Und noch eine Pleite!
Der 04. September 2009 schien zunächst kein besonderer Tag zu werden. Das ab 5 .00 Uhr bei mir laufende Radio, die Tasse Kaffee aus dem Automaten auf dem Tisch und den "SPIEGEL" daneben liegend, so vergehen viele Morgenstunden seit Jahren. Der MDR verkündet über seinen Info-Kanal weitere Meldungen über den Rücktritt des Ministerpräidenten Dieter Althaus in Thüringen, den Stand der dortigen Koalitionsverhandlungen ( Wer will nicht mit wem? )und die erlösende Nachricht, dass der " king of pop " Michael Joseph Jackson nun endlich unter die Erde kommt. Das Sammelsurium an Wortbeiträgen lässt mich deshalb eher kalt. So kühl, wie es inzwischen auch hier zu werden scheint, denn nicht nur, dass der kalendarische Herbstanfang seit dem 1. September zu verzeichnen ist, sondern vielmehr,dass das Wetter nun doch auch ungemütlich, herbstlich eben, geworden ist.
Ein anschliessendes Telefonat mit den heimatlichen Gefilden führt dann zu einer Meldung, die mich doch ein wenig erstaunen lässt. Der in Bremen ansässige Reiseanbieter " Transocean Tours " hat gestern Insolvenz angemeldet. " Ach, warum? ", so frage ich nach und hätte mir die Antwort eigentlich selbst geben können. In einer Meldung auf der Internetpräsenz von RB I heisst es dann hierzu:
" Der Bremer Reiseanbieter Transocean Tours hat Insolvenz beantragt. Damit solle eine strategische Neuausrichtung und Sanierung des Unternehmens fortgesetzt werden, sagte ein Sprecher des Kreuzfahrt- und Flussreisen-Anbieters am Donnerstag. Alle Reisen in der laufenden Saison 2009 würden aber "wie geplant durchgeführt". Dies betreffe Fahrten der Hochseeschiffe "Astor" und "Marco Polo" ebenso wie die Reisen der sieben Flussschiffe.
Die Münchner Premicon AG - Eigner der "Astor" plant nach eigenen Angaben zusammen mit Transocean die Gründung eines gemeinschaftlichen Reiseveranstalters. Das Bremer Unternehmen beschäftigt 80 Mitarbeiter. Der Umsatz lag 2008 bei 104 Millionen Euro.
Vorläufiger Insolvenzverwalter ist der Bremer Rechtsanwalt Edgar Grönda. Es sei jetzt das vorrangige Ziel, die notwendigen Finanzierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen voran zu bringen, um zu einer gesunden Basis zurückzufinden, sagte Grönda. Ursache für die finanzielle Schieflage sind laut Transocean unter anderem noch immer ausstehende Zahlungen der Versicherungen in Millionenhöhe im Zusammenhang mit einer vor einem Jahr kurzfristig abgesagten Weltreise der MS Astoria. " - Ende der Meldung.
Wenn eine natürliche oder juristische Person Insolvenz anmeldet, so ist sie zahlungsunfähig - umgangssprachlich also " pleite ". Dass dieses nicht immer der Fall sein muss, haben spektakulärere Fälle aus der jüngsten Zeit gezeigt. Dennoch bedeutet dieser Begriff, der immer noch mit einem Makel behaftete zu sein scheint, dass der die Insolvenz beantragende Verantwortliche seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr oder nicht in dem vereinbarten Umfang nach kommen kann. Ich frage mich aber trotzdem, ob es so etwas, wie eine präventive Insolvenz gibt? Dann nämlich, wenn einer seinen Zahlungsverpflichtungen entgehen will!
Wenn in einem derartigen Fall von einer Neuausrichtung oder Neuaufstellung gesprochen wird, dann ja nur, weil die einstige Geschäftsführung falsche Prioritäten beinhaltet hat. Im Verlaufe der letzten 1,5 Jahre ist deutlich geworden, dass nichts mehr von Bestand sein kann, wenn die falschen Personen am richtigen Ort in der eigentlich nicht geeigneten Position sitzen. Die dadurch verursachte Fianzkrise hat zu einer Kettenreaktion geführt, innerhalb derer auch der Reisemarkt oder - wie hier - der Spezialreisemarkt mit eingeschlossen worden ist. Buchungsrückgänge in zweistelligem Bereich und explodierende Kosten sind zwar eine Ursache, eine andere ist aber auch die Überkapazitäten, die auf dem Weltmarkt existieren.
Während der etwas Betuchtere sein Geld aufgrund der betrügerischen Aktivitäten der Finanzwirtschaft lieber hortet. Es dann aber auch nicht für Reisen ausgibt, kann der Minderbemittelte es nun auch nicht für den Urlaub verbraten, weil er erst gar kein Geld bekommt oder der Arbeitsplatz noch unsicherer geworden ist. Eine wechsleseitige Abhängigkeit, die zu leeren Hotels, einsamen Stränden und nur schwach besuchten Gastronomieeinrichtungen führt und an dessen Endglied der Kette später massenhafte Pleiten in diesen Branchen steht.
Der Bremer Schiffsreiseanbieter ist nur ein winziges Sandkorn in der riesigen Wüste des globalen Kapitalismus. Deshalb wird jene Meldung alsbald wieder vergessen sein und der Insolvenzverwalter als einziger Gewinner dieser Pleite sich immer noch einen Urlaub leisten können.
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