Heysel, Hillsborough, Hooligans und " You´ll Never Walk Alone "


In genau 6 Wochen jährt sich ein Ereignis zum 29. Mal, das eines der dunklen Kapitel des europäischen Vereinsfußballs darstellt. Die Katastrophe im Brüsseler Heysel - Stadion vom 29. Mai 1985.

Als sich die beiden Mannschaften von Juventus Turin und dem FC Liverpool dort im Endspiel des Europapokals der Landesmeister in der Saison 1984 / 1985 gegenüber standen kam es zu gewalttätigen Ausschreitung, die mehrheitlich von englischen Hooligans verursacht wurden, und zu einer daraus folgenden Massenpanik, wodurch eine Mauer zusammenbrach und die Zuschauer unter sich begrub. Es gab 39 Tote und 454 Verletzte. Die Folgen des Unglücks sind bekannt. Die justitelle Aufarbeitung nahm einige Jahre in Anspruch. Die damaligen Beteiligten indes werden bis zum Lebensende jene Stunden in dem maroden Station der belgischen Stadt nicht vergessen. Sie sind zum Teil traumatisiert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Katastrophe_von_Heysel

Es war eben jener Mittwoch, der 29. Mai 1985, als ich gegen 19.30 Uhr den Gemeinschaftsraum zum Mensa - Wohnheim in Bremen aufschloss und die dortigen Stühle von den Tischen nahm, die Getränkekisten kontrollierte und die Musikanlage einschaltete. In einer halben Stunde würden die ersten Gäste eintreffen. Es gab deshalb noch einiges zu tun. Gegen 20.00 Uhr schaltete ich dann das in einer Ecke aufgestellte Fernsehgerät ein. Das ZDF übertrug zwar bereits am 19.30 Uhr aus der belgischen Hauptstadt das Europapokal - Endspiel zwischen Juve und Liverpool, aber die Vorberichterstattung wollte ich mir schenken.

Langsam baute sich das Bild des alten Transistorgerätes auf. Als ich mich gerade auf einen der eher unbequemen Stühle gesetzt hatte, erkannte ich auf dem Bildschirm die Menschenmassen auf dem Rasen. Rauch - und Dunstschwaden stiegen von den Rängen auf. Es herrschte ein unbeschreibliches Chaos. Der Kommentar von Eberhard Figgemeier, dem damaligen ZDF - Reporter, hörte sich entsprechend an. Es war die Rede von Toten, Verletzten und bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Der ZDF - Journalist erinnerte sich später :

http://www.11freunde.de/interview/zdf-mann-figgemeier-ueber-heysel

Inzwischen waren einige Mitbewohner und Kommilitonen eingetroffen. Die Fragen lauteten ständig, nach dem, was da los sei. Nach mehr als einer halben Stunde der Fernsehübertragung wurde klar, dass es so schnell keinen Fußball auf dem Rasen zu sehen geben wird. Über das Ausmaß der " Heysel " - Katastrophe wurde später extensiv berichtet:

http://www.20min.ch/wissen/history/story/Als-der-Fussball-seine-Unschuld-verlor-25868252

Nach  mehr als 1 1/2 Stunden wurde das Spiel dennoch angepfiffen. Das ZDF stieg, wie einige andere Sender in Europa auch, aus der Live - Übertragung  aus. Eberhard Figgemeier verabschiedete sich aus dem Katastrophen - Stadion von Brüssel mit den Worten: " Nun wird endlich angepfiffen. Wir vom ZDF tragen das nicht mit und verabschieden uns von hier! " Dann folgte eine andere Sendung . Ich habe mich einst darüber geärgert. Nicht erst heute weiß ich indes, dass die Entscheidung, nicht weiter aus dem Heysel - Stadion zu berichten, richtig war; allerdings hätten die ZDF - Programmverantwortlichen diese bereits weit vor dem Anpfiff treffen müssen, denn es war vollkommen ersichtlich, dass Fußball in absehbarer Zeit dort nicht gespielt werden würde.

Eine andere, ähnliche Katastrophe ereignete sich knapp 4 Jahre danach, am 15. April 1989 im Hillsborough - Stadion von Sheffield in England.
Nach dem feststand, dass die Randale im Brüsseler Stadion von den englischen Anhängern, den so genannten Hooligans ausgegangen war, verhängte die Uefa ein fünfjähriges Teilnahmeverbot für englischen Mannschaften bei europäischen Wettbewerben. Der britische Fußballverband musste darauf reagieren, weil die Existenz vieler Vereine durch die drastischen Einnahmeverluste, auf dem Spiel stand. Die First Divison, die dann zur Premier - League wurde, musste schnell auf 22 Vereine aufgestockt werden.
Zudem litten die Vereine unter Zuschauerschwund und den baufälligen Stadien.

http://de.wikipedia.org/wiki/Premier_League#Vorgeschichte

Unter diesen Voraussetzungen fand am 15. April 1989 das Halbfinalspiel im FA Cup zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forrest statt. Weil die Verantwortlichen in den Block der Liverpool - Anhänger zu viele Zuschauer einließen kam es zu einer Massenpanik, in Folge derer 96 Menschen starben und 766 verletzt wurden.
Obwohl die Hauptursachen in dem veralteten Stadion, den Fehlern der Sicherheitskräfte und organisatorischen Mängel vor dem Spiel lagen, wurden die als Hooligans bezeichneten Liverpool - Anhänger dafür verantwortlich gemacht. Später mussten die Schuldzuweisungen revidiert werden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hillsborough-Katastrophe


http://www.11freunde.de/artikel/die-katastrophe-von-hillsborough

Ein weiteres Unglück hatte sich bereits vor der " Heysel " - Katastrophe im  englischen Bradford am 11. Mai während eines Punktspiels zwischen den Vereinen von Bradford City und Lincoln City  ereignet, als bei einem Feuer auf der Haupttribüne 56 Menschen starben.

http://de.wikipedia.org/wiki/Valley-Parade-Feuerkatastrophe

Auch wenn an diesem Ereignis keine gewalttätigen Anhänger beteiligt waren, wurden in den Folgejahren große finanzielle Anstrengungen unternommen, um die Fußballstadien sicherer zu gestalten. Die heutigen Arenen gleichen einem Hochsicherheitstrakt, da sämtliche Bereiche des Stadions mittels Video - und Überwachungstechnik ausgestattet sind. Die Einlasskontrollen ähneln einer Leibesvisitation. Der Kartenverkaufsmodalitäten werden überwiegend an Bedingungen, wie Identitätsnachweis und anderes geknüpft.
Aus dem Fußball ist ein Politikum geworden; aus jedem Spiel ein Aufmarsch von Polizeibrigaden.
Ist es das, was alle aus den beispielhaft aufgezählten Katastrophen gelernt haben?




Aus der einst schönsten Nebensache der Welt, ist ein gesellschaftlicher Nebenkriegsschauplatz geworden: " You´´ ll Never Walk Alone " - mit Sicherheit nicht als Fußballzuschauer!



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!