namen büssen müssen,
Und hier entsteht durch diesen Kuss
Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.
Hann. Münden, d. 31. Juli 1899
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