" Hoch auf dem Gelben! Links,! Zwo! Drei! Und Alle!"
Der 1. April 1972 war ein Samstag; der 3. April ein Montag. Genau an diesem Tag trat ich meinen Wehrdienst an. Und dieses Ereignis ist nun inzwischen 40 Jahre her. 40 Jahre! So alt wird kein Schwein. Jedenfalls in der heutigen Zeit der industriellen Tierproduktion nicht mehr.
Außerhalb jener Melancholie stand allerdings die Folgezeit beim " Bund ", dem " Barras " oder der " BW ". Hier existierte eine andere Welt - und Werteordnung. Da gab es - immerhin war noch der so genannte " Kalte Krieg " im vollen Gange - eine klare Abgrenzung von Gut und Böse, von Oben und Unten oder Recht und Ordnung. Gut, das waren die NATO, die USA und ihre Verbündeten, das war eben der Westen.
Böse, das war die UdSSR, die DDR - ohne Anführungsstriche -, China, der Osten eben!
Oben, dass waren die Politiker in Bonn, der Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt, die so genannte Geldelite und der Gefreite als Ausbilder, der Unteroffizier als Truppführer, der Feldwebel als Zugführer, der Hauptmann als Kompanieführer und der Leutnant als dessen Vertreter.
Neben der körperlich Ertüchtigung, die aus Sport, Geländeausbildung und den Schießübungen bestand, war eine besonders gern durchgeführte Variante der Disziplinierung in dem Ausbildungsplan der " Marsch und Gesang " oder besser die " Formalausbildung ". Hier wurden neben allerlei Gedöns rund um die Kenntnisse der Dienstgrade in den unterschiedlichen Waffengattung, der erforderlichen Haltungen und Grußtechniken, auch das geordnete Marschieren bis zum Erbrechen geübt.
Ein wunderbarer Grund, um den Frust sich von der Seele zu holen waren dabei eben jene Lieder, die zuvor in der Theorie eingeübt werden mussten. Während der Text verteilt und anschließend auswendig zu lernen war, überzeugten sich die Ausbilder persönlich davon, dass jener Einzelne auch textsicher war.
Nach dem Antreten lautete der gebrüllte Befehl: " Vierter Zug! Still gestanden! Links um! Im Gleichschritt!Marsch! "
Nach einigen Minuten brüllte dann der Zugführer: " Vierter Zug! Ein Lied!"
Von der Tete aus hieß es dann: " Hoch auf dem Gelben...!", in der Formationsmitte wurde wiederholt " Hoch auf dem Gelben..!" und am Zugende auch: " Hoch auf dem Gelben..!"
Sodann " Links! Zwoo!Drei! Und Alle!"
Sofort setzte ein infernalisches Gebrüll ein. Dazu musste zu den jeweiligen Befehlen des Zugführers marschiert werden.
Tja, und weil es eben auch bei Soldaten sehr unterschiedliche Körpergrößen von 1,55 bis 1,95 gab, hatten die " Langen " vorne zu marschieren, die "Kurzen " eben hinten. So konnte es vorkommen, dass bei einem zu schnellen Marschtempo vorne, die Letzten hinten im Raketentempo laufen mussten. Was dem Zugführer, einem Feldwebel, dazu veranlasste, den Befehl heraus zu brüllen, dass das Marschtempo gemäßigter werden sollte. Funktionierte dieses nicht, ließ er die ganze Einheit in die Büsche jagen.
Die Formalausbildung war eines der best gehassten Unterrichtseinheiten, weil das Hirn hierbei vollständig abgeschaltet werden musste und nur im Gleichschritt bei einem immer gleichen Lied, nämlich " Hoch auf dem Gelben.. !" marschiert wurde. Auf dem Ausbildungsplatz mussten dann anschließend noch weitere Marschbewegungen - und änderungen eingeübt werden.
Und weil mein jeweiliger " Hintermann " mir ständig in die Hacken trat, verlor ich dauernd den Gleichschritt; mit der Konsequenz, dass ich danach hinterher marschieren musste. Immer mit Gesang, versteht sich.
Zu dem Gassenhauer " Hoch auf dem Gelben Wagen ", der dann von dem einstigen Bundesminister des Inneren, Vizekanzler und späteren Bundespräsidenten Walter Scheel mit einigen Protagonisten aus Männergesangsvereinen auf eine Vinylscheibe gepresst zum Singlehit des Jahres 1973 wurde.
" Links! Zwoo, drei! Und Alle: Hirn abschalten! Augen schließen!Ohren abdichten!"
Allerdings nur für 21 Monate.
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