" Tollense Lebenspark ", ein Stück aus dem Tollhaus?





Der Drang des Menschen nach dem erfüllten Leben ist oft unbändig. Er kann sich in vielfältiger Weise äußern. Ob dieser sich nun in Form einer materiellen Selbstverwirklichung mitsamt der sattsam bekannten Auswüchse unserer Konsumgesellschaft zeigt, in einer spirituellen Richtung umgesetzt wird oder sich auf der familiären Ebene abspielt, wenn beispielsweise ein nur mäßig begabter Spross partout das Abitur bauen muss. Der von der Industriegesellschaft und ihrem Massenkonsum gebeutelte Mensch kann aber auch das erfüllte Leben in einem Anderssein sehen. Hierfür gibt es eine Unzahl von Projekten, die dem nach Lebenssinn suchenden Beistand geben möchten.

Als ich kürzlich einen Bericht über ein solches, alternatives Lebensprojekt las,sollte ich mich mit folgenden Begriffen anfreunden:

- Gemeinschaftsbildung
- Werteorientierte Demokratie
- Solidarische Ökonomie
- Gemeingut
- Grundauskommen und Grundeinkommen
- Vermögenssicherung für Geldanleger

Hochtrabende Wortungetüme, deren Sinn selbst einem Ökonomen erst beim näheren Hinsehen oder besser: beim Einlesen, so richtig klar werden.

Was sich unter dem " Pilotprojekt mit wissenschaftlicher Begleitung " so alles verbergen soll, wird dann auf 23 ausgedruckten DIN A 4 - Seiten deutlich. Die Verantwortlichen formulieren es hierin so:

" 2006 begannen zehn Menschen dieses mutige Projekt, um menschlich, sozial und wirtschaftlich so zu       leben, wie sie es für sinnvoll halten. Heute leben hier rund 40 Menschen. "

- Zitatende - aus: www.tollense-lebenspark.de

In den folgenden Ausführungen wird dan u.a. avisiert, dass in Zusammenarbeit mit der Stiftung " Lebenspark " am 01.01.2012 die Umsetzung des Integralen Wirtschaftkonzepts im " Tollense Lebenspark " im mecklenburgischen Ort Alt Rehse begonnen werden soll.
Was sich dort innerhalb eines landschaftlich durchaus attraktiven Umfelds unter einem humanistischen Deckmantel, der mit Begrifflichkeiten wie " Freiheit mit ( Selbst )-Verantwortung ", " Entwicklung von Qualitäten wie Solidarität, Schenken, Authenzität, Herzlichkeit, Vertrauen und der Überwindung bedürftigen Brauchens " verstanden wird, sollte sich alsbald in der Praxis darstellen lassen.
Die Umsetzung jener hoch trabenden wissenschaftlichen Ansprüche fällt nämlich auch hier schwer und steht somit auf einem anderen Blatt Papier.

So findet sich denn unter:

http://www.nordkurier.de/cmlink/nordkurier/nachrichten/mv/betrugsverdacht-staatsanwalt-ermittelt-1.458861

ein Artikel, wonach das Projekt insolvent sein soll. Schlimmer als die ernüchternde Erkenntnis, dass zwischen Theorie und Praxis nicht nur Lichtjahre liegen können, ist die Feststellung, dass alle theoretischen Ansätze zur Farce werden, wenn in der Praxis das Diktat des schnöden Mammon herrscht.
So soll die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg gegen die verantwortlichen Geschäftsführer bzw. die Brüder Christoph und Bernhard Wallner ermitteln. Es geht um den Anfangsverdacht der Insolvenzverschleppung, der Untreue und des Betruges. Nun, ja, oft gipfeln die Auseinandersetzungen auf der zwischenmenschlichen Ebene in juristische Scharmützel, die dann einen unappetitlichen Verlauf nehmen, wenn erst das Strafrecht zum Zuge kommt.

Was allerdings nicht von der Hand zu weisen sein dürfte und demnach die opponierenden Mitbewohner oder Ex-Bewohner des " Lebenspark " in Alt Rehse auf die Barrikaden brachte, sind die mehr als seltsamen Auftritte des Brüderpaars im Verlaufe der letzten Monate, obwohl wohl unstrittig sein dürfte, dass die gewährten Darlehn verschiedener Geldgeber fällig gestellt worden sind und eine Rückzahlung nicht nachgewiesen ist. 

http://www.sein.de/archiv/2012/maerz-2012/der-tollense-lebenspark-wieder-ein-ort-des-wandels.html

Tja, und formal juristisch betrachtet ist eine GmbH & Co KG insolvent, wenn sie ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, da ihr dazu die Geldmittel fehlen. Wenn aber eine juristische Person de facto zahlungsunfähig wird, so hat sie ohne Zeitverzögerung einen Insolvenzantrag zu stellen. Was natürlich nicht heißen muss, dass damit das Projekt " Tollense Lebenspark " in den selbigen See gefallen und ersoffen ist.

Immerhin ein Tollhaus am Tollensesee dürfte es eigentlich nicht geben, bei diesen hoch schwingenden und ambitionierten Plänen vom " Integralen Wirtschaften " und mehr. Oder bedeutete dieses doch nur grau ist alle Theorie, entscheidend is´in meinem Portemonnaie?

Kommentare

til_o. hat gesagt…
Derlei Projekte gab und gibt es viele. Mal ist es ein vergammelter Bauernhof, eine abbruchreife Mühle oder irgendeine andere Ruine in Privatbesitz die nach der Solidargemeinschaft und dem integralen Wirtschaften ruft. Die Solidargemeinschaft bezieht Sozialhilfe, opfert ihre Arbeitskraft, und Förderprogramme, Spender, Banken usw. geben das Baumaterial. Abends am Lagerfeuer, Rotwein und der Suppenschüssel feiert sich der Solidarpakt und träumt vom naturbelassenen Wohnen und vom Jäten im ökologischen Sonnenblumenfeld. Dann, wenn die Ruine halbwegs vor dem Verfall gerettet wurde, geht das große Hauen und Stechen – das integrale Wirtschaften – los. Spätestens jetzt gehen sich alle Solidaritätler gegenseitig an die Gurgel. Den Besitzern sitzt die Bank im Nacken und sie versuchen irgendwie an Geld zu kommen. Meistens bleibt nur die Ruine irgendwie zu vermieten und man bietet dazu auch Seminare an. Nur hat der Rest der Welt gar kein Interesse daran, in einer Scheune einen Kongress abzuhalten, noch ein Seminar über Schmuckgestaltung zu besuchen. Sind Wohnungen mit im Spiel, zieht, wenn überhaupt einer, dann garantiert nicht die träumende Bausoldatenschaft ein. Für Luxusmieten haben die Grundsicherungsträger leider kein Verständnis. Was bleibt, ist heftig lodernde Feindschaft, Verbitterung und ein Haufen Schulden. Zumindest ist das bei meiner wissenschaftlichen Begleitung solcher Pilotprojekte als Ergebnis zu verzeichnen gewesen. Die Chancen stehen gut, daß ich meine Erkenntnisse bald als Naturgesetz einstufen kann.

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