Kellog kaputt?



Von dem  Wirtschaftsstandort Bremen ist der Ex - Buten - Bremer seit Jahren nicht besonders verwöhnt worden. Nach und nach schließen ehemalige Traditionsbetriebe dort ihre Pforten. Neben Könecke Wurst - und Fleischwaren in Sebaldsbrück und der Coca Cola - Niederlassung in Hemelingen wird ab 2017 wohl auch der Betrieb von Kellogs im Bremer Hafengebiet seine Tore schließen.

Das Werk in der Hansestadt zeigte - historisch betrachtet - folgende Entwicklung:


" Auch nach dem Zweiten Weltkrieg lief der Verkauf in Deutschland bis 1961 über verschiedene Importeure und Vertriebspartner. 1962 übernahm die Reis- und Handels-AG in Bremen den Vertrieb der Kellogg-Produkte. Noch im selben Jahr erwarb Kellogg Anteile an dieser Firma. Nur ein Jahr später, 1963, wurde die Kellogg Deutschland GmbH in Bremen – der heutige Stammsitz – gegründet und in Deutschland eine eigene Produktionsstätte für Cerealien aufgebaut.
Der Standort Bremen wurde in den folgenden Jahren beständig weiter ausgebaut. 1989 wurde ein Distributionszentrum mit einer Gesamtkapazität von etwa 33.000 Palettenstellplätzen errichtet. Das vollautomatische, computergesteuerte Hochregallager war zur Zeit seiner Fertigstellung das größte und modernste in Europa. Heute verlassen täglich rund eine Million Packungen das Bremer Werk und es werden von hier mehr als 50 Länder in Europa, Afrika und dem Nahen Osten mit Kellogg’s-Produkten beliefert. "


Diese Entwicklung war abhängig von den weltweit getätigten Umsätzen des Konzerns. Diese waren seit Jahren rückläufig. In einer Ausgabe der Radio Bremen Fernsehsendung " buten & binnen " vom Dienstag, den 11. Oktober 2016, sank dieser von einst 90 Millionen Tonnen Ceralien auf zuletzt 50 Millionen Tonnen pro Jahr.
Die Anzahl der Beschäftigten im Bremer Werk wurde von einst 500 auf nunmehr 250 Mitarbeiter sukzessive reduziert. Was - neben der permanenten Modernisierung des Werks - auch mit dem sinkenden Umsätzen und damit auch Gewinnen einher ging.
Die strukturellen Veränderungen der bremischen Wirtschaft seit den 1960er Jahren setzen sich mit dem Wegfall dieses Anbieters aus der Nahrungsmittelindustrie leider fort. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Bremische_Wirtschaft#In_Bremen

Die Gründe für die Werkschließung der größten Niederlassung des Kellog - Konzerns  in Europa ( es existiert noch ein weiteres Werk in Spanien, das allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielt.


http://www.kelloggs.de/de_DE/who-we-are-landing/our-locations.html

Die Gründe für diese Maßnahme können - betriebswirtschaftlich betrachtet - nachvollziehbar sein, denn ein globaler Anbieter wird unrentable Produktionsstandorte schließen. So funktioniert eben Kapitalismus.

Da heulte die bremische Opposition gleich wieder auf, als dieses Nachricht in den Medien die Runde machte. Es war von verfehlter Wirtschaftspolitik die Rede ( Castendiek, CDU und die Obertulpe der FDP Steiner ). Die ahnungslose FDP - Fraktionsvorsitzende Lencke Steiner wollte gar ein " Ausbluten Bremens als Industriestandort " erkennen ( https://www.facebook.com/lencke.steiner/ ).

Dumm Tüch, denn derartige Entscheidungen haben eben gerade keinen direkten Bezug zu der umgesetzten Wirtschaftspolitik eines Landes oder einer Region. Hierfür gibt es ungezählte Beispiele, innerhalb derer, die Auswirkungen wesentlich frappierender sind ( " Nokia " - " Opel " - Werke in Bochum ). Zudem wurden hier Fördergelder im zweistelligen Millionenbereich verplempert, ohne dass die Arbeitsplatz - bzw. Standortgarantie nach dem Auslaufen des Rahmenvertrags fortgeschrieben wurde.

Da stand ich vor 36 Jahren im einstigen Personalbüro der Kellog - Dependance Bremen, Auf der Muggenburg 30, unter beantwortete, vollständig und wahrheitsgemäß den " Personal - Fragebogen ". Und was die dort nicht alles wissen wollten. Alter, Geschlecht, Trinker, Haschisch - Konsument, verheiratet, Kinder, Student? Usw. usf. Richtig amerikanisch, schon damals.

Ich brauchte den Job, denn ich war nach einem vierwöchigen USA - Aufenthalt im September 1980, gelinde gesagt, blank. Das offerierte Entgelt war verlockend: Mehr als 12 Deutsche Mark pro Stunde! Junge, dat hätte ich selbst als studierter Betriebswirt in irgendeiner Mittelstandsklitsche zwischen Münster, Osnabrück und Bremen nicht verdient. Somit war klar: Der Rubel konnte wieder rollen. Nur die Immatrikualtionsbescheinigung sollte ich doch bitte schön noch nachreichen. Die Lohnsteuerkarte und eine Kopie des Personalausweises kassierte der US - Arbeitgeber gleich ein.

