Ferdinand von Schirach´s " Terror " bei der alten Tante ARD: Ein Lehrstück für alle Anti - Demokraten?
Um einen Fernsehfilm abzudrehen, benötigt der Regisseur in der Regel ein Drehbuch. Dabei kann dieses ab und an auch ein bereits veröffentlichter Roman sein, der als Vorlage dient. Eher selten wird aber ein Theaterstück heran gezogen, um dieses dann zu verfilmen.
Bei dem von dem Strafverteidiger und Buchautor Ferdinand von Schirach geschrieben Theaterstück " Terror " ist es so. Dieses wurde verfilmt. Der Inhalt des Stücks, also die Handlung, ist nicht nur aktuelle, sondern auch überschaubar. Es spielt in einem Gerichtssaal. Genauer gesagt, in einem Schwurgerichtssaal. Hier hat sich ein Major der Bundeswehr zu verantworten, der ein Passagierflugzeug mit 164 Insassen nebst Crew mit seinem Jäger abgeschlossen hat. Hintergrund hierfür war:
" Ein Terrorist kapert eine Passagiermaschine und zwingt die Piloten, Kurs auf ein voll besetztes Fußballstadion zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug in letzter Minute ab, alle Passagiere sterben."
Zitatende - aus:
http://www.schirach.de/
Nach den vielen Morden durch feige Anschläge innerhalb Europas, produzierten die Medien eine wahre " Terror " - Hysterie. Ob die Form der Berichterstattung in jedem Fall angemessen war, sei hier dahin gestellt. Fakt ist: Die betroffenen Staaten und nicht nur die, haben sich seither verändert. Bürgerrechte wurden weiter eingeschränkt; die Bespitzelung und Überwachung der Bevölkerung schreitet ständig voran. Auch wenn die Politik etwas anderes predigt, die Grundrechte sind auch in Deutschland in Gefahr. Sie werden immer weiter ausgehöhlt. Und zwar durch neue Gesetze, mit denen den repressiven Staatsorganen weiterer Handlungsspielraum verschafft wird, auch bei einer nicht konkreten Gefahrenlage, sofort einzugreifen.
In dem Schirach´schen Theaterstück, das jetzt als Verfilmung veröffentlicht wurde, werden auch Grundrechte behandelt. Zwar sehr abstrakt, aber dennoch erkennbar. Es geht nur um die Frage, ob der Bundeswehr - Pilot die gekaperte Passagiermaschine hätte abschießen dürfen, obwohl ihm hierzu kein Befehl gegeben wurde. In dem Plädoyer der Staatsanwältin wird dieses ausdrücklich verneint. Die Vertreterin der Anklage negiert das von dem Piloten reklamierte Recht, wegen eines übergeordneten Notstands, eine eigene Entscheidung vollziehen zu dürfen. Der Angeklagte habe sich deshalb als Herr über Leben und Tod aufgeschwungen. Er habe das Recht auf körperliche Unversehrtheit, dass der Staat und seine Organe bei jeder Maßnahme einzuhalten hat, jedes Einzelnen in der Maschine missachtet und sei damit des Mordes schuldig.
Die Verteidigung und auch nahezu 87 % aller abstimmenden Zuschauer dieses interaktiven Filmbeitrags des Senders, sahen es anders. Sie erkannten auch nicht schuldig.
Nun ist es müßig, über den Sinn solcher Sendungen und auch den der hieran anschließenden Gesprächsrunde bei " Hart aber fair " zu diskutieren. Der Film ist eine reine Fiktion und wird es auch wohl bleiben. Unbesehen davon, dass die vielen Ungereimtheiten innerhalb des gezeigten Beitrags, bei einem Volljuristen, besonders einem Strafrechtler, den Draht aus der Mütze kommen lassen. Aber dieses steht auf einem ganz anderen Blatt. Es geht hier bei der Abstimmung um das " gesunde Volksempfinden " und dieses besagt: Es ist rechtlich zulässig, einen " kleineren " Schaden zu verursachen, um eine Katastrophe abzuwenden.
Das mag in dem überschaubaren Vorstellungsvermögen der Zuschauer mit wenig bis keinen Rechtskenntnissen so einzuordnen sein. Strafrechtlich ergibt sich jedoch eine anderes Bild. Der Pilot hat mit der Überschreitung seiner Befehlsgewalt in jedem Einzelfall einen Mord begangen.
Befehl und Gehorsam ist ein fundamentales Prinzip in jeder Militäreinheit auf diesem Erdball. Ohne die Einhaltung dieses ehernen Grundsatzes würde keine einzige - noch so winzige - militärische Gruppe funktionieren.
Auf die Verletzung jenes fundamentalen Wertes - auf welche Weise auch immer - folgt eine Sanktion - in unterschiedlicher Art. Die Bestrafung in der hiesigen Bundeswehr kann dabei vielfältig sein. Dieses sehen diverse Normen vor. Es gibt dafür das Wehrstrafgesetz ( WStG ), welches in einem derartigen Fall regelt:
§ 5 Handeln auf Befehl
(1) Begeht ein Untergebener eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, auf Befehl, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt, daß es sich um eine rechtswidrige Tat handelt oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist.
