Vom Dollart über das Rheiderland und Butjadingen bis nach Cuxhaven oder Niedersachsens Plattes Land.




Als gebürtiger Niedersachse, als Norddeutscher also, sind mir viele Regionen des flächenmäßig zweitgrößten Bundeslandes bekannt. Im Laufe der Jahre habe ich sie beinahe alle besucht oder zumindest durchfahren. Und dennoch gibt es immer wieder neue Details über Landschaften, Menschen und dortige Besonderheiten.
Als die ARD, genauer gesagt, das Erste, am 15. Oktober 1996 mit der Serie " Bilderbuch Deutschland ", später nur noch " Bilderbuch " startete, die dann 10 Jahe später eingestellt wurde, enthielten die Folgen auch einige Beiträge über niedersächsische Landstriche und Städte.


Hierzu zählen auch jene Berichte des einstigen Radio Bremen - Mitarbeiters Eike Besuden, der ab Mitte der 1990er Jahre  Filme über verschiedene Regionen in Niedersachsen produzierte. Einige davon habe ich als Wiederholungen bestimmt ein halbes Dutzend Mal gesehen. Und dennoch: Sie sind mir nie langweilig vorgekommen. 

Ab Montag der letzten Märzwoche, demnach den 24. 03. 2014, startete das Dritte Programm des Norddeutschen Fernsehens N3, eine Auswahl von gesendeten Beiträgen aus der Reihe " Bilderbuch Deutschland " und wiederholte den Bericht mit dem Titel " Rund um den Dollart ". Auch wenn es in diesem Fall kein Beitrag ist, für den der Bremer Eike Besuden verantwortlich zeichnet, sollte die Dokumentation als so genanntes " Start Up " zu der wohl dahinter stehenden Absicht der Programmverantwortlichen des NDR zu sehen sein, das Bundesland Niedersachsen einmal in komprimierter Form dort zu zeigen, wo es - geologisch betrachtet - am Flachsten ist: An der Küstenregion.

So beginnt die viertägige Reise an der Grenze zu den Niederlanden, am westlichen Zipfel von Niedersachsen. Hier sieht vieles grün aus. Einst zeigte sich hier die noch bewachte deutsch - niederländische Grenze, deren Existenz die Bewohner jenseits und diesseits zum Schmuggeln verleitete.
Um eben jene Menschen geht es dann auch in diesem Beitrag. Da ist der eigentliche Reiseführer, der Schiffseigner Karl - Johann Saathoff, der nur noch als " Freizeitkapitän " durch den Ems - Jade - Kanal nach Emden schippert, dort den Dollart durchquert und schließlich auf der ostfriesischen Insel Juist landet, wo er die schmale Fahrrinne verpasst und im Schlick stecken bleibt. Damit muss er bis zur nächsten Flut eine Nacht auf der Insel bleiben.

Der Dollart als Grenzgewässer zeigt aber auch andere Seiten und dazu pasende Bewohner. So, wie den Verleger Theo Schuster, der aus Leer stammend, seit vielen Jahren Sagen und Märchen jener Region sammelt, die ihm von Markttbesuchern überliefert werden. Da sind die beiden Kommunisten aus dem Groninger Grenzland, jenseits der 70, die sich nach dem Zusammenbruch der DDR aus Chemnitz eine Karl - Marx - Büste besorgt hatten und diese auf einem Grundstück aufstellten, weil sie weiterhin an die Weltrevolution glauben. Da ist die einstige Schlagersängerin Imca Marina, die mit dem Gassenhauer " Viva Espania " zu Bgeinn der 1970er Jahre einen großen Erfolg verbuchen konnte und die heute einen einstigen Bauerhof bewirtschaftet, wo sie in der Scheune ein Restaurant betreibt, das regelmäßig zum Treff der regionalen Liedermacher wird.