Einige Tage später ging es dann los. Zunächst zweischichtig, Im Frühtau des Oktober - Schmuddelwetters kurvte ich meinen blauen Renault 4 durch das Straßengewirr am Bremer Hafengebiet. Die Frühschicht begann um 6.00 Uhr. Für einen Studenten ein eigentlich unchristliche Zeit. Aber schon damals galt: " Money talks "!
Nach der Frühschicht folgte die Spätschicht, die von Montag bis Freitagabend angesetzt war,

Nach einigen Wochen - das Semester hatte längst begonnen - erkundigte sich der Schichtführer, der mit meinem Arbeitseinsatz, der Zuverlässig - und Pünktlichkeit wohl zufrieden war, ob ich bereit wäre, eine Woche Nachschicht zu kloppen. Da gab es ordentlich Zulagen. Aber, klaro.
Stichwort: " Money makes... "!

So fuhr ich dann ab der Folgewoche erst um 19.30 Uhr vom Uni - Gelände zum Kellog - Werk Auf der Muggenburg. Die Nachtschicht war zwar ruhiger, jedoch nur im Werksumfeld. Ich wurde dazu abkommandiert, die - einst noch per Hand  - verpackten Kartons, in denen sich jene Ceralien - Verkaufskartons befanden, die als Belohnung für deren späteren Kauf, ein Plaste - Spielzeug eingelegt bekamen, von einem Band zu nehmen und auf eine Euro - Palette so zu stapeln, dass immer die gleiche Anzahl heraus kam. Also: Eine Kartonreihe längst, die andere quer und umgekehrt. Eine durchaus sinnvolle Beschäftigung, die zudem von dem Staplerfahrer, einen gnom - haften Spanier, der sehr gutes Deutsch sprach ( jedoch nicht schreiben konnte ), beim Anfahren an die gestapelte Palette, immer kontrolliert wurde.

" Menolito ", so nannte ich ihn, war ein Belegschaftsoldie. Er keulte bei Kellog bereits 10 Jahre lang, sah deshalb bereits verbraucht aus und erzählte mir dann und wann etwas über seine Heimat in Sevilla. Der andalusischen Metropole, die damals schon, auf die Bevölkerung bezogen,  leicht größer als das Bundesland Bremen war und - wie die Stadtgemeinde Bremen und Bremerhaven auch - am Wasser liegt. Eine Hafenstadt eben. Rau, aber durchaus mit herzlichen Einwohnern, die so wie Bremen, auch vom Meereszugang profitierten. Andalusien indes, war wesentlich ärmer als Bremen. Deshalb empfand " Menolito " seinen Verdienst als großartig und war dem Arbeitergeber gegenüber mehr als nur loyal.

Dass er mich " Pinocchio " nannte, sei hier am Rande erwähnt. " Menolito " also kurvte in den Hallen bei Kellog in Bremen wild umher, stapelte ab und zu mit mir gemeinsam die hell - braunen Pappkartons auf die Paletten und scherzte dabei. Danach war mir nicht zu Mute, denn dass Transportband wurde - obwohl ich wie ein Wahnsinniger malochte - immer voller. Irgendwann packte mich die Wut und ich trat gegen einen herunter fallen Karton, der samt Inhalt gegen die Wand flog und dort aufplatzte. " Ausbeuterei! Ihr Schweine! ", rief ich laut. " Menolito " hatte es jedoch nicht gehört, denn er kam nach wenigen Minuten wieder in die Halle geflitzt.

" Pinnocchio, was ist das hier? ", fragte er mich halb lachend. " Das ist nicht zu schaffen! ", sagte ich ihm. " Gut! Pause! Wir gehen nach oben!", lautete seine Antwort. Er stellte das Förderband ab. Das eintönige, rotierende, knackende, quietschende Geräusch der Transportanlage mit Rondell verstummte.
Müde schlich ich in den Personal - Aufenthaltsraum. Dort saßen einige Arbeiter und aßen mit gebrachte, belegte Brote, tranken Tee oder Kaffee und glotzten mich stumm an. An einem Tisch hockten drei Aushilfen. Wohl auch Studenten. " Den kannst´e vergessen!" rief einer der Jungen Männer, als ich mich kaputt auf den Stuhl plumpsen ließ. " Ja, den kannst´e wirklich vergessen!", äffte ein Zweiter von ihnen nach. " Und? ", retournierte ich ein wenig wütend. " Wir sitzen über Dir und verpacken die Kartons mit dem Spielzeugen per Hand. ", erklärte mir der Dritte.
" Ihr Arschlöcher, macht langsamer! Ich bin nur alleine unten! ", forderte ich das Trio auf.

