" Raumpatrouille " - nach 48 Jahren. Rücksturz zum MDR.
Die Dritten Programme der alten Tante ARD haben es in den Zeiten des Überflusses an medialer Verblödung nicht einfach. Schließlich sind sie einst angetreten, um die Lücke zwischen regionalen Besonderheiten und der großen weiten Welt, im Fernsehen ausgewogen und sach - sowie fachgerecht dargeboten, zu schließen.
Oft lässt sich der regionale Sendeanteil indes nicht Vollprogramm füllend einbetten, so dass der Rückgriff auf die Unzahl an Filmkonserven unvermeidbar wird.
Der MDR füllte in der Woche nach Ostern eine solche, sich auftuende Programmlücke mit dem Senden einer Kultserie aus den verspießten 1960er Jahren in Westdeutschland:
" Raumpatrouille - Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion " so nennt sich eine 7 - teilige Serie, die von der ARD, dem Ersten, ab dem 17. September 1966 im Rhythmus von 14 Tagen bis zum 10. Dezember 1966 ab 20.15 Uhr nach der " Tagessschau " den Glotzern gezeigt wurde.
Die Einschaltquoten waren zwar zunächst nicht hoch, sie lagen nämlich bei 37 %, stiegen aber dann sogar auf 56 %.
Da saßen wir, wie die Orgelpfeifen auf dem 50er Jahre, westdeutschen WiWu - Chaiselongue - so bezeichnete mein Großvater eigentlich jedes Sofa ) und schauten in den Kühlschrank großen " Grundig " Schwarz - Weiß - Fernsehapparat. Erlaubt war einst das Fernsehen bis höchstens 22.00 Uhr, denn unsere Eltern wollten nach einem arbeitsreichen Tag, einer durch geplanten Woche, die auch Samstags bis 13.00 Uhr ging, das Wochenende zum Ausruhen nutzen.
Das vormalige Organ der, sich auch 1966 noch in der Minorität befindlichen TV - Gerätebesitzer ( diese meisten Apparate worden nach gut - bürgerlicher Tradition in bar bezahlt worden), die " HörZu - Hören und Sehen - aus dem reaktionären Springer Verlag - hatte in ihrer Ausgabe mit der Nr. 43 des Jahres 1966 für eine ARD - eigene Serie mit dem futuristisch anmutenden Titel " Raumpatrouille " folgenden Programmhinweis abgedruckt:
http://www.das-waren-noch-zeiten.de/orion.php
Also sahen wir die erste Folge der " Raumpatrouille ", der " phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion " an jenem 17. September des Jahre 1966 von 20.15 Uhr bis 21. 15 Uhr in schwarz - weiß. Dem eigenen, beschränkten Horizont war es geschuldet, dass alsbald viele der schon etwas älteren Mädchen in der Heeßer Volksschule mit dem " Vogelnest " auf dem Kopf herum liefen, das auch die Heldinnen in diesem Sci - Fi - Filmen trugen. So, wie die Russin Tamara Jagellovsk, Helga Legrelle oder Lydia van Dyke. " Orion " wurde alsbald " in ", weil die Serie etwas herüber brachte, was jenseits der Ammenmärchen, wie dem, dass die Kinder vom Klapperstorch gebracht wurden und dieser Riesenvogel sie mit einem Tuch um den Schnabel durch den Schornstein in das Schlafzimmer der Eltern bringt, und dem Glauben an den Weihnachtsmann, den Osterhasen sowie den erwachsenen Autoritäten als Vorbilder, lag.
Wie es in der Zukunft aussehen konnte, wusste weder damals Irgendeiner zu sagen, noch heute Jemand zu prophezeien. " Orion ", das war somit für uns Jugendliche so etwas, wie die eigne Zukunft ohne Schule, Hausaufgaben und Befehl und Gehorsam dort sowie im Elternhaus. Etwas an Freiheit also.
McLane, der Held. Dietmar Schönherr, der Star, Tamara und Cliff Allister, das Traumpaar.
Alles Easy, alles Roger!
Dass die ARD - " Kult " - Serie einst von einigen Erwachsenen nicht so positiv aufgenommen wurde, las ich dann später in den abgedruckten Leserbriefen der " HörZu", die sich für den damals vorherrschenden " Springer " - Sülz von der deutsch - amerikanischen Freundschaft, dem nicht teilbaren Deutschland und sonstigen reaktionären Werten und Normen, nahezu revolutionär lesen:
" Als ich die Menschen in ihrem Hauptquartier beobachtete, wurde ich an Begebenheiten erinnert, die sich ähnlich im Führerhauptquartier abgespielt haben könnten. Die Angst um das eigene Leben, verdeckt unter der Masche des Heldenhaften, war gut dargestellt.
-Karl A. aus Solingen-
Interessant und spannend. Aber schon wieder Krieg und Vernichtung? Reicht die Phantasie nicht soweit, daß man sich Lebewesen vorstellen kann, die im Gegensatz zu denen auf der Erde, von Politikern regiert werden, die mehr Verstand haben als die auf der Erde?
-Klaus B. aus Wanne-Eickel-
" Kann man nicht Fehler vermeiden, wie Geräusche bei explodierenden Planeten? Im All gibt es keinen Schall; die Luft zur Übertragung fehlt. Dort ist es sogar in einem Kriege lautlos!
-Hans-Jürgen Z. aus Hannover- "
-Wilhelm S. aus Bad Kreuznach-
Die ausgefeilte brillante Tricktechnik in der Sendung 'Raumschiff Orion' kann sich jederzeit mit ausländischen Filmen dieser Art messen.
-Wolfgang W. aus W.-
Noch sieben weitere Folgen bitte!