(2) Ist die Schuld des Untergebenen mit Rücksicht auf die besondere Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering, so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern, bei Vergehen auch von Strafe absehen.
Das WStG knüpft aber an das allgemeine Strafrecht, also das Strafgesetzbuch ( StGB ) an, da es in § 3 WStG heißt:
§ 3 Anwendung des allgemeinen Strafrechts
(1) Das allgemeine Strafrecht ist anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(2) Für Straftaten von Soldaten, die Jugendliche oder Heranwachsende sind, gelten besondere Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes
So bleibt Diebstahl, auch hier Diebstahl; Raub ebenfalls ein solcher und Mord eben Mord. Mit dem feinen Unterschied, dass der rechtskräftig Verurteilte wegen dieser oder anderer Taten - je nach Strafmaß - zusätzlich disziplinarisch über die Dienstgerichte sanktioniert werden kann. In jenem, fiktiven Fall, würde der Luftwaffen - Major ab Rechtskraft des Strafurteils mit seiner Entlassung aus der Bundeswehr unter Aberkennung seiner Stellung als Soldat rechnen müssen. Dieses sieht das Soldatengesetz ( SG ) in § 48 zwingend vor.
Darum ging es aber in dem Fernsehfilm nicht. Die Frage, die der Zuschauer sich selbst beantworten sollte und / oder über eine interaktive Teilnahme an einer entsprechenden Meinungsumfrage mehrheitlich hätte klären können, sie lautete: " Ist der Angeklagte schuldig oder unschuldig? "
Diese Frage darf der unbedarft urteilende Zuschauer ruhig über den Bauch und das gesundes Volksempfinden beantworten. Ein Jurist oder ein Volljurist muss andere Beurteilungskriterien heran ziehen. Das Grundgesetz, unsere Verfassung, als höchstes Regelwerk, gibt dazu allenfalls zarte Hinweise. Diese können aus den Grundrechten abgeleitet werden. Natürlich darf hierbei auch ein rechtsphilosophischer Exkurs von Hegel über Kant ( bei mir käme selbstverständlich auch Karl Marx vor ) eingeflochten werden. Nur: Ein Plädoyer der Anklagevertreterin und daran anschließend der Verteidigung, muss in einem solchen Fall anders aufgebaut sein.
Es waren Rechtsfragen, wie das Vorliegen einer Notwehrhandlung oder war es gar eine gegebene Notstandssituation, zu beantworten.
So oder so, es hätten Ausführungen zu den Rechtsbegriffen Notwehr, Putativnotwehr oder vielleicht Putativnotwehrexzess sowie rechtfertigender Notstand, entschuldigender Notstand oder Nötigungsnotstand erfolgen müssen. So wäre in der Realität der Untiefen, Klippen und Sandbänken, auf die ein fahrendes Schiff in der rauen See des Strafrechts treffen kann, ein Plädoyer aufgebaut worden.
Da der Zuschauer mit dieser schweren Kosten am Abend dann doch nicht behelligt werden sollte, hat sich Kollege von Schirach einfach dem milderen Verfassungsrecht hingegeben. Recht so, denn auch hier kann der Zuschauer selbst entscheiden, ob er sich zwischen Pest und Cholera, Skylla und Charybdis, Tod in der Luft oder Tod in der Münchner " Allianz " Arena entscheidet. Zur Abwehr der allgegenwärtigen Gefahr des Terrorismus, bleibt letztendlich jedes Mittel recht. Und, was Recht ist, bestimmt im Zweifelsfall das Volk. Selbst dann, wenn dessen oktroyierte Verfassung das Aussehen einer durchlöcherte Nationalfahne hat,
Kürzlich las ich, dass über eine Änderung der Landespolizeigesetze, den Beamten das Recht zuerkannten werden soll, an besonders " gefährdeten Plätzen " und bestimmten " neuralgischen Punkten " so genannte " verdachtsunabhängige Kontrollen und Identitätsfeststellungen " durchführen zu dürfen. Eine flächendeckende Überwachung solcher Orte ist längst die Regel.
Der " gläserne Mensch ", wie ihn einst George Orwell in seinem Roman " 1984 " beschrieben hat, ist bereits keine Fiktion mehr.
Das Theaterstück heißt " Terror ". Unter diesem Oberbegriff lässt sich vieles, was in den Medien und innerhalb des gesellschaftlichen Ungeistes kursiert, subsumieren. Dieses führt zu weiteren Einschränkungen der Individualrechte, die in der Verfassung verankert sind. Nicht diese muss vor dem " terror " - wo immer der auch her kommen mag - geschützt werden, sondern der Bürger vor den negativen Auswirkungen in seiner Lebenssphäre durch Überwachung, Kontrolle und sukzessiver Entmündigung im Verhältnis zu dem Staat und seinen Organen.
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