Fips oder Stups, der kleine Osterhase?
Unter den Möchte - Gern - Machos dieses Landes kursiert eine Plattitüde, wonach jüngere Frauen als Partnerin jung halten würden. Das mag vielleicht zutreffend sein. Es kann aber auch zu einem Herzinfarkt fördernden Faktor werden, wenn mehrere Jahrzehnte zwischen Mann und Frau liegen. Ähnlich könnte es sich verhalten, wenn ein Silverager mit 60 Plus noch einmal Vater wird. Denn Kinder, aber auch Enkelkinder sind in jedem Fall ein Garant für eine lang andauernden Vitalität.
Unter diesem Gesichtspunkt war denn auch unser Osterbesuch im südlich belegenen Bundesland des künftigen Deutschen Vizemeisters 2011 / 2012 zu sehen.
Nach einer relativ entspannten Anfahrt in den Abendstunden, kamen wir doch ein wenig ermattet in dem jetzigen Wohnort der Enkelkinder an. Bepackt mit einigen, nicht nur kulinarischen Osterüberraschungen, war noch ein wenig Zeit, um ein spätes Schwätzchen zu halten, ehe es - nach einem gepflegten Glas Rotwein - in das Gästebett ging.
Die Nacht war kurz und endete pünktlich mit dem ersten Vogelgezwitscher und einem zarten Zupfen an der Bettdecke. Der frühe Gast entpuppte sich als die älteste Enkeltochter, die noch ein wenig schüchtern, ihren Kopf hinter der Bettkante hervor lugen ließ. Nachdem klar war, was sie wollte, folgte ein kühner Sprung in das warme Gästebett, aus dem ich mich, in Richtung Dusche schleppend, schnell verabschiedete, ehe ein Redeschwall eintrat, der eh dazu geführt hätte, die Nachtruhe zu beenden.
Der Morgen verlief sodann mit einer intensiven Beschäftigung der inzwischen auch wach gewordenen beiden anderen Enkelkinder. Und während die Stunden dabei verflogen, stand für mich fest, dass es weder mit meinen morgendlichen Gewohnheiten, wie Radio hören und " SPIEGEL " lesen in den weiteren vier Tagen etwas werden würde, noch dass eine Chance besteht, überhaupt mehr als eine halbe Stunde sich aus dem Trubel zwischen Küche, Kinderzimmern und Wohnzimmer dezent verabschieden zu können.
Leider war das Osterwetter nicht geeignet, das hierbei übliche Zeremoniell des Ostereier - und Osterhasenversteckens im Freien zu pflegen. Am Ostersonntag bescherte uns ein Tiefdruckgebiet eine Zentimeter dicke weiße Pracht, womit fest stand, dass die Verstecke im Kinderzimmer einzurichten waren. Weil der zweibeinige, schon leicht ergraute Osterhase aber bei seiner Tätigkeit nicht gestört werden sollte, musste ein Trick her. Rasch legten die Eltern eine Kinder-DVD ein und beschäftigten somit den eigenen Nachwuchs. Derweilen begann ich meine Schweiß treibende Arbeit. Mindestens zwei Dutzend gut getarnte Ostereier, jeweils zwei Schokoladen -Osterhasen und sonstige Kalorien behafteten Leckereien verschwanden alsbald hinter Kissen, Gardinen oder Puppenmöbeln.
Nach einer halben Stunde war das Werk vollendet.
Leicht erschöpft, bat ich dann über die Eltern zum Suchen. Was mich über 30 Minuten gekostet hatte, legten die beiden Enkeltöchter binnen fünf Minuten in ihre Holzkörbchen. Tja, der Nachwuchs hat bereits auf diesem Gebiet einen enormen Vorsprung. Nachdem auch das letzte Osterei seinen Korb fand, war die Freude groß. Es fanden sich reichlich Süßigkeiten in den beiden Körbchen. Damit das Mittagessen auch noch genügend Platz in dem Kindermagen findet, wurden die Körbe umgehend auf den Küchenoberschrank bugsiert.