-Bärbel K. aus B.-
Es ist doch wirklich ein Witz, über diese Serie zu polemisieren. Hier wird von den "gründlichen" Deutschen bei einer Fernsehserie, die nur Unterhaltung sein soll, wissenschaftlicher Tiefgang verlangt.
-Christel G. aus Berlin-
Man muß dem Fernsehen zu dieser Serie gratulieren. Wenn nicht alles so ist, wie wir es uns heute vorstellen, macht das nichts.
-Alfred H. aus Saarbrücken-
Endlich mal etwas, das aus dem eintönigen Fernsehalltag herausragt.
-Heinz F. aus Remscheid- "
" Im All nichts neues -
Im Jahr 3000 gibt es nur noch Weltbürger. Die Nationen sind verschwunden. Oder? Der Journalist Horst S. Vetten hat sich die Besatzungsliste der 'Orion' einmal genauer angesehen...
Cliff Allister McLane hat schon ein halbes Dutzend schnelle Raumkreuzer vom Typ 'Orion' zu Klumpen gefahren. So ein Teufelskerl ist das.
Tamara Jagellovsk, Offizier des Weltgeheimdienstes, ist McLane beigeordnet worden, damit er im Weltraum nicht so viel Unfug treibt. Beispielsweise rettet er gerne Menschenleben. Damit bringt er seine Vorgesetzten auf die Palme.
Schließlich schreibt man das Jahr 3000. Da ist kein Platz mehr für Gefühlsdusel wie - sagen wir mal: 1966. Man bemerke den hintergründigen Regieeinfall mit den Namen. Cliff Allister McLane, was ist er wohl für ein Landsmann, dieser menschenfreundliche, whiskytrinkende, saloppe Sonnyboy, he?
Tamara Jagellovsk, die sibirisch unterkühlte Tamara aber, der die Menschenleben "wurscht" sind, ein weiblicher Aparatschik, stur wie ein T 34: Wo mag denn wohl ihre Wiege gestanden haben?
Da bemängeln manche, der Orion-Serie des Deutschen Fernsehens fehlten die letzten Feinheiten. Wie ungerecht. Cliffy und Tamara in einem Raumschiff des dritten Jahrtausends - ja, ist das vielleicht keine Feinheit?
Auch sonst ist die Nationalitätenfrage in und um Orion mit hellseherischem Weitblick geregelt. Die technisch niederen Dienste im Kreuzer tun Mario de Monti (Italien) und Hasso Sigbjörnson (Skandinavien), woran man sieht, daß sich zumindest am Gastarbeiterstatus ersterer und an der internationalen Nebenrolle letzterer nichts geändert haben wird.
Atan Shubashi ist Geheimdienstchef des Jahres 3000, ein Japaner: Klar, bei der Hintergründigkeit. Wir Deutsche sitzen ebenfalls dicke drin: Wir haben den General Wamsler als Chef der Raumflotte, und für die Österreicher war immerhin noch ein Oberst übrig (was einer erheblichen internationalen Aufwertung gleichkommt, bedenkt man, daß die Österreicher vor kaum 1100 Jahren mit einem Gefreiten angefangen hatten).
Für Frankreich sitzt Mademoiselle Helga Legrelle im schnellen Raumkreuzer Orion. Aber was tut sie? Sie fummelt an elektronischen Geräten herum, hält traute Zwiegespräche mit Computern und arbeitet sich auf mit Zahlen, Kurven und Elektronik. Es ist einigermaßen ernüchternd, dies von einer Französin des Jahres 3000 zu wissen.
Komfortabel wie Orion beschaffen ist (und auch, weil noch ein paar Nationalitäten fehlen), könnten durchaus etliche Personen mehr in die Handlung eingebaut werden, und das läßt sich bewerkstelligen, ohne den Ablauf wesentlich zu ändern: Ein Mädchen au pair aus der Schweiz, eine Köchin aus Böhmen und ein Butler aus England könnte Orion durchaus noch verkraften.
Sage keiner, das gäb's in Raumschiffen nicht. Wer einmal gesehen hat, wie Commander McLane am Speiseautomaten den Knopf "Wiener Schnitzel" gedrückt hat und wie er sich zwanzig Sekunden später mit vollem Tablett zum Mahle setzte (Silberbesteck), der hält auf Raumschiffen alles für möglich. Sogar ein WC mit Wasserspülung. Und mit Toilettenfrau.
Letztere Position ist freilich kaum zu besetzen.
Wegen der Nationalitätenfrage.
-Horst S. Vetten- "
Papperlapapp: Uns hat´s gefallen. Und nach 47, 5 Jahren wohl auch den Programmfürsten des MDR, jenem Nostalgiker - Zirkel, der ansonsten viel DDR - Vergangenheit ins Programm zwängt und Schlager - Schrott auftürmt, sowie unfähige Rundfunkmoderatorinnen wie Sabine Morawietz oder Silke Heine aus der Sportredaktion von MDR - Info: " Äääääh, äähmm,ach, also, wie heißt das noch schnell? Ja, ach, ja: Blitztabelle " - sinngemäß aus der Sendung von MDRInfo ab 13.00 Uhr. Unfähig, diese Bazi - Lobhudel - Tanten.
Mensch, was waren das einst für Persönlichkeiten: Eva Pflug, Charlotte Kerr und Ursula Lillig!
Als diese Melodie erklang, der gute Claus Biederstedt den folgenden Text im Vorspann sprach:
„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die ORION, winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt. Begleiten wir die ORION und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit.“
schlugen unsere Herzen höher.
http://de.wikipedia.org/wiki/Raumpatrouille
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