Skurille Menschen sind es machmal schon, die Ost - und Westfriesen im Grenzland. Aber dumm, wie es die langweiligen Ostfriesenwitze suggerieren möchten, sind die Bewohner in dem flachen Land rund um den Dollart keineswegs. Nur ein wenig anders, eben!

Das weite, grüne Land selbst sagt nicht, ob es nun zum Meer, der Nordsee, gehört und diesem einst abgerungen wurde oder, ob es nur einfach plattes Land ist, dass trocken gelegt wurde. Wo einst Moore standen, gibt es kaum Wald im klassischen Sinn. Dafür Wiesen, Wasser und einen darüber liegenden, beinahe herab hängenden, gewaltigen Himmel. Sehenswert ist dieser Teile Niedersachsens schon allein deshalb.

Dieser Bericht wurde zwar nicht von dem Bremer Eike Besuden konzipiert, sondern von seinem Kollegen Thorsten Niemann, der auch Regie führte.

Von der Insel Juist, über den Dollart, geht es zurück auf das Festland. Genauer gesagt in der Bilderbuch - Folge in das Rheiderland. Jenem Landstrich zwischen Dollart und Ems, der niederländischen Provinz Groningen und dem Landkreis Leer, im westlichen Teil der ostfriesischen Region also.

Eike Besuden zeigt mit seinem Beitrag aus dem Jahr 2000, dass das Leben hier einst sehr karg war. Vormals geprägt von harter Arbeit und Armut.
Da sind die beiden Küstenfischer Hans Hommers und Dirk Duis, die auch im Rentenalter nicht ans Aufhören denken. Da werden viele Mühlen, vor allem Windmühlen gezeigt. Einer ihrer neuen Eigentümer ist der gebürtige Ostfriese Karl dall, der hier auch kurz zu Wort kommt; von den Einheimischen indes nicht mehr so ganz wohl gelitten zu sein scheint. Dann ist dort das Organeum in Weener, mit seinen sogar weltberühmten Musikinstrumenten und einer privaten Orgelschule.

Auch dieser Landstrich ist - wie sollte es anders sein - flach. Ein El Dorado für Natursuchende und Fahrradfahrer. Und es ist - logischer Weise - grün.


Ich hatte vor knapp 3 Jahren bereits ein Post zu diesem einzigartigen Landesteil Niedersachsens eingestellt. damals auf einem Film des ostfriesischen Autors Erich Viet basierend ( https://draft.blogger.com/blogger.g?blogID=8221564797470254880#editor/target=post;postID=1139778785538382502;onPublishedMenu=allposts;onClosedMenu=allposts;postNum=0;src=postname )

Dieser Film stammt aus dem Jahr 1986 und zeigt das Rheiderland  perspektivisch von einer etwas anderen Seite. Der Beitrag von Eike Besuden indes ist nicht als ein Re - Make zu bewerten, der den Viet - Film als Grundlage nimmt. Wer beide Beiträge zu Grunde legt, wird einen groben Überblick über jenen Landstrich erhalten und deren Bewohner etwas näher kommen lassen, die selbst gegenüber Fremden auf kritische Distanz gehen.

Von Bunde, Jengum, Weener aus fahren wir in den dritten Beitrag der Bilderbuch - Serie in Richtung Nordosten. Vorbei an Leer, der A 31 folgend in Richtung A 28 und dort in Richtung Oldenburg - Wilhelmshaven.  Dort neben wir die Abfahrt Varel - Obenstrohe und bewegen und über Land - und Kreisstarßen durch Orte, wie Burgforde, Linswege, Spohle, Heubült, Diekmannshausen, Reitlanderzoll, Augustgroden,Stollhammerdeich, Stollhamm und Burhave nach Fedderwardersiel. Die Reise umfasst 108 Kilometer und soll knapp 2 Stunden dauern.