Alle drei schauten mich ein wenig erschrocken an. Sie schwiegen danach betreten, als ich ihnen erklärte, dass es eigentlich Ausbeutung sei, was hier abliefe.

Nach der viertelstündigen Pause stellte " Menolito ", der Staplerfahrer, das Band wieder an. Leicht erholt klotzte ich wieder ran. Und - o, Wunder - die Braun - Kartons wurden nicht mehr, sondern es gelang mir nach einiger Zeit das Transportband zu leeren. Es kamen nun viel weniger Kartons nach unten, weil das Trio oben doch tatsgewiss langsamer arbeitete.

Später stellte " Menolito " das Band ganz ab. " Genug, Pinocchio! Wir gehen jetzt nach draußen! " Er fuhr die letzte Palette mit den Ceralien - Kartons aus der Halle und stellte diese seitwärts zu einem Güterwagen der Bundesbahn. Es war ein Kasten förmiger Waggon, wie ich ihn von damals zu meiner " Märklin " - Zeit kannte. Ein Riesen - Teil mit zwei Achsen. " Den müssen wir voll machen! ", sagte " Menolito " grinsend zu mir. Wir, damit war ich gemeint, denn der Spanier fuhr mit seinem Hubwagen zu einer überdachten Fläche und holte Palette für Palette heran. Ich ochste wie ein Roboter, doch " Menolito " war das nicht schnell genug. Er sprang von seinem mit Kunstleder bespannten Sitz und maulte mich an " Pinnocchio, du bist zu langsam! ". Dann stieg er in den Waggon und legte mit dem Beladen los.

" Da müssen mehr Kartons rein passen, Pinocchio, Du hast falsch gepackt! ", stellte er in einem höhnischen Ton fest. Dann sprang er aus dem Waggon und setzte sich auf den Stapler. Palette an Palette karrte " Menolito " heran. Nach mehr als einer Stunde war Feierabend. " Schönes Wochenende " sagte er dann am Samstagmorgen, der letzten Nachtschicht,  beim Verlassen des Platzes. " Ja, danke, gleichfalls! ", antwortete ich ihm.

Es war Mitte November 1980. Die Vorlesungen hatten seit mehr als 5 Wochen begonnen. Es wurde Zeit, dass ich mich um mein Studium kümmerte. Als der Vorarbeiter mich wieder für die nächste Nachtschicht eintragen wollte, sagte ich ihm ab. Er war ein wenig sauer. Nach 7 Wochen hatte ich mehr als 3.500 DM verdient, Die Lohnsteuer erhielt ich über die im folgenden Jahr eingereichte Steuererklärung zurück. Viel Geld, für einen armen Studenten. So konnte ich mich bis zu den Semesterferien des Jahres 1981 über Wasser halten. Kellog, der Konzern aus den fernen USA hatte meinen Lebensunterhalt zwar nicht finanziert, sondern ich mich durch die Maloche dort selbst, aber es waren einige interessante Wochen, die ich dort erleben durfte.

Vor allem wusste ich jetzt auch, warum die Produkte immer gut schmecken. Es wird ihnen Tonnen weise Zucker dazu gemischt. Ganze Eisenbahnwaggons standen auf dem hauseigenen Gleis, in denen sich reiner Industriezucker befand. Und selbst im Müsli, dass er Konzern aufgrund der grassierenden Öko - Welle, deren Anhänger und Vertreter  " Ökopaxe " tituliert wurden ( vulgo: " Körnerfresser ), ist ein großer Zuckeranteil enthalten. Nichts da, mit gesunder Kost oder biologischer Nahrung.

Als ich die Nachricht von der Werksschließung am Dienstag hörte, kamen mir just diese Gedanken und so gibt es denn vielleicht auch einen ganz plausiblen Grund für den enormen Umsatzrückgang bei den Kellog´s - Ceralien: Der demographische Faktor spielt dabei eine Rolle, denn die Bewohner der Industrieländer werden immer älter. Diese ernähren sich oftmals anders. Es werden zudem dort weniger Kinder geboren, die als potentielle Kunden in Betracht kommen. Da außerdem die Kinder sowie auch Erwachsene immer dicker werden, erfolgt eine stärkere Aufklärung darüber, dass Zucker eben dick macht. Und Kellog´s Produkte enthalten sehr viel Zucker.

Kellog kaputt? Nein, aber Kellog in Bremen vor dem Aus. Und dieses hat nichts mit der kritikwürdigen Wirtschaftspolitik des Bremer Senats zu tun, sondern mit dem Umsatzrückgängen seit vielen Jahren. Hierauf hat der Bremer Senat aus SPD und " GRÜNEN " garantiert keinen Einfluss, wie die FDP - Mamsel Lencke Steiner, geborene Wischhusen, es den Bremern weiß machen möchte. Wer eine Schmalspurausbildung, wie sie, durchlaufen hat, kann die globalen und betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge eben nicht erkennen ( https://de.wikipedia.org/wiki/Lencke_Steiner ).




    







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