Obwohl beide Enkeltöchter mehrfach einen Bestechungsversuch bei mir unternahmen, um das elterliche Gebot des versüßten Masshaltens zu umgehen, ließ ich mich nicht dazu erweichen, dieses selbst auszuhebeln, und mit meinen Armen auf den Schrank zu greifen. Deshalb versuchte die ältere Enkeltochter einen - mir selbstverständlich bekannten - Trick: Sie schob einen Küchenstuhl bis vor die Küchenanrichte, stieg auf die Lehne und klammerte sich mit der linken Hand an die Dunstabzugshaube fest. Sofort hatte sie das Objekt der Begierde in der rechten Hand und ließ es nicht mehr los. Nach der erfolgreichen Aktion wurden umgehend die " Jellys " mit der jüngeren Schwester aufgeteilt, ehe die Freveltat von mir entdeckt wurde. Ohne großen Scham, aßen die beiden Nascher ihre Süßigkeiten vor meinen Augen auf, ließen sich aber bereitwillig den Osterkorb aus der Hand nehmen.
Was sonst noch an kleinen und mittleren Malheuren während der Besuchszeit zu vermelden war, lässt sich in einem Satz so schildern:
Ein Teelöffel im Toaster brachte diesen mittels einer Stichflamme außer Funktion; ein halber Sturz aus dem Kinderstuhl verursachte zwar eine kleine Beule auf der Stirn, aber keine weiteren blauen Flecken, weil die rettende Hand des Vaters rechtzeitig hervor schnellte; eine Kräftemessaktion mit den gefärbten Hühnereiern führte zu mehr als einer halben Stiege lädierter Ostereier.
Und schließlich gab es noch eine lebhafte Diskussion auf aller höchstem Niveau, quasi auf Augenhöhe:
Der eigene Fundus an Osterliedern, der dem ältesten Enkel mit einem sanften Bariton kredenzt werden sollte, führte bereits nach der ersten Strophe zu einer heftigen Reaktion. Was bei mir als Fips, der kleine Osterhase besungen wurde, war in Wahrheit der Stups. Und Stups, der kleine Osterhase war als Lied von Rolf Zuckowski auch nach mehr als einundeinhalb Dekaden der nächsten Generation genau so geläufig, wie einst meiner Tochter,. Ohne großes Zögern sang die Enkeltochter, den von mir immer noch als Fips benannten Osterhasen, in feinsten Hochdeutsch wie folgt herunter:
Stups, der kleine Osterhase
fällt andauernd auf die Nase,
ganz egal, wohin er lief,
immer ging ihm etwas schief.
Neulich legte er die Eier
in den Schuh von Fräulein Meier.
Früh am Morgen stand sie auf,
da nahm das Schicksal seinen Lauf:
Sie stieg in den Schuh hinein,
schrie noch einmal kurz: "Oh, nein!"
Als sie dann das Rührei sah,
wusste sie schon, wer das war.
Stups, der kleine Osterhase ...
In der Osterhasen-Schule
wippte er auf seinem Stuhle
mit dem Pinsel in der Hand,
weil er das so lustig fand.
Plötzlich ging die Sache schief,
als er nur noch "Hilfe!" rief,
fiel der bunte Farbentopf
ganz genau auf seinen Kopf.
Stups, der kleine Osterhase ...
Bei der Henne Tante Berta
traf das Schicksal ihn noch härter,
denn sie war ganz aufgeregt,
weil sie grad’ ein Ei gelegt.
Stups, der viele Eier braucht,
schlüpfte unter ihren Bauch.
Berta, um ihn zu behüten,
fing gleich an ihn auszubrüten.
Stups, der kleine Osterhase...
Paps, der Osterhasenvater,
hat genug von dem Theater,
und er sagt mit ernstem Ton:
"Hör mal zu, mein lieber Sohn!
Deine kleinen Abenteuer
sind mir nicht mehr ganz geheuer."
Stups, der sagt: "Das weiß ich schon,
wie der Vater, so der Sohn!"
Stups der kleine Osterhase ...
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