Fedderwardersiel das eigentliche Zentraum des Budjadinger Landes. Hier zeigt sich die region ebenfalls als flach. Geprägt von der Küstennähe zwischen Jadebusen und Weserverlauf, hat sich eine Halbinsel gebildet, deren Bewohner, die Freisen, vor vielen Jahrhunderten auf so genannten Warften lebten, um sich vor den gewaltigen Sturmfluten in Sicherheit zu bringen.
Die Menschen von  heute, die Butjadinger, sind längst durch einen hohen Deich vor den Fluten geschützt. Ihre Berufe indes üben sie zum Teil immer noch aus: Fischer und Landwirt.

In Fedderwardersiel sind sie deshalb noch zu bestaunen, die Krabbenkutter. Jene besonderen Fangboote mit ihren weit ausliegenden Netzen, die den Granat, so wie das Getier an der Küste heißt, einholen. Aber auch in diesem Berufszweig hat die Technik Einzug gehalten. Mittels elektronischer Geräte erleichtert sie dem Fischer die Arbeit.  Das gleiche gilt für die Seenotrettung. Das einstige Rettungsschiff " Wega " ist längst ausrangiert und fährt nur noch die Touristen zu den Seehundbänken. Eine weitere Besonderheit, die der Filmautor Eike Besuden zeigt, ist das Kutter - Rennen, das jedes Jahr stattfindet und bei dem nicht der Schnellste zum Sieger erklärt wird, sondern jenes Boot, dass einer zuvor festgelegten Zeit, die natürlich geheim bleibt, am nächsten kommt.
Schließlich wird noch ein älterer Herr gezeigt, der seit vielen Jahren so genannte Buddelschiffe baut. Kleine Kunstwerke, die in mühevoller Heim - und Kleinarbeit gefertigt werden. Es sind überwiegend Unikate, die sich in verschiedenen Glasbehälter befinden.

Butjadingen, ein Kleinod vor dem großen Meer zwischen Jadebusen und Weser, zeigt sich dem Besucher wie ein schier endlose Landschaft, bestehend aus saftig grünen Wiesen, Wind schiefen Bäumen und Deichen. Alle Male sehenswert.

Die letzte Folge aus der heraus genommenen Eike Besuden - Trilogie führt den Zuschauer nach Cuxhaven. Um hierher zu gelangen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Variante, dabei den kostenpflichtigen Wesertunnel zu nehmen, gab es im Jahr 1999, als der Beitrag gefertigt wurde, noch nicht. So musste der Autofahrer, um Zeit zu sparen, die Fähre von Blexen nach Bremerhaven nutzen, Andere Fährverbindungen sind inzwischen eingestellt worden. So auch jene von Brake nach Sandstedt und Kleinsiel nach Dedesdorf.
Nach 86 Kilometern, wovon etwa die Hälfte auf der Autobahn A 27 zurück gelegt werden kann, befinden wir uns in Cuxhaven.
In der Stadt mit der vormaligen Fischindustrie, dem Schiffbau und dem Hafen zu den großen Meeren dieser Welt.
Das letzte Dorf vor Amerika hieß es noch vor 5 bis 6 Dekaden. Cuxhaven, das Tor zur Welt. In Konkurrenz zu Bremerhaven. Bis 1937 gehörte die Stadt noch zu Hamburg, so wie die vorliegende Insel Neuwerk. Cuxhaven als Ausgangspunkt vieler Schiffsreisen. Die Stadt erlebte indes einen Strukturwandel. Mit dem Niedergang der Industriezweige, wie den Stahlbau, den dazu gehörigen Schiffsbau, ist der Tourismus in den Vordergrund getreten. Das Watt vor der Haustür, besuchen die Stadt des " Jan Cux " einige Hunderttausende jedes Jahr. Berühmt ist auch das Duhner Wattrennen. Eike Besunden´s Film zeigt einige Menschen, die aus dem Dreigestirn, Wasser, Watt, flache Landschaft ihr eigenes Leben gestaltet haben.

Damit endet auch die Rundreise vom Dollart über das Rheiderland nach Budjadingen und Cuxhaven. Dort, wo Niedersachsen besonders flach und grün ist.










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